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Lisa Paus
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Frage von Christoph S. •

Frage an Lisa Paus von Christoph S. bezüglich Staat und Verwaltung

Ich frage Sie dies, weil Sie im Finanzausschuss des Bundestages sitzen. Zur Entschuldung der Gemeinden: Ist es ggf. sinnvoller, an Stelle der pauschalen Entschuldung armer Gemeinden rückwirkend Unterstütung für Aufgaben nachzuzahlen, die besser von anderen Gebietskörperschaften erledigt werden?
Die Gemeinden sind im Bundestag und -Rat nicht vertreten: wurde ihnen deshalb viele Aufgaben aufgetragen ohne angemessene finanzielle Ausstattung, wurde die mit Geld verbundene staatliche Macht von den Gemeinden auf Bund und Länder verlagert? Wieviel Ex-Abgeordnete haben sich schon darüber geärgert, wenn sie nach ihrer Mitgliedschaft im Bundestag als Landrat oder OB tätig waren?
Bei der Gemeindefinzierung könnten diese Fragen besonders wichtig sein: Welche Extras sollen sich reiche Gemeinden gönnen dürfen und worauf sollen zumutbarerweise Bürger armer Gemeinden verzichten?
Ist es angemessen, dass große Teile der öffentlichen Aufgaben durch die Grundsteuer und die Gewerbesteuer finanziert werden?
Sollte man die Projektförderung mit komplizierten Anträgen abschaffen und statt dessen pauschal pro Einwohner mehr Geld an die Gemeinden zahlen?
Sollte ein überregionales Unternehmen die Gewerbesteuer in der jeweiligen Gemeinde bezahlen, wo die produktiven physischen Investionen getätigt werden, die Arbeitsplätze sich befinden, der Güterverkehr zur Fabrik groß ist?
Sind Massenarbeitslosigkeit, weltweite Flüchtlingsstöme, z.B. Eisenbahnbrücken von je her nicht eher Aufgaben des Bundes? Überfordert Kinderbetreuung in Kitas, Krippen und Horte usw sowie Teile des Schulwesens die Gemeinden, sollte dies ggf viel mehr bei der Landes-Schulbehörde angesiedelt werden?
Kann es sein, dass die Zuteilung einer Zuständigkeiten an eine Anstalt oder Gebietskörperschaft, die zu arm dafür ist, eine Methode ist, dafür zu sorgen, dass diese Aufgabe schlecht oder gar nicht erledigt wird?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte*r C. S.,

vielen Dank für Fragen und das damit verbundene Interesse an meiner Arbeit als Bundestagsabgeordnte.

Sie fragen, ob statt einer Altschuldenhilfe für die mit Kassenkrediten belasteten Kommunen es nicht sinnvoller wäre „rückwirkend Unterstützung für Aufgaben nachzuzahlen, die besser [andere] Gebietskörperschaften [erledigen sollten].
Meines Erachtens muss eine dauerhafte Lösung beim Thema kommunale Altschulden zwei Komponenten umfassen.
Zum einen brauchen wir dringend eine Entlastung/Entschuldung der Kommunen die hohe Kassenkredite mit sich herumtragen. Kassenkredite sind eigentlich zur Deckung unterjähriger Liquiditätsengpässe gedacht. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden Kassenkredite von vielen Kommunen allerdings dafür genutzt, strukturelle Haushaltsdefizite zu schließen.
Und genau hier setzt auch der zweite Teil der Lösung an: Ein wichtiger Grund für die hohen Kassenkreditbestände der betroffenen Kommunen sind nämlich die stetig steigenden kommunalen Sozialausgaben. Und obwohl der Bund seine Beteiligung an den sozialen Kosten über die letzten Jahre sukzessive erhöht hat, werden die Kosten, die den Kommunen durch neu geschaffene Aufgaben als Folge von Bundesgesetzen entstehen, nicht durch eine entsprechend gestiegene Mittelausstattung aufgefangen. Es geht aber nicht darum, dass die entsprechenden Aufgaben bei den Kommunen nicht gut aufgehoben wären. Kita-Betreuung, Ganztagsbetreuung im Grundschulalter, Eingliederungshilfe, etc. sind wichtige kommunale Aufgaben, welcher der Bund dann allerdings auch aufgabenadäquat mitfinanzieren muss. Der zweite Teil einer dauerhaften Lösung des Problems kommunaler Altschulden besteht darin, dass der Bund seine Beteiligung an den kommunalen Sozialausgaben noch einmal erhöht, beispielsweise durch eine höhere Beteiligung an den Kosten der Unterkunft (KdU). Nur so ein dauerhafter Haushaltsausgleich bei den finanzschwachen Kommunen erreicht werden und – in Verbindung mit einer verschärften Kommunalaufsicht durch die Länder – ein erneutes Auflaufen hoher Kassenkreditbestände verhindert werden.

Sie fragen nach den Aufgaben, welche Bürger*innen von ihren Kommunen erwarten dürfen. Wie sie wissen, lassen sich die kommunalen Aufgaben zum einen in Selbstverwaltungsaufgaben und übertragene Aufgaben, zum anderen in freiwillige Aufgaben und Pflichtaufgaben unterschieden. Welche Aufgaben eine Kommune jeweils zu erledigen hat und welche sie erledigen darf, hängt vom jeweiligen Kommunalisierungsgrad und der Gemeindeordnung des jeweiligen Bundeslandes ab.
Die Gewerbesteuer wollen wir zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer weiterentwickeln. Durch die Einbeziehung von Freiberuflern in die Gewerbesteuer werden die Einnahmen für die Kommunen in ihrer Höhe verlässlicher. Gleichzeitig sollen die Freiberufler die Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer wieder geltend machen können, damit sie insgesamt nicht stärker belastet werden.

Sie Fragen auch danach, ob sich Grundsteuer und Gewerbesteuer zur Finanzierung kommunaler Ausgaben eignen. Im Jahr 2017 setzten sich die kommunalen Einnahmen zu 39% aus Steuern zusammen. Diese kommunalen Steuereinnahmen bestanden wiederum zu 42% aus Gewerbesteuereinnahmen und zu 13% aus Grundsteuern. Die kommunalen Einkommens- und Umsatzsteueranteile machen bei den Steuereinnahmen der Kommunen also fast die Hälfte aus. Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass sich die kommunalen Ausgaben zu einem Gutteil aus den genuinen Gemeindesteuern Grund- und Gewerbesteuer (kommunales Hebesatzrecht) finanzieren. Die Gewerbesteuer bedarf allerdings einer Reform. Sowohl was die Verstetigung der Einnahmen für die Kommunen anbelangt, als auch mit Blick darauf, der Steuervermeidung einen Riegel vorzuschieben.
Wir Grüne wollen die Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer weiterentwickeln. Durch die Einbeziehung von Freiberuflern in die Gewerbesteuer werden die Einnahmen für die Kommunen in ihrer Höhe verlässlicher. Gleichzeitig sollen die Freiberufler die Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer wieder geltend machen können, damit sie insgesamt nicht stärker belastet werden.

Ich gebe Ihnen recht die Projektförderung aus Förderprogrammen des Bundes stellt ein Problem dar. Bekanntermaßen stehen zwar reichlich Fördermittel zur Verfügung, hohe bürokratische Hürden, fehlendes oder nicht entsprechend qualifiziertes Verwaltungspersonal und Co-Finanzierungserfordernisse verhindern aber oft einen entsprechenden Mittelabruf. Wenn finanzschwache Kommunen entschuldet werden, entstehen wieder finanzielle Spielräume und Möglichkeiten zu investieren, evtl. auch ohne Rückgriff auf Förderprogramme des Bundes. Damit es allen Kommunen gelingt bei Bedarf Mittel aus Förderprogrammen des Bundes, Landes oder der EU zeitnah und ohne unzumutbaren Verwaltungsaufwand abzurufen, müssen aber in der Tat auch die Antragsverfahren deutlich vereinfacht werden. Das Fördersystem insgesamt muss auch vereinfacht und damit für die antragsstellenden Kommunen überschaubarer gemacht werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit der Beantwortung der Fragen weiterhelfen.

Herzliche Grüße
Lisa Paus

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