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Frage von Christian W. •

Frage an Lothar Mark von Christian W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Mark,

ich bin mit Ihren Grundüberlegungen zum TVöD auch vollkommen einverstanden. Der Teufel steckt allerdings im Detail, was zu sehr negativen Folgen für bestimmte Gruppen von Angestellten im öffentlichen Dienst führen und diesem selbst ein Nachwuchsproblem bescheren kann.

Problem ist die von mir bereits erwähnte Nichtanerkennung von Berufserfahrung bei Personen mit Zeitverträgen ab Entgeldgruppe 9. Mit jeder Verlängerung eines Zeitvertrages oder dem Übergang in eine Festanstellung beginnt die Anrechnung von Berufserfahrung neu. Das heißt, ein Angestellter, der nach drei Jahren einen neuen (Zeit)Vertrag bekommt wird, wird im vierten Jahr wieder wie ein Berufsanfänger (Erfahrungsstufe 1) eingestuft. Das hat auch die von mir erwähnten drastischen Gehaltseinbußen zur Folge. Dies wiederholt sich mit jedem weiteren Vertrag. Da spielt die erbrachte Leistung garkeine Rolle.

Leider ist es Realität, dass viele Berufseinsteiger nur über mehrere Zeitverträge in eine feste Anstellung gelangen (wenn überhaupt). Dass die Berufserfahrung, die sie in dieser Zeit erwerben, vom TVöD in der jetzt verabschiedeten Form nicht anerkannt wird, ist nicht leistungsgerecht und demotivierend!

Einen Bestandsschutz gibt es für Personen mit Zeitvertrag über den TVÜ bis September 2007. Das löst aber nicht das grundsätzliche Problem der mangelnden Anerkennung von Berufserfahrung.

Flexibilität und Einsatzbereitschaft sind für junge Menschen heute eine Selbstverständlichkeit, da das die Realität des Arbeitsmarktes schlichtweg fordert.
Das Gros der fest Angestellten hingegen genießt im TVöD einen unbegrenzten Bestandsschutz beim Gehalt (es gibt sogar Ausgleichsregelungen für möglicherweise entgangene Lohnsteigerungen!!!) und einen extrem hohen Kündigungsschutz. Diese Unterschiede zu Personen mit Zeitverträgen empfinde ich schlichtweg als ungerecht.

Für eine abermalige, kurze Reaktion wäre ich Ihnen dankbar.

Christian Wingerter

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wingerter,

haben Sie vielen Dank für Ihre erneute Anfrage zum Thema Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes durch die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes einerseits und die Verbände der öffentlichen Arbeitgeber andererseits abgeschlossen werden. Der Bundestag ist daran - anders als bei der durch Gesetz festzulegenden Beamtenbesoldung - nicht beteiligt. Deshalb kann ich zu den von Ihnen angesprochenen Details des neuen Tarifvertrages nur bedingt Auskunft geben. Im Folgenden werde ich dennoch versuchen, Ihre Nachfragen bestmöglich zu beantworten:

Die von Ihnen erwähnte Nichtanerkennung von Berufserfahrung bei Personen mit Zeitverträgen ab Entgeltgruppe 9 ist sowohl im Überleitungstarifvertrag (TVÜ) als auch im TVöD geregelt. Während im Rahmen des TVÜ eine Unterbrechung zwischen zwei Zeitverträgen, die nicht länger als einen Monat dauert, unerheblich für die Anerkennung von Berufserfahrung ist, so regelt der TVöD diesen Umstand sogar für eine Unterbrechung von sechs Monaten, sofern eine Beschäftigung beim selben Arbeitgeber betroffen ist. Einer bestehenden Berufserfahrung wird somit Rechnung getragen und Gehaltseinbußen werden damit verhindert.

Was den Bestandsschutz bei fest Angestellten betrifft, so verfolgt der TVöD den Schutz für Arbeitnehmer mit erreichtem Besitzstand in Form von möglichen Lohnsteigerungen oder Ausgleichszahlungen in Einzelfällen. Denn der Vertrag regelt höhere Anfangseinkommen, im Gegenzug aber niedrigere Endeinkommen, um vor allem junge, motivierte Arbeitnehmer zu fördern. Beschäftigte im mittleren Alter wären demnach von den niedrigeren Endeinkommen betroffen, ohne die höheren Anfangseinkommen erhalten zu haben. Sozial gerecht sind deshalb ein Bestandsschutz dieser Personen und ggf. Ausgleichszahlungen.

Der Kündigungsschutz wurde im Rahmen der Verhandlungen zum TVöD nicht verändert, es gelten die bisherigen Regelungen.

Abschließend möchte ich noch betonen, dass ein Tarifvertrag wie dieser stets durch Verhand-lungen und Kompromisse beider Seiten zustande kommt. Nicht nur die Arbeitgeberseite, unter anderem auch vertreten durch das Innenministerium, sondern auch die Arbeitnehmerseite trägt ihren Teil zum Zustandekommen eines Tarifvertrags bei. Gewerkschaften haben hier ausreichend Gelegenheit, die Belange der Beschäftigten einzubringen und zu verteidigen.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Erläuterungen weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Lothar Mark