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Lisa Badum
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Frage von Bernd H. •

Frage an Lisa Badum von Bernd H. bezüglich Energie

Sehr geehrte Frau Badum,
laut Zeitungsinterview vom 21.07.2021 plädieren Sie für eine Aufhebung der bayerischen Abstandsregelung für Windkrafträder zur Wohnbebauung. Ihr Ziel ist ein verstärkter Ausbau der Windenergie. Zunächst möchte ich Ihnen die Sendung des WDR vom 09.09.2020 „Windkraft - Fluch oder Segen“ empfehlen; hier wurde im Experiment die Auswirkung von Infraschall auf Herzmuskelgewebe aufgezeigt. Der Anteil des Menschen an der Erderwärmung ist unbestritten und einige Facetten haben Sie auch erkannt und fordern entsprechende Maßnahmen. Um meine Frage bezüglich Windenergie zu verdeutlichen hier die Daten vom 08.08.2020:

Installierte Leistung (nur bei optimalen Wetterbedingungen erreichbar):

Solar: 47 GW
Wind (Land): 53 GW
(See): 6,6 GW

Quelle: Bundesnetzagentur

06:00 Uhr 13:00 Uhr 20:00 Uhr
Strombedarf 42,128 GW 60,197 GW 49,483 GW
Solarstrom 0,858 GW 32,985 GW 0,411 GW
Windenergie (Land) 1,395 GW 0,562 GW 3,793 GW
(See) 0,247 GW 0,009 GW 0,152 GW

Quelle: Agorameter

Die Differenz zwischen installierter Leistung und tatsächlicher Leistung sind erkennbar.
Der Strombedarf wird durch E-Mobilität zunehmen.

Meine Frage lautet:
Durch welche konkreten Maßnahmen wollen Sie die Lücke zwischen Strombedarf und Stromerzeugung schließen und wie hoch wird der Ausstoß von Klimagasen bei der Umsetzung sein?

Mit freundlichen Grüßen
B. Herwig

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Bernd Herwig,

vielen Dank für Ihre Frage!
Wir Grünen sehen pauschale Abstandsregelungen für alle Bundesländer grundsätzlich kritisch, da immer auch die Bedingungen vor Ort betrachtet werden müssen. https://www.sueddeutsche.de/politik/windraeder-abstand-gruene-1.4683148). Diese sind in den jeweiligen Bundesländern sehr unterschiedlich, wie auch die Flächenverfügbarkeiten. Die rechtliche Ausgestaltung der Abstandregelung durch die Bundesregierung ist oftmals ungenau und lässt Interpretationsspielraum.

Völlig klar ist aber: ein gewisser Mindestabstand zur Wohnbebauung ist nötig, der sich an Umwelt-, Gesundheit- und Naturschutzstandards ausrichten muss. Dazu zählen der Schutz von Habitaten, die Schall-Bestimmungen oder auch der Erhalt von natürlichen Senken ,. In Bayern, wo ich herkomme, gilt seit über fünf Jahren die sogenannte 10-H-Regel – also die Vorgabe, dass Windkraftanlagen einen Mindestabstand vom zehnfachen ihrer Höhe zur Wohnbebauung einhalten müssen, in der Realität und mit modernen Anlagen bedeutet das 2 Kilometer. Die letzten Jahre haben gezeigt, welche fatale Auswirkung eine pauschale Abstandsregelung hat – die Energiewende in Bayern liegt am Boden. In den letzten Jahren wurden kaum neue Anlagen gebaut. Was extrem schädlich für den Windkraftausbau generell in Bayern ist, massive Beschäftigungseinbrüche in einer Zukunftsbranche erzeugt hat und letztlich bis heute ganze Planungsprozesse und Umsetzungsmaßnahmen lahmlegt oder gar stoppt. (https://www.energieatlas.bayern.de/thema_wind/daten.html#:~:text=Im%20Jahr%202019%20betrug%20der,kWh%20Strom%20erzeugt%20wurden).

Wir Grünen fordern in unserem Bundestags-Wahlprogramm den Ausbau der Erneuerbaren Energien als Versorgungsicherheit zu definieren und dafür 2 Prozent der Bundesfläche für Windenergie reservieren. Es ist möglich, dass dies im Einklang mit Wohn-, Naturschutzgebieten und anderweitig reservierten Flächen machbar ist.
Dies wollen wir konkret beispielsweise auch bei PV machen und der Ausbau soll auch hier vorzugsweise auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen, neben Autobahnen und Schienen und auf Konversions- oder Bergbaufolgeflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir vermeiden und stellen den Mehrfachnutzen für Energieerzeugung, Biodiversität und Landwirtschaft in den Vordergrund. Agri-Photovoltaikanlagen, d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche, können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten.
Dabei stützen wir uns auf die Expertise von zahlreichen Organisationen, wie etwa die Stiftung Klimaneutralität, die hierzu Studien vorgelegt. (Wind-an-Land-Gesetz - Stiftung Klima (stiftung-klima.de) Sie zeigen richtigerweise die Diskrepanz zwischen den installierter Leistung und tatsächlicher Strombedarf auf - und auch die bisher installierte und nötige Strombedarf klafft weit auseinander. Kein Wunder, denn bis vor kurzem wurde von Seiten des Wirtschaftsministers Peter Altmaier noch mit viel zu niedrigem Strombedarf gerechnet, um somit die unzureichenden nationalen Klimaziele sich schönzurechnen. Der Treppenwitz der Geschichte ist, dass vor nicht einmal drei Wochen der selbe Minister einsehen musste, dass seine Strombedarfsprognosen nicht aktuell sind und er sie korrigieren müsse – dass, obwohl die Fachbranche durch die Bank weg öffentlich seit Monaten daraufhinweisen.
Aber nur durch die konsequente Ausrichtung des Strommarkts auf erneuerbare Energien wird Strom dauerhaft sicher, günstig und sauber. Mit den Regeln der fossilen Vergangenheit können neue, klimafreundliche Innovationen nicht durchstarten und wir zahlen weiter für veraltete, schmutzige Strukturen. Es soll sich für Industrie, Bürger*innen sowie kleine und mittlere Unternehmen lohnen, Verbrauch und Produktion mit dem Strommarkt abzustimmen und aktiv an der Energiewende teilzunehmen.
Hier https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-strommarktdesign.pdf haben wir Maßnahmen hin zu 100% Erneuerbaren Energien aufgezeigt. Denn das ist eben möglich, sicher und günstig. Tatsächlich sogar günstiger und sicherer als heute mit fossilen Brennstoffen. Nicht nur wegen der steigenden Importkosten für Öl und Gas, sondern vor allem auch wegen der immensen Klima- und Umweltfolgen für nächste Generationen.
Erneuerbare Energien müssen dafür massiv gefördert und ausgebaut werden. Wir brauchen die nötigen Rahmenbedingungen für die Finanzierung, um den dramatisch eingebrochenen Ausbau der Erneuerbaren wieder auf Tempo zu bringen. Ausbauziele müssen erhöht und die Akzeptanz für erneuerbare Energien in der Bevölkerung durch gezieltes Informieren und Bildungskampagnen gefördert und gestärkt werden. Durch die Weiterentwicklung des EEG zu sogenannten Differenzverträgen werden nicht nur die Produzent*innen vor unrentabel niedrigen Preisen geschützt, sondern auch die Stromkund*innen vor teuren Preisen.
Hier https://www.gruene-bundestag.de/themen/energie/fuenf-sofortmassnahmen-fuer-die-windenergie können Sie noch detaillierter nachlesen, wie wir die Windkraft mit Sofortmaßnahmen fördern wollen.
Letztlich geht es auch darum Grünen Strom bzw. den Verbrauch zu reduzieren und überall dort einzusparen, wo es geht. Darum ist es auch wichtig über Effizienzstrategien zu sprechen. Ob bei neuen technischen Anwendungen, in betriebswirtschaftlichen Abläufen oder bei unseren Alltagsgeräten. Jede Kilowattstunde Strom die wir insgesamt einsparen, ist kostbar.

Nun zu ihrer Frage bzgl. des Emissionsausstoßes bei der Umsetzung der Energiewende. Sicher ist: So wie wir derzeit wirtschaften und Strom erzeugen (aus fossilen Rohstoffen) kann es nicht bleiben – nur durch die zügige und konsequente Dekarbonisierung unserer Gesellschaft, schaffen wir die Klimakrise wirksam zu bekämpfen.

Wie bereits oben dargelegt werden wir die Klimawende nur durch die Energiewende schaffen. Das Umweltbundesamt hat für 2020 errechnet, dass die Erneuerbaren Energien allein im letzten Jahr 227 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente eingespart hat (https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/erneuerbare-energien-vermiedene-treibhausgase). Zum Vergleich: Das ist der gesamte Treibhausgasausstoß im Verkehrs und Landwirtschaftssektor in Deutschland 2020 zusammen (https://www.bmu.de/pressemitteilung/treibhausgasemissionen-sinken-2020-um-87-prozent/).

Es heißt jetzt also für uns: Alle unnötigen Hemmnisse für den Ausbau der Erneuerbaren Energien abzuschaffen, Planungsprozesse zu straffen und faire Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Erneuerbaren Energien endlich dort ankommen wo sie auch hingehören - nämlich auf die Überholspur!

Mit freundlichen Grüßen
Lisa Badum

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