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Lisa Paus
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Frage von Norbert T. •

Frage an Lisa Paus von Norbert T. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Frau Paus,

Sie haben im Bundestag für den Fiskalpakt und ESM gestimmt.
Folgende Fragen würde ich gerne von Ihnen beantwortet haben.
Wer oder was ist systemrelevant?
Welche Steuern auf der Einnahmeseite sollen erhöht werden um die Kriterien aus dem FIskalpakt zu erfüllen?
Was geschieht wenn das Wirtschaftswachstum in Deutschland sich wie vorhersehbar abschwächt? Wo wird dann gespart?
Wie sollen dann die fehlenden Einnahmen kompensiert werden?
Wie stellen es sich die zustimmenden Abgeordneten vor die nun beschlossenen Kriterien in verfassungsgemäße Haushalte zu gießen?
Wie demokratisch ist das System des Gouverneursrates wenn dieser keine Auskünfte an die demokratisch legitimierten Parlamente zu geben braucht und dazu noch Eingriffsrechte in die Haushalte erhält?
Wie stellt diese sich ein Europa vor das von den Menschen akzeptiert wird?
Sind es nicht die Menschen die systemrelevant sind, oder sind es wie bisher aufgezeigt die Banken.
Offensichtlich wird hier ein System vollkommen auf den Kopf gestellt

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Tessmer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Tessmer,

nein, ich habe nicht für den Fiskalpakt gestimmt, sondern mich dabei der Stimme enthalten, wie sie dem Protokoll der namentlichen Abstimmungen entnehmen können: http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17188.pdf

Ich habe nicht für den Fiskalpakt gestimmt, weil ich Ihre Bedenken teile, dass schlecht gemachte Schuldenbremsen sogar zu höheren Schulden führen können, wie es aktuell in Spanien zu beobachten ist und wie sogar Goldman Sachs mit Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) in einer Studie gezeigt hat. Ich stimme Ihnen zu, dass der Fiskalpakt zutiefst unausgewogen ist, weil soziale Auswirkungen einseitiger Sparpolitik gar nicht adressiert werden und seine starre Konstruktion und die Grundsätze für den Korrekturmechanismus nahe legen, dass die Einnahmeseite für die Konsolidierung zu wenig Beachtung findet.

Dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) habe ich gerade zugestimmt, weil er den Krisenstaaten bei der Konsolidierung die Möglichkeit gibt, Haushaltsmittel in den Schuldenabbau und sogar notwendigste Investitionen zu stecken anstatt überzogene Zinsen an Banken zahlen zu müssen. Bedenken bezüglich unserer Informationsrechte beim ESM hatten auch wir Grüne im Bundestag. Gegen die unzureichende Informationspolitik der Bundesregierung haben wir als Bundestagsfraktion beim Bundesverfassungsgericht geklagt und am 19. Juni auch gewonnen:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20120619_2bve000411.html

Finanzminister Schäuble als deutscher Vertreter im Gouverneursrat wird durch dieses Urteil umso stärker verpflichtet sein, uns als Abgeordnete breit zu informieren. Wenn wir als Bundestag gemäß unseres Zustimmungsgesetzes vor allen bedeutenden Entscheidungen des ESM nun im Plenum abstimmen, ob wir z. B. Kredite für ein neues Land genehmigen oder nicht, hängt das Handeln des ESM nicht nur völlig von unserer Zustimmung ab. Ich hoffe, dass wir dies auch auf Grundlage umfassender und rechtzeitiger Informationen entscheiden können. Evtl. möchten Sie sich zusätzlich zum ESM-Vertrag auch die Bedingungen im Zustimmungsgesetz und dem Finanzierungsgesetz ansehen, die das Handeln des ESM vom Vorbehalt der Bundestagszustimmung abhängig machen: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/101/1710126.pdf

Würden wir Grüne regieren, würden wir Maßnahmen unternehmen, die Krise wirklich zu lösen: Mit einem Altschulden-Tilgungsfonds würden wir den nachhaltigen Abbau der Schulden über der 60 Prozent Maastricht-Grenze verbindlich und glaubwürdig regeln. Mit Vermögensabgaben europaweit zusätzlich zur Finanztransaktionssteuer würden wir die Belastungen gerecht(er) verteilen. Mit einem sozial-ökologischen Investitionsprogramm würden wir die Rezession in den meisten Ländern Europas beenden helfen, deren Niedergang auch die Entwicklung für Deutschland bedroht. Damit würden wir die 400 Mrd. jährlich für Ölimporte unnötig machen wollen, in die Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare fließen und damit nachhaltige neue Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig mit dieser praktischen Solidarität würden wir Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen und nicht erleichtern (Stichwort deutsch-schweizerisches Steuerabkommen). Über die nötigen Kompetenzübertragungen an die EU in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Steuern und Soziales möchten wir gerne mit allen BürgerInnen, der organisierten Zivilgesellschaft und den Sozialpartnern in einem Konvent diskutieren. Unsere Vorstellungen haben wir hier aufgeschrieben: http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/newsletter/ak_4_internationales_und_menschenrechte/newsletter_internationale_politik_und_me/zukunft_der_europaeischen_union.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus

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