Frage an Lothar Mark von Wolfgang S. bezüglich Gesundheit
guten tag,
wie man anlässlich der aktuellen berichterstattung zum contergan-skandal noch mal nachvollziehen kann, sollte man die arzneimittel-zulassung neutral überwachen und neutral darüber entscheiden.
für mich unerklärlich ist daher die information, dass die SPD auf eine privatwirtschaftlich organisierte “Deutsche Arzneimittel- und Medizinprodukteagentur” (DAMA) besteht und, interessanterweise, ein CSU-mitglied im entsprechenden ausschuss darauf hinweist, dass man so etwas wichtiges nicht privaten profit-interessen überlassen kann.
wie stehen sie persönlich dazu und können sie die position der SPD irgendwie verständlich begründen?
vielen dank!
mit freundlichen grüßen,
wolfgang scheurer
Sehr geehrter Herr Scheurer,
ich danke Ihnen für Ihre Mail vom 7. November, in der Sie die Position der SPD gegenüber einer Deutschen Arzneimittel- und Medizinprodukteagentur (DAMA) kritisieren und um Erläuterung bitten.
Es gab zwischen uns und dem Koalitionspartner andauernde Diskussionen über den Entwurf eines DAMA-Errichtungsgesetzes, in denen wir mit besten Absichten für eine Verbesserung von Deutschlands medizinischer Versorgung und der Verbesserung der Arzneimittelsicherheit gekämpft haben. Dass das Gedenken an den Contergan-Skandal vor 50 Jahren willkommener Anlaß war, um den Standpunkt des Koalitionspartners zu untermauern, ist unübersehbar. Es ist nicht richtig, dass unser Entwurf eine vollständige Privatisierung unseres Medikamentenzulassungssystems herbeiführen wollte.
Unser Entwurf der DAMA beinhaltete die eigenständige Finanzierung der durchaus kostspieligen Zulassungsverfahren von neuen Medikamenten durch die Pharmakonzerne selbst, so wie es in anderen sicherheitssensiblen Bereichen – etwa der Luftfahrt und dem Straßen- und Schienenverkehr – bereits üblich ist. Diese Zahlungen hätten es der DAMA ermöglicht, ein sehr hohes wissenschaftliches Niveau innerhalb des Zulassungsvorgangs anzuwenden. Den Patienten und Firmen wäre dadurch eine sehr gründliche und rasche Prüfung neuer Medikamente möglich gewesen. Auf diese Weise wäre es möglich gewesen, sich flexibel an internationalen Standards zu orientieren. Unser Entwurf sollte eine Organisationsform einführen, die in Deutschland die Rahmenbedingungen für globale Wettbewerbsfähigkeit schafft.
Die zukünftige DAMA sollte - teilweise sogar gegen den Willen der Pharmaindustrie - in einem eigenständigen Gesetzgebungsverfahren etabliert werden, das heißt in staatlicher Aufsicht bleiben. Die Privatisierung einer Medikamentenzulassungsstelle war nicht in unserem Sinne. Im Gegenteil hätte der Gesetzentwurf Möglichkeiten geschaffen, die Arzneimittelwirkungen auch nach der erfolgten Zulassung intensiver zu erforschen als dies heute bereits geschieht und hätte damit die Sicherheit der Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung weiter erhöht.
Vielleicht wissen Sie bereits, dass wir uns mit unserem Koalitionspartner in dieser Angelegenheit nicht einigen konnten und die Regierung dieses Vorhaben deshalb nicht weiter verfolgen wird.
Ich persönlich möchte betonen, dass das Wohl der Patienten und die Verlässlichkeit der Medikamente zu meinen wichtigsten Interessen zählen. Mir ist alles daran gelegen, eine erneute Tragödie wie den Contergan-Skandal zu vermeiden. Das DAMA-Errichtungsgesetz hätte uns dabei helfen können.
Ich hoffe, dass ich Ihnen damit ausreichende Erläuterungen geben konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihr Lothar Mark