Frage an Lothar Mark von Roland F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Mark,
in der heutigen FAZ-NET ist ein Interview mit dem Bergsteiger Kammerlander veröffentlicht, der u.A. von Übergriffen der chinesischen Besatzer gegen die tibet. Einwohner berichtet.
"Frage des Interviewers:
Haben Sie Misshandlungen von Tibetern mitbekommen?
Bei meinen Vorträgen zeige ich eine Filmsequenz eines rumänischen Alpinisten. Darauf sind Tibeter, auch Frauen und Kinder, zu sehen, die über einen 5700 Meter hohen Gletscherpass von Tibet nach Nepal zum Dalai Lama nach Dharamsala pilgern. Nach chinesischem Recht ist das verboten. Man sieht in dem Film, wie sie nacheinander umfallen, abgeknallt von chinesischen Grenzsoldaten. Alles, was die Chinesen dazu zu sagen hatten, war: Wir sind angegriffen worden."
Was unternehmen Sie als SPD-Abgeordneter politisch gegen solchen mörderischen Praktiken Chinas.
Besten Dank für Ihre Stellungsnahme
Sehr geehrter Herr Fath,
vielen Dank für Ihre Mail vom 19. März, die ich Ihnen gerne beantworten will.
Bei dem von Ihnen geschilderten Fall geht es offenbar um einen Vorfall vom September 2006 an der Grenze China-Nepal, als chinesische Grenzbeamte auf eine tibetische Flüchtlingsgruppe schossen und dabei eine 17-jährige Nonne töteten. Dies wurde zufällig von einer westlichen Bergsteigergruppe gefilmt. Der Vorfall wurde von Seiten der deutschen Regierung mehrfach kritisch gegenüber China angesprochen, u.a. beim EU-China Menschenrechtsdialog im Mai 2007 in Berlin. Die Filmsequenz wurde inzwischen sogar bei den letzten Filmfestspielen/Cinema for Peace gezeigt.
Das Internationale Olympische Komitee hatte nach langer und ausgiebiger Prüfung China als Austragungsland für die Olympischen Spiele im Sommer 2008 ausgewählt. Maßgeblich war dafür nicht zuletzt die internationale Hoffnung, die verstärkte Öffentlichkeit durch die Präsenz ausländischer Medien in China würde zu einer Öffnung des Landes und einer Verbesserung der Menschenrechtslage führen, die von allen politischen Entscheidungsträgern in Deutschland gegenwärtig als sehr problematisch eingeschätzt wird. Die Nachrichten und Bilder, die uns aus China und Tibet erreichen, sind in der Tat besorgniserregend. Die tatsächliche Lage in Tibet ist auf Grund der nach wie vor einseitigen Darstellung der Ereignisse jedoch nur schwer einzuschätzen. Offensichtlich haben sich auch bei den Tibetern durch den angestauten Druck wegen Einschränkungen der Religionsfreiheit und empfundener sozialer Benachteiligung empfundene Verletzungen explosiv entladen.
Nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen wandte sich Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit, der Außenminister setzte sich unmittelbar nach Bekanntwerden der Zwischenfälle mit seinem chinesischen Amtskollegen in Verbindung. Merkel und Steinmeier wiesen darauf hin, dass Gewalt zu keiner Lösung der offenen Fragen führen werde und die Bundesregierung erwarte, dass man nicht gewaltsam gegen friedliche Demonstranten vorgehe. Deutschland hat sich wiederholt für einen direkten Dialog zwischen den Repräsentanten des Dalai Lama und der chinesischen Regierung ausgesprochen. Nur durch einen solchen Dialog könne für alle Beteiligten eine befriedigende Lösung im Rahmen der Autonomie Tibets in China gefunden werden, so die Bundesregierung. Bundesministerin Wieczorek-Zeul kündigte inzwischen an, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die für Mai geplanten Regierungsverhandlungen mit China aussetzen werde, solange die Gewalt in Tibet andauere.
Um Ihnen die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion deutlich zu machen, möchte ich aus einer Presseerklärung des SPD-Sprechers für Menschenrechte und humanitäre Hilfe,/ /Christoph Strässer, zitieren/:
/
„In dieser Situation gilt es, an beide Seiten zu appellieren, auf jegliche Form von Gewalt zu verzichten. Die chinesischen Sicherheitskräfte sind zur Zurückhaltung und Besonnenheit aufgerufen. Die Einhaltung der Menschenrechte ist in einer solchen Situation oberstes Gebot. Wir fordern einen offenen Dialog zwischen Tibetern und Chinesen. In der Zwischenzeit ist eine größtmögliche Transparenz der Ereignisse herzustellen, wie sie auch Bundesaußenminister Steinmeier gefordert hat. Die Blockade kritischer Internetseiten und die Ausweisung von Hilfsorganisationen und Ausländern aus Lhasa sind deshalb der falsche Weg. Tibet braucht jetzt nicht weniger, sondern mehr Öffentlichkeit.
Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt daher Forderungen, wonach die EU und die Vereinten Nationen darauf hinwirken sollen, unabhängige Beobachter nach Tibet zu entsenden. Wenige Monate vor den Olympischen Spielen muss China beweisen, dass es sich dem olympischen Gedanken und den fundamentalen Prinzipien der Menschenrechte verpflichtet fühlt.“/
/
Die SPD vertritt die Auffassung, dass bei allem notwendigen Druck keine Maßnahmen ergriffen werden sollten, die den Dialog zwischen China und dem Dalai Lama gefährden könnten. Die Fraktion hat sich gegen einen Boykott der Olympischen Spiele ausgesprochen, da sie es für erfolgversprechender hält, auf eine politische Lösung des Konflikts hinzuwirken.
Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen konnten, ist die Bundesregierung bemüht, durch Gespräche auf verschiedenen Ebenen aktiv zu einer solchen Lösung beizutragen. Der Dialog bleibt schwierig, muss aber gerade deshalb immer wieder auf differenzierte, grundsätzlich aber kooperative Art gesucht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Lothar Mark