Wollen Sie tatsächlich, dass Asylverfahren für uns außerhalb der EU abgewickelt werden?
Liebe Linda, ich höre gerade, dass die Grünen für die Abwicklung von Asylverfahren außerhalb der EU sind. Stimmt das wirklich? Wie können wir dann ein geordnetes Verfahren gewährleisten? Etwa in Libyen in einem dieser Foltergefängnisse? Oder in der deutschen Botschaft? Haben wir die überall? Asylrecht bedeutet für mich, dass Schutzsuchende sicher herkommen und ihren Antrag stellen können. Dann sollte es schnell gehen, die Behörden gut ausgestattet sein.
Mir erscheint das eine Aushöhlung des Asylrechts, wenn außerhalb der EU das ganze Verfahren abgewickelt werden kann.

Sehr geehrte Frau M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und den Hinweis. Bei der Beantwortung des Kandidat*innenchecks habe ich mich leider bei dieser einen Frage verklickt. Ich bin mit Abgeordnetenwatch im Austausch, um das zu korrigieren.
Wir Grüne lehnen die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten ab. Denn solche Initiativen haben nicht nur an sich, dass sie vor Gerichten mit allergrößter Wahrscheinlichkeit scheitern. Sie lenken letztlich vor allem auch von echten, praktikablen und menschenrechtskonformen Lösungen ab und würden sehr viel Geld kosten.
Die Hürden, die bei einer Auslagerung in Drittstaaten entstehen würden, wurden zudem bereits sehr deutlich in einem umfassenden Prüfverfahren mit Anhörung zahlreicher Sachverständiger aufgezeigt, das das Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr durchgeführt hat (https://www.bmi.bund.de/DE/themen/migration/asyl-fluechtlingsschutz/asyl-fluechtlingspolitik/mpk-asylantraege-drittstaaten-artikel.html). Wie auch das Prüfverfahren deutlich macht, ist eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten europa- und völkerrechtswidrig. Das zeigen auch die bisher gescheiterten Versuche durch Großbritannien und Italien.
Wir Grüne setzen stattdessen auf mehr geregelte Migration durch menschenrechtsbasierte Zusammenarbeit mit Dritt- und Transitstaaten. Je besser die Bedingungen für eine geregelte Migration sind, umso weniger besteht die Notwendigkeit für Menschen, ungeplant nach Deutschland zu kommen. Wir Grüne wollen zudem die gemeinsame europäische Migrationspolitik vorantreiben – mit einer fairen, verbindlichen und solidarischen Verteilung von Schutzsuchenden in Europa. Europa geht nur gemeinsam und geordnete Migration funktioniert nur europäisch. Für uns ist es daher klar: Asylanträge von Menschen, die in der EU ankommen oder bereits hier sind, müssen auch in der EU inhaltlich geprüft werden. Dafür ist es auch zwingend notwendig, dass das Recht auf Einzelfallprüfung und das Nichtzurückweisungsgebot immer und überall gelten.
Vor diesem Hintergrund möchten wir die Reform der Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die im letzten Jahr beschlossen wurde, möglichst zügig grund- und menschenrechtskonform und unter Wahrung aller Verfahrensrechte umsetzen. Die besonderen Bedürfnisse vulnerabler Gruppen wie Frauen, Kindern, queeren Menschen oder Menschen mit Behinderung müssen dabei berücksichtigt werden.
In der Hoffnung, dass damit das Missverständnis behoben werden konnte, verbleibe ich
mit zuversichtlichen Grüßen
Linda Heitmann, MdB