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Frage von Hans-Ulrich M. •

Frage an Lothar Mark von Hans-Ulrich M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Mark,

Auch wenn der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung leicht sinkt, machen das höhere Beiträge für Renten- und vor allem Krankenversicherung diese Absenkung mehr als wett.

Höhere Preise für Sprit, Heizenergie und Waren des täglichen Bedarfs erhöhen schleichend tägliche Ausgaben.

Mit Warnungen vor weiteren Beitragserhöhungen machen die Krankenkassen auf den bevorstehenden Kostenschub bei ihren Ausgaben aufmerksam.

Die Anhebung der Mehrwertsteuer allein bei Arzneimitteln belastet die Krankenkassen mit rund 800 Millionen Euro mehr!!

Die Mehrwertsteuererhöhung wird sogar dazu führen, dass der Anteil der Mehrwertsteuer an den GKV-Ausgaben in etwa so hoch sein wird wie die Wertschöpfung aller Apotheken aus pharmazeutischer Dienstleistung!

Andere Staaten haben da zum Arzneimittel eine andere Einstellung:
Die meisten europäischen Nachbarstaaten besteuern Arzneimittel nur mit dem halben Mehrwertsteuersatz oder einem weiter ermäßigten Satz (Belgien 6%, Italien 10%, Großbritannien 0%).

Warum haben Sie dieser Steuererhöhung von 19% zugestimmt? Wie kann es sein, dass ein Rentner für seine Arznei 19% Mehrwertsteuer zahlen muss und zweifelhafte Produkte wie z.B. Sexzeitungen einen reduzierten Steuersatz von 7% haben??

Ich komme mit dieser Ungerechtigkeit nicht klar.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Müller

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Sehr geehrter Herr Dr. Müller,

vielen Dank für Ihr engagiertes Schreiben, in dem Sie die Erhöhung des Umsatzsteuernormalsatzes und insbesondere die Besteuerung von Arzneimittellieferungen beklagen. Zunächst darf ich darauf aufmerksam machen, dass ich am 2. Februar gegen das GKV-Wettbewerbsgesetz gestimmt habe. Auch ich befürchte demnächst höhere Beiträge zur Krankenversicherung.

In Ihrem Schreiben beziehen Sie sich aber insbesondere auf die Mehrwertsteuererhöhung auch bei Arzneimitteln. Hier sind die Dinge etwas komplizierter. Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass das deutsche Umsatzsteuerrecht zwischen dem allgemeinen und einem ermäßigten Steuersatz unterscheidet, der nur für einen ausgewählten Katalog von Lieferungen und Leistungen gilt.

Im Koalitionsvertrag vereinbart wurde die Erhöhung des Umsatzsteuer-Regelsatzes von 16 auf 19 v.H. ab 2007 unter Beibehaltung des gemäßigten Steuersatzes von 7 v.H. „zur Wahrung der sozialen Balance“. Die Liste der steuerbegünstigten Umsätze blieb dabei unverändert. Dieser ermäßigte Steuersatz gilt aber nicht für die von Ihnen erwähnten Sexzeitschriften, für die die Hinweispflicht nach § 4 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften besteht.

Die einheitliche Besteuerung der Arzneimittelumsätze zum allgemeinen Umsatzsteuersatz wurde in der Gesamtkonzeption für die Besteuerung der Umsätze im Gesundheitsbereich bereits bei Einführung des Mehrwertsteuersystems zum 1. Januar 1968 entwickelt. Demnach stehen der einheitlichen Besteuerung der Arzneimittelumsätze zum allgemeinen Umsatzsteuersatz weitreichende umsatzsteuerrechtliche Begünstigungen gegenüber, die Sozialversicherungsträgern und Privatpersonen gleichermaßen zugute kommen sollen. So enthält das Umsatzsteuergesetz z.B. eine Steuerbefreiung für die meisten Umsätze der Heilberufe und Krankenhäuser. Lieferungen orthopädischer Hilfs- und Fortbewegungsmittel für Kranke und Körperbehinderte unterliegen einem ermäßigtem Steuersatz, ebenso die Lieferung und die Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten.

Ungeachtet dieser bereits bestehenden Begünstigungen wurde die Forderung nach einer ermäßigten Umsatzbesteuerung von Arzneimittellieferungen – u.a. von den Gesundheitspolitikern der SPD-Bundestagsfraktion – wiederholt erhoben.

Die 6. EU-Richtlinie von 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern ermöglicht den Mitgliedsstaaten die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf Arzneimittellieferungen, schreibt dies aber nicht vor. Wie sie richtig bemerken, besteuern unsere europäischen Nachbarländer die Arzneimittellieferungen anders. Die Steuer- und Gesundheitssysteme in den Mitgliedstaaten unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer Finanzierung und Leistungsansprüche derart stark voneinander, dass ein isolierter Vergleich der Steuerbelastung einzelner Gesundheitsleistungen keinen Sinn macht.

Tatsächlich wäre die von Ihnen gewünschte Steuerermäßigung in Deutschland nicht geeignet, die weit überdurchschnittlichen jährlichen Ausgabenzuwächse der gesetzlichen (und privaten) Krankenkassen für die Arzneimittelversorgung wirksam und langfristig zu begrenzen. Im Umsatzsteuerbereich lässt sich die Weitergabe einer Steuerersparnis vom Unternehmer an den Endverbraucher nicht sicherstellen. Würden die Arzneimittelpreise aber nicht im Umfang von 12 v.H. dauerhaft gesenkt, müssten die Gebietskörperschaften und somit letztlich die Steuerzahler diese Gewinnerhöhung der Pharmaunternehmer finanzieren. Dies möchten wir doch tunlichst vermeiden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Lothar Mark