Leni Breymaier MdB, Fotograf: Fionn Große
Leni Breymaier
SPD
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35 / 35 Fragen beantwortet
Frage von Niki D. •

Weshalb grenzen Sie eine bestimmte Gruppe von Frauen, nämlich trans Frauen, aus Ihrem Feminismus aus? Finden Sie die Abschaffung der Zwangsgutachten samt entwürdigender Fragen falsch?

Schließlich sind trans Frauen sehr häufig, gerade weil sie trans sind, von geschlechtsspezifischer, transfeindlicher Gewalt betroffen. Die freie Wahl von Geschlechtseintrag und Vornamen sind Suizidprävention und ein Menschenrecht. Weshalb wollten Sie das verfassungsfeindliche TSG nicht ablösen durch das SBBG? Haben Sie gewusst, welche bis zu vierstelligen Kosten mit dem alten TSG verbunden waren und welchen entwürdigenden Fragen Betroffene sich ergehen lassen mussten? Beispiel: "„Wie oft masturbieren Sie täglich?“, eine von vielen Fragen, die Trans*-Menschen aufgrund psychologischer Gutachten beantworten müssen." Quelle: https://www.edit-magazin.de/das-gesetz-der-fremdbestimmung.html Finden Sie es falsch, dass solche Fragen an trans Personen der Vergangenheit angehören?

Anmerkung der Redaktion
Leni Breymaier MdB, Fotograf: Fionn Große
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau D.,

  

gern beantworte ich Ihre Frage und schicke gleich vorweg:

Wir sind als SPD-Bundestagsfraktion davon überzeugt, dass geschlechtliche Vielfalt und die Selbstbestimmung bei der Geschlechterzuordnung in keinem Konkurrenzverhältnis zu Fraueninteressen und dem Schutz für Mädchen und Frauen stehen. Trans*Menschen sind in hohem Maße struktureller Diskriminierung und alltäglicher Gewalt ausgesetzt. Um Respekt und Akzeptanz ihnen gegenüber zu stärken, habe ich den im Koalitionsvertrag vereinbarten wichtigen Schritt unterstützt, das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz von 1980 abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) zu ersetzen.  Mit diesem neuen Gesetz wurde das bisher oft entwürdigende, langwierige und kostspielige Verfahren abgeschafft, das einer Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags vorausging. Denn Menschen, die sich als im falschen Körper geboren empfinden und die hochgradig belastende Prozesse durchleben, die ich persönlich kaum ermessen kann, müssen vor zusätzlicher Diskriminierung geschützt werden. Dieses Ziel des SBGG befürworte ich.

Mir geht es vor allem um die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen, um ihre Entwicklung und um die weitreichenden Entscheidungen von jungen Menschen, die sich insbesondere in der Pubertät in einer sehr vulnerablen Phase befinden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont in seinem Beschluss vom 11. Januar 2011, dass der Schutz des Grundgesetzes "…auch das Finden und Erkennen der eigenen geschlechtlichen Identität sowie der eigenen sexuellen Orientierung umfasst". Doch das BVerfG fordert nicht, Kinder und Jugendliche in dieser vulnerablen Phase ohne verlässliche, strukturierte Beratungsunterstützung, die zu einer gesicherten, langfristigen Entscheidung befähigen soll, mehr oder weniger allein zu lassen.

Für Kinder und Jugendliche in dieser Phase, in der hoher Beratungsbedarf herrscht, müssen nach meiner festen Überzeugung strukturierte Aufklärungs- und Beratungsangebote vom Gesetzgeber vorgehalten werden.

Weiter kann ich es nicht unterstützen, dass das SBGG keine Vorgaben für umfangreiche Forschungen und Studien zu den Folgen und Auswirkungen sogenannter Pubertätsblocker für Kinder und Jugendliche und zu den Auswirkungen für Erwachsene macht.

Ich meine, das SBGG wird aus diesen Gründen mit seinen Regelungen dem Kindeswohl und dem Selbstbestimmungsrecht der Jugendlichen und Kinder nicht gerecht. Daher habe ich mich bei der Abstimmung enthalten.

  

Mit freundlichen Grüßen

Leni Breymaier

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