Frage an Linda Heitmann von Hans-H. P. bezüglich Finanzen
Der erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg erhält nach Maßgabe der einschlägigen Besoldungsvorschriften ein monatliches Gehalt plus Aufwandsentschädigung von 13.941,74 €, das sind p. a. einschließlich der Weihnachtsgratifikation etwa 180.000,- €.
Der Vorstandsvorsitzende der HSH-Nordbank erhält nach den bekanntgewordenen Informationen neben seinem Vorstandsgehalt (in unbekannter Höhe) eine Sonderzahlung in Höhe von knapp 3.000.000,- €. Das ist mehr als das 16-fache des Bürgermeister-Einkommens. Der Finanzsenator begründet dies mit der außerordentlichen Leistungsfähigkeit des Vorstandsvorsitzenden und dem großen Maß an Verantwortung, welche dieser Mann getragen hat.
Ich habe dazu folgende Fragen:
1. Schließt die außerordentliche Leistung und das Maß an Verantwortung des Herrn Vorststandsvorsitzenden auch die jetzige Situation der HSH-Nordbank ein?
2. Sind die Fähigkeiten des Herrn Vorstandsvorsitzenden und seine Erfolge um ein 16-faches höher zu bewerten als die Fähigkeiten und Leistungen des ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg und hat die Bürgerschaft dann nicht den falschen Mann zum Bürgermeister gewählt?
3. Trifft es zu, dass die Eigentümer der HSH-Nordbank, nämlich u.a. die Läh.Ploennder Schleswig-Holstein und Hamburg, als öffentliche-rechtliche Körperschaften, im Interesse der Haushaltswahrheit und –Klarheit verpflichtet sind, den sie kontrollierenden Verfassungsorganen umfassende und vollständige Auskunft zu erteilen und dass diese Pflicht nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen unterlaufen werden kann und darf ?
4. Es gab eine Zeit, in der eine deutsche Münze die Rand-Umschrift „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ enthielt. Halten Sie es für möglich, dass heute die Umkehrung dieser Regel zur Maxime politischen Handelns geworden ist?
Frdl. Grüße
Hans-H.Ploen
Sehr geehrter Herr Ploen,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Themenkomplex der Zahlungen an Herrn Nonnenmacher.
Ich entnehme Ihren Fragen, dass die Zahlung extrem hoher Geldsummen an Personen in leitenden Positionen für Sie schwer nachvollziehbar ist – insbesondere dann, wenn die von ihnen geleiteten Institutionen nicht solide und nachhaltig geführt wurden. Genau so geht es auch mir.
Zwar sollte verantwortungsvolle Arbeit auch entsprechend entlohnt werden, doch in einigen Fällen, die speziell in letzter Zeit häufig diskutiert wurden, geht die Entlohnung weit über die Vorstellungskraft des „Normalverdieners“ hinaus und ist auch aus meiner Sicht nicht mehr nachvollziehbar. Gleiches gilt, wie ich finde, auch für Abfindungen in schwindelerregenden Höhen.
Wir haben als Bürgerschaft daher kürzlich im Rahmen unseres Beschlusses zu einem staatlichen Schutzschirm für die HSH Nordbank auch festgelegt, dass bei der Bank in Zukunft keine Gehälter mehr gezahlt werden sollen, die die Jahresgrenze von 500.000 Euro übersteigen. Auch beinhaltet der Beschluss, dass zukünftig keine horrend hohen Abfindungen mehr in Neuverträgen verankert werden sollen. Zudem dürfen, sobald die Bank staatliche Hilfen in Anspruch nimmt, keine Sonderzahlungen mehr stattfinden.
Um diesen Beschluss umzusetzen, musste mit Herrn Nonnenmacher allerdings ein neuer Vertrag aufgesetzt werden, der die erwähnte 500.000 Euro-Grenze enthält. Dies war nur durch eine Kündigung oder Auflösung des alten Vertrages möglich, in welchem eine Abfindung von 2,9 Millionen Euro festgeschrieben war. Bei den ausgezahlten 2,9 Millionen Euro handelt es sich somit nicht, wie in der Presse vielfach vermittelt, um Sonderzahlungen, sondern um eine Abfindung, auf die Herr Nonnenmacher trotz zahlreicher Gespräche bestand. Wäre jemand anderes für seinen Posten ausgewählt worden, so wären diese 2,9 Millionen Euro also trotzdem an Herrn Nonnenmacher geflossen, da sie vertraglich zugesichert waren.
Es war also nicht so, dass wir Grüne dieser Zahlung zugestimmt haben. Herr Nonnenmacher hat einen rechtlichen Anspruch auf diese Zahlung aus einem Altvertrag, den der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Herr Peiner ausgehandelt und unterzeichnet hat. Dieser war mit uns Grünen weder abgestimmt, noch waren wir darüber informiert. Einen solchen Vertrag hätte es nie geben dürfen. Dieser Vertrag enthält eine abenteuerliche Klausel, die sogar besagt, dass Herr Nonnenmacher eine Abfindung in Höhe von 2,9 Millionen Euro erhält, wenn er selbst kündigt. Deshalb können wir die Auszahlung leider nicht verhindern.
Ich werde mich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass der Abschluss derartiger Verträge zukünftig nicht mehr vorkommt, sofern dies in meinem Einflussbereich liegt. Die Stadt Hamburg als Anteilseigner der Bank ist wie in allen politischen Feldern verpflichtet, der Bürgerschaft Auskünfte zu erteilen. Allerdings muss sie dabei keine vertraulichen Geschäftsgeheimnisse offenlegen.
Die Regierung stand im konkreten Fall Nonnenmachers vor der Wahl, Herrn Nonnenmacher seine Abfindung zu zahlen, um ihm den neuen Vertrag mit Begrenzung seines Gehaltes vorzulegen oder die Abfindung ebenfalls zu zahlen und eineN neueN VorsitzendeN zu suchen, der die Bank überhaupt nicht kennt und erstmal eine längere Zeit brauchen wird, um sich einzuarbeiten und einen Überblick zu verschaffen. In dieser Abwägung fiel die Wahl auf eine Vertragserneuerung Nonnenmachers. Dies lässt sich kritisieren, die Argumente dafür sind aus meiner Sicht jedoch zumindest nachvollziehbar. Die HSH Nordbank braucht einen handlungsfähigen Vorstand, der die Bank umbaut und verkleinert, damit sie langfristig lebensfähig wird. Gelingt das nicht, müssen die Länder als Eigentümer mit weiterem Steuergeld - dann allerdings in Milliardenhöhe - einspringen. Da es im letzten Jahr nicht gelungen ist, drei freie Vorstandsposten der HSH Nordbank zu besetzen, wäre bei einem zusätzlichen Abgang von Herrn Nonnenmacher die Wahrscheinlichkeit für weitere Belastungen der Steuerzahler massiv gestiegen.
Diese Tatsache ist moralisch unbefriedigend. Hier gibt es nichts zu beschönigen. Doch wie so oft gab es bei der HSH Nordbank leider nur die Wahl zwischen zwei Übeln.
In Bezug auf Ihre letzte Frage zu der Maxime politischen Handelns hoffe ich doch sehr, dass der Grundsatz „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ noch immer gilt. Letztlich hängt dies von den einzelnen politischen Akteuren ab. Eine grundlegende Motivation zum politischen Engagement ist es in meinem Fall, gerade auch jenen Menschen zu helfen, denen es nicht so gut geht wie mir und benachteiligten Bevölkerungsgruppen Chancen zu eröffnen, die für mich vielfach selbstverständlich waren und sind. Eine ähnliche Motivation haben nach meinem Eindruck viele engagierte Politikerinnen und Politiker. Sicher gibt es auch im politischen Betrieb, wie in den meisten Lebensbereichen, schwarze Schafe. Ich denke jedoch, dass es in unserer Demokratie – im Gegensatz zu vielen Bereichen der Wirtschaft - für den Wähler möglich ist, hier ein wachsames Auge zu haben und Einfluss zu nehmen. Gerade das neue Hamburger Wahlrecht bietet in jener Hinsicht viele Chancen.
Mit freundlichem Gruß
Linda Heitmann
Ich möchte ergänzen, dass die Maxime politischen Handelns, nach der Sie unter 4. fragen, gerade in der Zeit, in welcher sie auf den Münzen zu finden war, aus meiner Sicht überhaupt nicht galt. In den Jahren ab 1933 wurden in Deutschland unentschuldbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt, die hoffentlich nie wieder vorkommen werden!