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Lothar Ibrügger
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Frage von Oliver H. •

Frage an Lothar Ibrügger von Oliver H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ibrügger,

warum enthielten Sie sich am 18.6.09 bei der Abstimmung zum Internet-Zugangserschwerungsgesetz? Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Halten Sie eine Sperrung in Deutschland für sinnvoll, statt ein Löschen, welches weltweit wirkt und nicht von Konsumenten umgangen werden kann?

Sind Sie auch, wie Frau von der Leyen, der Meinung, dass es weltweit 40 Länder gibt, in denen es keine Rechtsgrundlage gegen Kinderpornografie gibt, so dass dort ein Löschen nicht möglich ist, obwohl alle Länder bis auf USA und Somalia die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet haben?

Was halten Sie von den Bedenken, dass diese Sperr-Infrastruktur zukünftig auch für andere Inhalte als Kinderpornografie genutzt werden könnte?

Sind Sie auch der Meinung, dass die Internetsperrung auf die Bereiche "Killerspiele", Glücksspiele und Urheberrechtsverletzungen ausgeweitet werden sollen?

Sehen Sie eine Gefahr durch Missbrauch der Sperr-Infrastruktur bzw. halten sie die bisher geplanten Kontrollen der Sperrlisten für ausreichend?

Mit freundlichem Gruß,
Oliver Hallmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hallmann,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen.

Aufgrund einer zwingenden Terminverpflichtung im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung konnte ich an der Abstimmung am 18. Juni 2009 nicht teilnehmen. Ich habe aber meine Meinung zu dem Thema an interessierte Befürworter und Gegner kundgetan. Diese möchte ich Ihnen nachfolgend zur Kenntnis geben:

Für uns stehen zwei Dinge fest, die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen: Wir treten für einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein. Darüber hinaus der Schutz des Internets als Raum der Kommunikation, der Diskussion und des Wissens. Wir kämpfen auf internationaler Ebene gegen die Zensur des Internets und werden eine Zensierung in Deutschland nicht zulassen.

Mit dem nun beschlossenen Gesetz wurde der ursprüngliche Gesetzentwurf ganz wesentlich überarbeitet, wobei die SPD-Bundestagsfraktion ihre wichtigsten Änderungsvorschläge in den Verhandlungen mit der Unionsfraktion durchsetzen konnte. Wir haben damit auch die wesentlichen Kritikpunkte, die sich aus der Bundestagsanhörung und der Stellungnahme des Bundesrates ergeben haben, positiv aufgegriffen.

Der endgültige Beschluss hat insbesondere folgende Änderungen gebracht:

1. „Löschen vor Sperren“:
Die Regelung kodifiziert den Grundsatz „Löschen vor Sperren“. Danach kommt eine Sperrung durch die nicht verantwortlichen Internet-Zugangsvermittler nur dann in Betracht, wenn eine Verhinderung der Verbreitung der kinderpornografischen Inhalte durch Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nicht möglich oder nicht in angemessener Zeit Erfolg versprechend ist.

2. Kontrolle der BKA-Liste:
Die Neuregelung nimmt den Wunsch nach mehr Transparenz auf und etabliert ein unabhängiges Expertengremium beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Mit Blick auf die vornehmlich juristischen Aufgaben, nämlich zu bewerten, ob Inhalte die Voraussetzungen des § 184 b StGB erfüllen, muss die Mehrheit der Mitglieder des fünfköpfigen Gremiums die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder sind berechtigt, die Sperrliste jederzeit einzusehen und zu überprüfen. Mindestens einmal im Quartal erfolgt zudem zusätzlich auf der Basis einer relevanten Anzahl von Stichproben eine Prüfung, ob die Einträge auf der Sperrliste den Voraussetzungen des Paragraphen 1 Satz 1 erfüllen. Sollte die Mehrheit des Gremiums zu der Auffassung kommen, dies sei nicht der Fall, hat das Bundeskriminalamt den Eintrag bei der nächsten Aktualisierung von der Liste zu streichen. Das Expertengremium wird vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für die Dauer der Geltung des Gesetzes (31. Dezember 2012) bestellt.

3. Datenschutz:
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.

4. Spezialgesetzliche Regelung:
Die im Gesetzentwurf bisher für das Telemediengesetz vorgeschlagenen Re-gelungen zur Zugangserschwerung werden in eine spezialgesetzliche Regelung überführt. Ausschließliches Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornografischen Inhalten. Mit dem neuen Regelungsstandort in einem besonderen Gesetz soll noch deutlicher werden, dass eine Zugangserschwerung auf weitere Inhalte ausgeschlossen bleiben soll. Der Änderungsantrag geht damit auf die vielfach geäußerten Befürchtungen ein, die Zugangserschwerung könnte mittelfristig weiter ausgedehnt werden.

5. Befristung:
Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis zum 31.12.2012 befristet. Auf der Grundlage der nach zwei Jahren vorzunehmenden Evaluierung wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, zu prüfen und zu bewerten, ob die Maßnahme erfolgreich war, um endgültig zu entscheiden.

Aufgrund der aktuellen Lage müssen bereits jetzt gesetzliche Grundlagen für die Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet geschafft werden.

Die von Ihnen aufgeführten Fragestellungen bedürfen in den nächsten Monaten weiterer vertiefender Erörterungen. Sie berühren Grundsatzfragen der Folgewirkungen eines Mediums wie das des Internets auf unsere Gesellschaft.

Mit herzlichem Gruß
bin ich Ihr Lothar Ibrügger