Frage an Lothar Ibrügger von Holger S. bezüglich Recht
Hallo Herr Ibrügger,
wie stehen Sie persöhnlich zur geplanten und in NRW schon beschlossenen verdachtunabhängigen Onlinedurchsuchung?
Sehr geehrter Herr Schnake,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zu Onlinedurchsuchungen. Nach dem Urteil des BGH bedarf es nun sorgfältiger Abwägungen in dieser Frage. Zur Ihrer Information über den Diskussionsstand in der SPD-Bundestagsfraktion möchte ich Ihnen eine Stellungnahme des Stellvertretenden Vorsitzenden Fritz Rudolf Körper zur Kenntnis geben:
"Online-Durchsuchungen müssen an hohe rechtstaatliche Hürden gebunden werden
Anlässlich der Diskussion um Online-Durchsuchungen von Personalcomputern erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Fritz Rudolf Körper:
Heimliche Durchsuchungen des PCs sind ein schwerwiegender Eingriff des Staates in die Privatsphäre. Es darf jedoch keine sicheren Räume geben, in denen Spuren begangener Verbrechen oder Anhaltspunkte für die Planung künftiger Verbrechen vor Ermittlungsmaßnahmen geschützt sind. Diese Maßnahmen müssen an hohe rechtsstaatliche Hürden gebunden werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 31. Januar 2007 festgestellt, dass die geltende Strafprozessordnung keine Rechtsgrundlage für die heimliche Online-Durchsuchung von Computern enthält. Der BGH hat dies insbesondere mit der Heimlichkeit der Maßnahme begründet. Hausdurchsuchungen können zwar ebenfalls zu einer Sicherung von Computerinhalten führen, müssen allerdings offen durchgeführt werden. Wenn wir in Zukunft das Ermittlungsinstrument einer heimlichen Computerdurchsuchung nutzen wollen, müssen wir hierfür eine eigene Rechtsgrundlage schaffen.
E-Mails oder Internetrecherchen können schon jetzt im Rahmen von Ermittlungen erfasst werden. Diese Ermittlungen erfassen jedoch nicht die auf dem Computer gespeicherten Daten. Derartige Datenarchive sind zur Zeit ausschließlich durch eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme des Computers zugänglich. Nach den gesetzlichen Vorgaben ist eine derartige Durchsuchung offen durchzuführen. Der Betroffene und seine Komplizen werden daher durch eine Hausdurchsuchung gewarnt. Dies schränkt den Nutzen einer Hausdurchsuchung insbesondere im Bereich des organisierten Verbrechens erheblich ein. Die Ermittlungsbehörden müssen in der Lage sein, Netzwerke aufzudecken, was nur durch heimliche Maßnahmen möglich ist. Zu dem Bereich des organisierten Verbrechens gehört auch die terroristische Bedrohung. Insbesondere hier geht es nicht nur um Verbrechensaufklärung sondern auch um den Schutz der Bevölkerung und unserer staatlichen Einrichtungen. Das praktische Bedürfnis nach einer Neuregelung der Online-Durchsuchung werden wir allerdings zuvor abzuklären haben.
Die Intensität der heimlichen Maßnahme macht höhere rechtstaatliche Hürden als bei einer offenen Durchsuchung erforderlich. Darauf hat auch der BGH hingewiesen. Diese Hürden betreffen unter anderem den Katalog der Anlasstaten, Benachrichtigungs- und Löschungspflichten. Ein verfassungsrechtlich sehr wichtiger Gesichtspunkt ist der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Allerdings sollten wir bei aller Aufregung um die neuartige Recherchemaßnahme nicht vergessen, dass der Privatbereich Beschuldigter von einer traditionellen Hausdurchsuchung in gleichem Maße betroffen sein kann."
Mit herzlichem Gruß
bin ich Ihr Lothar Ibrügger