Frage an Leo Dautzenberg von Daniel K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag,
ich hatte mich bereits einmal mit Fragen zum EU-Reformvertrag an Sie gewandt, darum würde ich jetzt auch gerne Wissen, wie Sie persönlich zu dem Irischen "Nein" stehen?
Denken Sie das man den Vertrag trotzdem "irgendwie" in Kraft setzen sollte, obgleich die EU damit gegen ihre eigenen Gesetze verstoßen würde? Mit Möglichkeiten dazu wird man ja im Moment geradezu bombardiert.
Als ich ihnen das letze Mal eine Frage stellte, gaben Sie an, dass Sie Änderungen am Vertrag verfolgt haben etc. Laut Dr. Hermann Scheer lag der Vertrag dem Bundestag zum Zeitpunkt der Abstimmung allerdings gar nicht in kompletter Form vor. Ich persönlich halte es für sehr sehr bedenklich und vor allem für gefährlich, über unbekannte Dinge abzustimmen. Im Bundestag sieht man das aber wohl anders?
Des weiteren würde ich gerne Wissen, wie Sie zu der Verfassungsklage von Dr. Peter Gauweiler stehen?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kempkens,
gerne beantworte ich Ihre erneuten Fragen zum EU-Reformvertrag.
1. Wie sie meiner vorherigen Antwort entnehmen können, hätte ich mir einen anderen Ausgang des irischen Referendums gewünscht. Das irische „Nein“ bedeutet zweifellos einen Rückschlag für die europäische Integration. Für mich und meine Fraktion ist trotzdem klar, dass das Votum der Iren nicht dazu führen darf, dass der Vertrag von Lissabon – wie im Jahre 2005 der Vertrag über eine Verfassung für Europa – politisch nachverhandelt oder sogar aufgegeben wird. Der Ratifikationsprozess sollte daher fortgesetzt werden, damit der Zeitplan für das Inkrafttreten des Vertrages für die anderen EU-Mitglieder eingehalten werden kann.
2. Ihre auf eine angebliche Aussage des Kollegen Dr. Scheer gestützte Unterstellung, der Deutsche Bundestag entscheide über „unbekannte Dinge“, geht eindeutig fehl. Fakt ist: Der EU-Reformvertrag lag uns Abgeordneten seit dem 28. Februar 2008 in Form eines Gesetzesentwurfes der Bundesregierung vor (Bundestagsdrucksache 16/8300). Die erste Lesung des Gesetzes fand am 13. März statt, danach wurde der Gesetzentwurf an 16 Ausschüsse des Deutschen Bundestages überwiesen. So hatten alle Mitglieder des Bundestages genügend Zeit, sich mit dem Vertag eingehend zu befassen. Darüber hinaus hat sich der Ausschuss für Angelegenheiten der EU in drei öffentlichen Expertenanhörungen mit dem EU-Reformvertrag beschäftigt. Nachdem alle 16 Ausschüsse dem Gesetzentwurf zugestimmt haben, erfolgte die abschließende zweite und dritte Lesung im Plenum am 24. April 2008, wo der Entwurf ebenfalls angenommen wurde.
3. Anders als mein Kollege Dr. Peter Gauweiler sehe ich im EU-Reformvertrag keine Verletzung unseres Grundgesetztes. Trotzdem ist es das gute Recht Peter Gauweilers, Klage gegen den Reformvertrag einzulegen. Letztendlich kann nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob der Vertrag verfassungskonform ist oder nicht.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Leo Dautzenberg