Frage an Lorenz Gösta Beutin von Svenia G. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Gösta Beutin,
ich bin sehr neugierig, ob sie die neue Urheberrechtsreform für korrekt halten. Meiner Meinung nach stellt sie eher einen Eingriff in die freie Meinungsäußerung und die freie Entfaltung der Persönlichkeit dar. Außerdem ist diese Reform für Missbrauch anfälliger, als Alles, was ich bis jetzt erlebt habe.
Viele Künstler, die ich kenne, haben mit Werken, die auf der Grundarbeit anderer Leute basieren, ihre ersten, zaghaften Schritte ins Berufsleben unternommen. Diese Beschäftigungen galten als harmloser kreativer Zeitvertreib, mit dem kein Geld verdient wurde. Aufgrund dieser Reform wäre es ihnen unmöglich, ihre Arbeiten mit dem Rest der Welt zu teilen, denn aufgrund der äußerst straffen Regelungen, die ihnen ja bestimmt bekannt sind, wäre eine solche Arbeit bereits ein gefundenes Fressen für die Uploadfilter.
Zudem besteht auch die Gefahr, dass eine simple Urlaubsaufnahme von den Uploadfiltern gesperrt wird, nur weil im Hintergrund gerade das neue Lied aus den Charts gespielt wird und diese Musik in Sachen Länge die erlaubten 15 Sekunden überschreitet.
Dies sind nur zwei Beispiele von Vielen, die mich glauben lassen, dass diese Urheberrechtsreform an Zensur grenzt. Als Verbesserung würde ich vorerst gerne vorschlagen, dass die deutschen Einzelheiten dieses Gesetzes erneut im Bundestag besprochen werden und solch harmloser Kreativität, wie ich sie oben erwähnt habe, deutlich mehr Spielraum gegeben wird. Außerdem rate ich an den Einsatz der Uploadfilter gründlich zu überdenken, zuzüglich zur Überarbeitung der Kriterien von Plattformen, die im Falle eines Urheberrechtsversoßes in die Pflicht genommen werden könnten, da viele Plattformen dabei stark im Nachteil sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Svenia Griebel
Sehr geehrte Frau G.,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zur Weiterentwicklung des Urheberrechts.
Unsere Fraktion ist der Ansicht, dass die Bundesregierung die Versprechen, die sie vor zwei Jahren gegeben hat, erwartbar nicht hat einlösen können. Eine Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie ohne Uploadfilter war von Anfang an eine Illusion. Auch dafür, Kreativen eine gerechte Vergütung zu sichern, ist der Entwurf nicht hinreichend, wie der vorliegende Entwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform (DSM-Richtlinie) belegt.
Zum einen ist anzuerkennen, dass einige Maßnahmen, wie beispielsweise die Kennzeichnung erlaubter Nutzungen, zur Sicherung der Nutzerinnen- und Nutzerrechte in Artikel 17 vorgesehen sind. Aber diese bleiben hinter dem zurück, was in früheren Entwürfen vorgesehen war. Der Anspruch, dass zulässige Inhalte in keinem Fall sofort automatisiert geblockt werden, ist einfach aufgegeben worden. Gleichwohl werden auch diese abgeschwächten Regelungen immer noch von diversen Interessenverbänden der Verwertungsindustrie heftig bekämpft. DIE LINKE geht davon aus, dass Artikel 17 im laufenden Verfahren vor dem EuGH keinen Bestand haben wird, und wir werden uns vor diesem Hintergrund im Sinne starker Nutzerinnen- und Nutzerrechte engagieren.
Zum anderen will DIE LINKE Regelungen im Urhebervertragsrecht voranbringen, die die Verhandlungsposition von Urheberinnen und Urhebern deutlich stärken, um ihnen eine gerechte Vergütung zu sichern. Trotz einiger Verbesserungen wie der neuen Transparenzpflicht ist der vorliegende Entwurf dafür völlig unzureichend. Insofern müssen vor allem kollektive Vergütungsregeln und kollektive Rechtsdurchsetzung gestärkt werden, unter anderem durch die Einführung eines Verbandsklagerechts.
Schließlich haben die Erfahrungen aus der Pandemie erneut gezeigt, wie wichtig auch der digitale Zugang zu Bildung, Wissenschaft und Kultur ist. Leider ist diese Erkenntnis dem Entwurf nicht anzumerken. Nicht einmal die längst geltenden Erlaubnisse für Bildung und Wissenschaft werden endlich vollständig entfristet und auch eine zeitgemäße Regelung zum Verleih von E-Books bleibt aus.
Insgesamt bleibt der Entwurf trotz ein paar sinnvoller Ansätze deutlich hinter dem zurück, was eigentlich notwendig wäre: Ein gerechter Interessenausgleich und ein zeitgemäßes Urheberrecht sowohl im Sinne der Kreativen wie der Nutzerinnen und Nutzer.
Ihrer Bitte, die Einzelheiten des Gesetzes noch einmal im Bundestag zu besprechen, werden unsere Fachkolleg*innen aus den Bereichen Recht, Kultur, Bildung, Wissenschaft und Digitales deshalb gern nachkommen.
Mit freundlichen Grüßen
Lorenz Gösta Beutin