Frage an Lisa Paus von Michael H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Paus,
im Zusammenhang mit Cum Ex wird oft von Gesetzeslücken gesprochen, die es unmöglich machen, in einigen Fällen die zuviel gezahlten Steuererstattungen zurückzufordern.
Ich stelle mir jetzt folgenden Fall vor. Für ein Aktienpaket wurde eine Steuer abgeführt. Diese wurde drei verschiedenen Personen in jeweils der Höhe der abgeführten Steuer erstattet. Jetzt stelle ich mir vor, die Sache ist 2008 passiert und wurde 2019 aufgedeckt. Müssen die drei Personen jetzt das erstattete Geld wieder zurückzahlen, oder können sie sich auf welche Gesetzgebung auch immer berufen und das Geld behalten?
Oder anders gefragt: Kann es vorkommen, dass in einigen Fällen Erstattungen für Steuern, die nie gezahlt wurden, trotz Aufdeckung nicht mehr zurück verlangt werden können?
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. M. H.
Sehr geehrter Herr Dr. Hoff,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse an dem Thema CumEx.
Die Länge der Verjährungsfrist bestimmt sich grundsätzlich nach der Höhe der gesetzlich angedrohten Höchststrafe, da in dieser die Schwere der Tat zum Ausdruck kommt. Soweit nach den Steuerstraftaten der Abgabenordnung (AO) ein Höchstmaß von 5 Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen ist, beträgt die Verjährungsfrist daher 5 Jahre. Steuerstrafrechtlich besteht seit 2008 für besonders schwere Fälle eine zehnjährige Verjährungsfrist, also auch für CumEx. Durch Unterbrechungshandlungen kann sich diese Frist auf bis zu 20 Jahre verlängern. In diesem Zeitraum ist auch noch die Änderung von Steuerbescheiden möglich. Wenn die Staatsanwaltschaft vor Ablauf der zehn Jahre keine Ermittlungen aufnimmt, gehen die mutmaßlichen Täter jedoch straffrei aus.
Seit 2012 läuft die juristische Aufarbeitung des CumEx-Skandals. Leider sind die Bemühungen der Steuer- und Finanzbehörden, den Schaden aufzuarbeiten, in keinem Verhältnis zur Größe des Schadens. Aus Sicht der Bundesregierung gibt es keinen Anlass zur Sorge. Bei der Aufarbeitung des CumEx-Skandals fehlt laut Recherchen von WDR und Süddeutscher Zeitung jedoch qualifiziertes Personal, insbesondere in Nordrhein-Westfalen. Weil das für ausländische Unternehmen zuständige Bundeszentralamt für Steuern in Bonn sitzt und die Staatsanwaltschaft Köln die meisten Verfahren führt, konzentrieren sich die Ermittlungen in Nordrhein-Westfalen.
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert schon lange, den Steuervollzug in Deutschland deutlich zu verbessern. Gerade jetzt müssen mehr spezialisierte Ermittler*innen eingestellt werden. Angesichts der Missstände bei Steuerverfahren wie auch in der Bekämpfung von Geldwäsche in Deutschland brauchen wir eine Verlängerung der Verjährung im Wirtschaftsstrafrecht. Bei komplexen Fällen mit Auslandsbezug ist es aufwändig, die Beschuldigten ausfindig zu machen und über das Verfahren in Kenntnis zu setzen. Anonymität darf nicht dazu führen, dass Steuerhinterziehung und Geldwäsche ungestraft bleiben. Damit zukünftige Fälle nicht unter den Tisch fallen, brauchen wir eine Anpassung der Verjährungsregeln.
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus MdB