Frage von Siegfried S. •

Warum werden freiwillig Versicherte in der KK im Vorruhestand weiter als freiwillig Versicherte behandelt, obwohl die Bezüge deutlich unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen?

Ich bin Vorruheständler und war jahrelang freiwillig in der gesetzl. Krankenkasse versichert. Durch meine Vorruhestandsregelung bin ich unter die Beitragesbemessungsgrenze (BMG) gerutscht, werde von der Krankenkasse aber weiterhin wie eine freiwillig Versicherte behandelt. Dies hat zur Folge, daß alle meine Einnahmen bis zur BMG mit Krankenkassenbeiträge belegt sind, die von mir ALLEIN zu entrichten sind. Mit u.a. negativen Folgen für meine private Altersvorsorge (z.B. Zinsen usw.)

Aus meiner Sicht widerspricht dies dem Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 GG).

Eine Person, die wie ich ein Vorruhestandsgehalt in gleicher Höhe bezieht, vorher aber pflichtversichert war, ist weiterhin pflichtversichert und muss für keine weiteren Einnahmen KK-Beiträge entrichten. Diejenige hat die gleiche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (bzgl. Vorruhestandsbezügen), zahlt aber ggf. deutlich weniger KK-Beiträge.

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Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vielen Dank für Ihre Frage, ich kann das Unverständnis hier sehr gut nachvollziehen. Ich fürchte diese Regelung beruht auf der Trennung der Versicherungssysteme. Denn in der Tat ist es so, dass Versicherte, die Vorruhestandsleistungen beziehen und während ihrer Beschäftigung wegen Überschreiten der Pflichtversicherungsgrenze freiwillig versichert waren, auch als Bezieherin oder Bezieher von Vorruhestandsgeld weiter freiwillig versichert sind - auch dann, wenn das Vorruhestandsgeld unter der Pflichtversicherungsgrenze liegt.

Hierzu gab es bereits umfangreiche Rechtsprechung, zuletzt 2009 durch das Bundessozialgericht (BSG Aktenzeichen B 12 KR 13/08 R). Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem so:  
'Nur wenn auf den Versicherungsstatus im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgestellt wird, kann auch der Arbeitgeber als Vertragspartner der Vorruhestandsvereinbarung seine Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung vorhersehen. Bei nachträglich begründeter Versicherungspflicht entstehen für ihn sonst nach §§ SGB V § 249, SGB V § 253 SGB V Pflichten zur Tragung und Zahlung von Beiträgen. Wollte man den Eintritt von Versicherungspflicht vom Verhalten des Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsvertrages und vor Beginn der Zahlung von Vorruhestandsgeld abhängig machen, könnte der Arbeitnehmer die Belastungen des Arbeitgebers einseitig verändern.' (BSG Urt. v. 2.9.2009 – B 12 KR 13/08 R, BeckRS 2010, 66571) Der Grund dafür, dass es überhaupt den Status der freiwilligen Versicherung braucht, ist die Trennung der Versicherungssysteme in GKV und PKV. Bestände hier mehr Fairness, Gerechtigkeit und Wahlfreiheit zwischen den Systemen; wäre ein solcher Status nicht nötig und es käme nicht zu manchmal schwer verständlichen gesetzlichen Vorgaben. Nicht zuletzt deswegen setze ich mich weiterhin für eine einheitliche Regelung der Versicherungssysteme hin zu einer echten Bürgerversicherung für alle Menschen in Deutschland ein.

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