Frage an Lisa Paus von Christian S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Lisa Paus,
mich würde interessieren warum Sie für die Finanzhilfen für Griechenland gestimmt haben, obwohl etliche Meinungsumfragen ergeben, dass kaum ein Bürger (dessen Vertreterin Sie ja sind) diese Finanzhilfen von unseren Steuern abgeben will!?
Sollten Sie (besonders als Oppositionspolitikerin) nicht den Willen der Menschen respektieren?
Weder das Deutsche Volk noch das Griechische Volk wollten diese Finanzhilfen geben/nehmen!
Es wurde also wieder mal über unsere Köpfe hinwegentschieden;
warum gab es keine Volksabstimmung oder so???
Ich appeliere daher an Ihren gesunden Menschenverstand und bitte Sie bei dem nächsten Rettungsschirm/Finanzhilfe DAGEGEN zu stimmen.
Sonst glauben die Bürger am Ende ja noch sie würden von einer Einheitspartei regiert, weil Regierung und Opposition immer derselben Meinung sind :-)
Dem ist doch nicht so, oder?
Sehr geehrter Fragesteller,
wie Sie unter dipbt.bundestag.de/dip21/btp/17/17041.pdf auf Seite 4022 nachsehen können, habe ich dem ersten Griechenland-Paket nicht zugestimmt, weil ich die Ausgestaltung der Griechenlandhilfen für falsch hielt. Politisch und ökonomisch halte ich es jedoch für grundsätzlich richtig, dass Griechenland Hilfe aus Deutschland bekommt.
Warum stimmen wir Grüne im Bundestag für Hilfen, obwohl das nicht beliebt ist? Weil es nicht nur um Griechenland geht, sondern um den Euro und damit um die Zukunft der ganzen Europäischen Union. Hätten wir nur ein Staatsschuldenproblem in Griechenland hätten wir ein überschaubares Problem. Wir haben es aber mit einem extrem wackeligen Bankensystem zu tun, wie wir erst vor Wochen wieder in Spanien oder Irland gesehen haben. Die griechischen Banken gehören vor allem französischen, diese wiederum zu großen Anteilen deutschen Banken. Wir befürchten einen Dominoeffekt, der die Banken und dann die Unternehmen und Staaten in die Insolvenz schickt. Deswegen müssen wir Griechenland retten - nicht nur für die Griechen, sondern aus unserem ureigenen deutschen Interesse.
Warum halten wir am Euro fest, wenn er Hilfen nötig macht? Wir haben auch diese grundlegenden Alternativen intensiv abgewogen und uns festgelegt: Die Eurorettung ist die beste Alternative. Denn was würde bei einem Euro-Austritt konkret passieren? Die Bundesbank wäre erst mal pleite - wir müssten eine neue Bundesbank mit neuem Eigenkapital gründen. Die Rettungspakete würden fällig. Die deutsche Exportwirtschaft hätte ein Riesenproblem durch die Aufwertung der neuen D-Mark - wir würden sofort eine immens steigende Arbeitslosigkeit bekommen. Das lässt sich aktuell gut in der Schweiz beobachten, deren starker Franke der dortigen Wirtschaft schwer zusetzt. Und nicht zuletzt: die Deutschen haben ca. 2,8 Billionen Euro private Auslandsanlagen. Die würden auch deutlich an Wert verlieren, wie viel kann keiner sagen. Das trifft nicht nur Vermögende, sondern alle, die beispielsweise Lebensversicherungen oder andere Vorsorgeanlagen besitzen. Ich kann solche Konsequenzen nicht verantworten. Die Mehrheit in Deutschland und in Griechenland möchte den Euro erhalten. Deshalb bin ich überzeugt im Sinne BürgerInnen zu handeln.
Am 7. Mai 2010 hatte ich meine Gründe für eine Enthaltung bei der Abstimmung zum Griechenland-Hilfpaket in einer persönlichen Erklärung öffentlich gemacht: www.lisa-paus.de/show/4397412.html . Schon damals war klar. dass wir Grünen bei der Griechenlandrettung eine bessere Strategie gewählt hätten als die Merkel-Regierung. Kredite an den griechischen Staat, damit er die Verluste der Banken übernimmt, waren eine ungerechte Lösung von der Banken profitieren, während die Mehrheit der Griechen und die deutschen Steuerzahler schlecht wegkommen. Ich halte es nicht für ein Versehen, dass die Schwarz-Gelbe Bundesregierung den für die Banken günstigsten Weg eingeschlagen hat. Ein Staatssekretär im Bundeskanzlerinnenamt hat allerdings in den letzten dreieinhalb Jahren 25 Mal den Cheflobbyisten der Deutschen Bank getroffen.
Bei der Bundestagswahl am 22.09.2013 stehen wir für eine Umverteilung der Lasten auf die reichsten Griechinnen und Griechen und auch Deutschen durch einen europäischen Steuerpakt, durch europaweite Einführung von Vermögensabgaben und einen Altschulden-Tilgungsfonds. Dazu müssen die Steuerverwaltungen in ganz Europa besser werden. Der EU-Steuerkommissar schätzt die durch legale und illegale Steuerflucht entgangenen Einnahmen pro Jahr für die ganze EU auf bis zu 1.000 Milliarden Euro. Der gesamte Bundeshaushalt macht dagegen lediglich rund 300 Milliarden Euro aus. Einmalige Vermögensabgaben zum Abbau der Überschuldung und ein europäischer Steuerpakt für die dauerhafte Finanzierung aller staatlichen Investitionen könnten deshalb europäischen BürgerInnen in Deutschland, Griechenland und allen anderen Mitgliedstaaten nützen.
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus