Frage an Leo Dautzenberg von Daniel K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag,
im "Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union" (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil I Nr. 23, ausgegeben zu Bonn am 16. Juni 2008) heißt es im § 98 (Einschränkung von Grundrechten):
"Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes), des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) und des Schutzes vor Auslieferung (Artikel 16 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt."
Meine Grundrechte sind nun also eingeschränkt? Was für einen zweck hat die Einschränkung meiner Grundrechte?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kempkens,
im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln der Europäischen Union beschäftigen Sie zwei Fragen:
1) „Meine Grundrechte sind nun also eingeschränkt?“
Nein, Ihre Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit der Person, des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, der Unverletzlichkeit der Wohnung und des Schutzes vor Auslieferung sind nicht per se eingeschränkt. Sie sind, wie Sie selbst richtig zitiert haben, eingeschränkt „nach Maßgabe des Gesetzes“ oder allgemeinverständlich gesprochen: Die Einschränkung erfolgt, soweit sie zur Erfüllung der Gesetzesziele notwendig ist. Diese Einschränkung nach Maßgabe eines Gesetzes ist nach Art. 19 des Grundgesetzes ausdrücklich erlaubt, solange ein Grundrecht nicht in seinem Wesensgehalt angetastet wird. Das ist bei dem zur Diskussion stehenden Gesetz nicht der Fall.
2) „Was für einen Zweck hat die Einschränkung meiner Grundrechte?“
Ziel des Gesetzes ist die effizientere Bekämpfung von grenzüberschreitenden Strafsachen. Der von Ihnen angesprochene „Zweck“ des Gesetzes ist also – vereinfacht gesagt – Ihre Sicherheit. Es geht darum, durch polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit die Menschen besser vor grenzüberschreitender Kriminalität oder Terrorismus zu schützen bzw. Straftaten schneller aufzuklären. Selbstverständlich heiligt der Zweck nicht jedes Mittel. D.h. auch bei der grenzüberschreitenden Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität müssen die individuellen Rechte geschützt werden. In der Europäischen Union ist dieser Schutz in der Europäischen Menschenrechtskonvention adressiert. Über ihre Umsetzung wacht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
Mit freundlichen Grüßen,
gez. Leo Dautzenberg