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Frage von Rüdiger S. •

Frage an Lothar Mark von Rüdiger S. bezüglich Recht

Guten Tag Herr Mark.
Meine Frage ist warum wird die Bamberger Erklärung nicht in Gesetzte gefasst?
BAMBERGER ERKLÄRUNG
verabschiedet im Rahmen des internationalen Symposiums
„Deutsche Jugendämter und Europäische Menschenrechtskonvention“
Bamberg, 20. / 21. Oktober 2007
Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen und der Erfahrungen zahlreicher betroffener Familien
sowie Beiträgen von Fachleuten stellen die Teilnehmer des Symposiums fest:
Im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland, namentlich von Seiten der Jugendämter, kommt es zu Verletzungen der Menschenrechte, insbesondere der Artikel 3, 5, 6, 8, 13 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
http://presseblog.blogger.de/stories/983762

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schöning,

nach längerer Recherche kann ich Ihnen endlich eine Antwort auf Ihre Frage geben, warum die sog. Bamberger Erklärung nicht in Gesetze gefasst werde.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat sich intensiv mit zahlreichen Petitionen Betroffener und den sie betreffenden Fallgestaltungen befasst. Die Befürchtung, dass die Anzahl der Petitionen auf ein grundlegendes Problem hindeute, für das Abhilfe zu schaffen sei, hat sich erfreulicherweise als unbegründet erwiesen, denn die Untersuchungen kamen zu einem anderen Ergebnis.

Von den am 7. Juni 2007 vor dem EU-Petitionsausschuss in Brüssel verhandelten Petitionen wurden alle dem BMFSFJ bekannten Petitionen einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass sich zum Teil mehrere Petenten auf denselben Fall bezogen oder es den dargelegten Fällen an Sachlichkeit fehlte. Teilweise ließen die vorgetragenen Fälle einen Bezug zum Gemeinschaftsrecht vermissen oder es war in gleicher Sache in Deutschland ein Gerichtsverfahren anhängig. Von den verhandelten Petitionen blieben nach dieser Sondierung drei Petitionen übrig, bei denen tatsächlich durch die Petenten eine Diskriminierung durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe vorgetragen wurde. Während in zwei Fällen jedoch sorgerechtliche Entscheidungen des Familiengerichts die Beschwerden veranlasst hatten, konnte nur in einem Fall ein fragwürdiges Vorgehen der Fachkräfte im Jugendamt festgestellt werden. Hier wurde einem polnischen Vater im Rahmen eines gerichtlich angeordneten `begleiteten Umgangs´ durch das Jugendamt verwehrt, mit seinen Töchtern polnisch zu sprechen. Wenngleich alle Beteiligten der deutschen Sprache mächtig waren, handelte es sich hier um einen ungerechtfertigten Eingriff in das Umgangsrecht.

Im Rahmen der gesamten Anhörung vor dem EU-Petitionsausschuss hat die Vertreterin der Bundesregierung festgestellt, dass dem Petenten in diesem Fall Unrecht widerfahren sei und hierfür ihr aufrichtiges Bedauern ausgesprochen.

Die Europäische Kommission hat im Nachgang zu der Anhörung keine zusätzliche Stellungnahme angefordert. Der Petitionsausschuss hat erst im Februar 2008 die Bundesregierung um zusätzliche Klarstellung und Bewertung der weiteren Entwicklung gebeten. Allerdings muss dazu festgestellt werden, dass kein neuer Sachvortrag zu den bekannten Petitionen geliefert oder zusätzliche Petitionen vorgelegt wurden.

Dieser Sachstand lässt gegenwärtig nur die Feststellung zu, dass die Petitionen Einzelfälle betreffen, bei denen schwierige Trennungs- und Scheidungssituationen ein hohes Konfliktpotenzial hervorbringen, das leicht dazu führt, die Fachkräfte im Jugendamt zur Zielscheibe zu machen. Der Umgang mit hochstrittigen Trennungssituationen von Eltern erfordert hohe Kompetenzen und ein großes Maß an Professionalität der beratend tätigen Fachkräfte im Jugendamt. Beides ist in Jugendämtern nicht immer im erforderlichen und gewünschten Umfang vorhanden. Hier sieht das BMFSFJ Verbesserungsbedarf und fördert derzeit ein Modellprojekt, das es sich zur Aufgabe macht, Hilfestellungen für die Beratungspraxis und die Familiengerichtsbarkeit zu entwickeln.

Soweit deutsch-polnische Kindschaftskonflikte betroffen sind, hat sich das Bundesministerium der Justiz der Problematik angenommen und vom 14. bis 19. Januar 2008 in Wustrau eine Familienrichter-Tagung durchgeführt. An der Tagung waren 17 polnische und 18 deutsche Familienrichter und Familienrichterinnen beteiligt, die großes Interesse an einer gemeinsamen Konfliktlösung bekundeten.
Die Identifizierung eines Fortbildungs- und Professionalisierungsbedarfs lässt gerade nicht den Schluss auf strukturelle Defizite der Kinder- und Jugendhilfe zu, sondern zeigt vielmehr, dass die Befindlichkeiten von Eltern und Kindern ernst genommen werden und zu angemessenen Verbesserungen im System führen.

Die Argumentation des BMFSFJ zeigt, dass es keinen Handlungsbedarf von Seiten des Gesetzgebers bezüglich der Bamberger Erklärung gibt.

In der Hoffnung, Ihre Sorgen zerstreut zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Ihr Lothar Mark