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Frage von Gabriele G. •

Frage an Lothar Mark von Gabriele G. bezüglich Gesundheit

sehr geehrter Herr Mark

Mich würde Ihre persönliche Meinung dazu interessieren, wie die Versorgung von Patienten mit mediz. Cannabisprodukten gewährleistet werden kann.
Seit Jahren häufen sich die positiven Forschungsergebnisse.
Cannabis wirkt erwiesenermaßen gegen Schmerzen, Anorexie, verschiedene Symptome der Multiplen Sklerose, spastische Erkrankungen, Übelkeit bei Chemotherapie. Die Liste wäre lange fortzusetzen. (mehr Informationen finden Sie bei http://www.cannabis-med.org/home.htm)
Während Patienten in Holland sich Cannabis verschreiben lassen und in der Apotheke abholen können, und die Firma Bayer für Kanada die Zulassung für ein Cannabisspray für Multiple-Sklerose-Patienten bekam, werden Patienten hierzulande immer noch strafrechtlich verfolgt.
Die jetzige Bundesregierung hat ihr Versprechen, Cannabis-Medikamente zugänglich zu machen, nicht gehalten.
Allein in Mannheim liefen in diesem Jahr 2 Strafverfahren gegen Multiple-Sklerose-Patienten, die ihre Symptome mit dieser Pflanze behandelten.
Wie lange sollen Patienten noch darunter leiden, dass niemand in der Politik den Mut hat, dieses "heisse Eisen" anzufassen und endlich eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die die medizinische Verwendung von Cannabis von der Strafverfolgung ausnimmt? Eine Sache, die meines Erachtens nur noch in den
Köpfen von Politikern ein "heißes Eisen" ist. Ich habe im wirklichen Leben noch niemanden getroffen, der die Strafverfolgung von Patienten deswegen nachvollziehen kann.
Auch die Justiz folgt dieser politischen Haltung nicht.
Der eine der beiden Patienten in Mannheim, wurde wegen gerechtfertigtem Notstand freigesprochen und das Oberlandesgericht sagte in seiner Presseerklärung zum Revissionsurteil zum gleichen Fall
"dass eine Rechtfertigung nach § 34 StGB grundsätzlich in Betracht kommt, wenn Betäubungsmittel zur Abwendung schwerer Gesundheitsbeeinträchtig-ungen eingenommen werden." Zur Begründung eines rechtfertigenden Notstandes nach § 34 des Strafgesetzbuches reiche es aus, dass durch das angewandte Mittel "die erfolgreiche Abwendung des Schadens nicht ganz unwahrscheinlich sei".
Wie ist Ihre Position zu dieser Frage?

hochachtungsvoll
Gabriele Gebhardt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Gebhardt,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18. August 2005, in der Sie sich auf das Thema Versorgung von Patienten mit medizinischen Cannabisprodukten beziehen. Gerne nehme ich dazu Stellung.

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die SPD Cannabis nicht als harmlose Droge ansieht. Deshalb wollen wir an der grundsätzlichen Strafbarkeit des Besitzes, des Anbaus und des Inverkehrbringens von Cannabis festhalten. Die dieser Haltung entsprechenden Regelungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) stehen für uns nicht zur Disposition. Denn in aktuellen Studien zur Auswirkung des nichtmedizinischen Cannabis-Konsums wird immer wieder auf die Gefährlichkeit durch eine ganze Reihe akuter und langfristiger Beeinträchtigungen hingewiesen. So ist auch zu beobachten, dass bei den ambulanten Drogenberatungsstellen der Anteil der Klienten, die wegen eines Cannabisproblems in die Behandlung kommen, stetig zunimmt. Auch sollte man nicht übersehen, dass Cannabis vielen als Einstiegsdroge gilt.

Was die Anwendung von Cannabis aus medizinischen Gründen angeht, so ist diese Sache komplizierter, da viele Menschen unter nur schwer zu behandelnden Schmerzzuständen leiden. Dennoch gilt: Unser Gesundheitswesen ist gut, auch im internationalen Vergleich. Jeder erhält notwendige medizinische Leistungen auf der Höhe des medizinischen Fortschritts. Die Leistungen der Krankenversicherung immer wieder dem Fortschritt der medizinischen Erkenntnis anzupassen, bleibt Aufgabe von medizinischer Wissenschaft und der Selbstverwaltung von Krankenkassen und Leistungserbringern.

Anstrengungen, um wirksame Arzneimittel auf der Basis von Cannabis in den Verkehr zu bringen, werden befürwortet. Dies kann jedoch wie bei allen Arzneimitteln nur auf der Grundlage des Arzneimittelgesetzes (AMG) und des BtMG erfolgen. Danach müssen insbesondere reproduzierbare Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der eingesetzten Arzneimittel nachgewiesen werden. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, können die entsprechenden Wirkstoffe in die Anlage III des BtMG (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) aufgenommen werden. Dies ist bislang aufgrund klinischer Prüfungen für die Cannabis-Wirkstoffe Nabilon und Dronabinol erfolgt.

In Ihrem Schreiben beziehen Sie sich auf zwei Strafverfahren gegen Multiple-Sklerose-Patienten, die Cannabis zur Schmerzbekämpfung verwendet haben. Generell muss festgehalten werden, dass dort, wo Cannabis im Einklang mit arzneimittel- und betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften als Medikament eingesetzt wird, selbstverständlich keine
Strafverfolgung stattfindet. Die Entscheidung des Gerichts im oben genannten Fall bestätigt diese Tatsache, indem es auf die Rechtfertigung der Behandlung mit Cannabisprodukten hinweist, sofern die Betäubungsmittel zur Abwendung schwerer Gesundheitsbeeinträchtigungen eingenommen werden. Eine Schuldzuweisung findet also bei der Verwendung von Cannabis bei schweren Krankheiten und unerträglichen Schmerzen nicht statt. Vielmehr wird darauf geachtet, den Missbrauch dieser Produkte zu ahnden und einzudämmen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position zu diesem Thema deutlich machen und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Lothar Mark, MdB