Sind die Rasselisten von dem Hamburger Hundegesetz in der jetzigen Form nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil noch aufrechtzuerhalten?
Sehr geehrte Frau Z.,
nach dem Tod von Volkan im Jahr 2000 wurden in Hamburg die Rasslisten eingeführt, im fast selben Zeitraum wurde im Kreis Pinneberg ein 13-jähriges Mädchen von einem Deutschen Schäferhund totgebissen,
diese Hunderasse steht aber nicht
auf der Rasseliste, warum nicht?
Sowohl, der Bullterrier, als auch die meisten Hunderassen der Kat.3 müssten nach dem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts zur Gefahrerforschungspflicht der Gesetzgeber vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01 – I 97 c), von der Hamburger Rasseliste gestrichen worden sein, weil sie seit Jahren in keine Beißvorfälle verwickelt sind. Die bisherige Begründung seitens des Senats, dass sich das Hamburger Hundegesetz bewährt hat und Hamburg kein Flächenstaat ist, greift bei dem Verfassungsgerichtsurteil nicht. Warum werden, wie in anderen Bundesländern nicht einige Rassen von den Listen gestrichen? Würde ggf. erst die Klage eines Listenhunde-Halters die Rechtslage klären?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage zum Hamburgischen Gesetz über das Halten und Führen von Hunden. Für die Beantwortung habe ich mit dem zuständigen Fachressort in der Fraktion und der Behörde Rücksprache gehalten.
Die Rechtsvorschriften der meisten Bundesländer sehen Rasselisten für Hunde vor, ebenso der Bund bei seinem Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz. Das betrifft neben Hamburg auch vergleichbare Bundesländer mit großen Städten und urbanen Ballungszentren. Lediglich Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen verzichten auf Rasselisten.
Das Hamburger Hundegesetz, das 2006 verabschiedet wurde, verfolgt einen gefahrpräventiven Ansatz, ebenso wie die zuvor geltende Hundeverordnung. Inzwischen besteht für alle Hunde in der Stadt eine Anmelde-, Chip- und Haftpflichtversicherungspflicht. Die zuständige Behörde überprüft kontinuierlich die Auswirkungen des Hundegesetzes über die nach § 26 Hundegesetz zu führenden und jährlich zu veröffentlichenden Beißstatistiken.
Es gibt Hunderassen, die aufgrund ihrer Zucht und ihrer körperlichen Konstitution ein deutlich erhöhtes Gefahrenpotential aufweisen. Entsprechend sind in § 2 Abs. 3 HundeG Hunderassen genannt, bei denen eine Gefährlichkeit vermutet wird (sog. Kategorie-3-Hunde). Hierbei handelt es sich um muskulöse, schwere und sehr große Rassen oder scharfe Hütehunde. Aufgrund der Größe des Gebisses und der Stärke der Beißkraft bei diesen Rassen besteht die Gefahr, dass Verletzungen insbesondere bei Kindern tödlich verlaufen können.
Ferner gibt es zusätzlich zur Rasseliste die Möglichkeit, Regelungen zu treffen, die rasseunabhängig sind und ausschließlich an das konkrete Verhalten eines Hundes anknüpfen. Diese Einzelfallbetrachtung ist allerdings zur Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge weniger geeignet, da sie erst nach einem individuellen Vorfall greift. Anordnungen erfolgen hier also zu einem vergleichsweise späten Zeitpunkt - häufig erst nachdem bereits ein Schaden bzw. eine Verletzung eingetreten ist. In einer Metropole wie Hamburg, in der viele Menschen und Tiere auf engem Raum zusammenleben, ist dieses Vorgehen gerade bei Hunderassen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial nicht ausreichend. Beißstatistiken werden seitens der Behörde regelmäßig untersucht und es lässt sich zwar bei gefährlich eingestuften Hunden im Vergleich zu anderen Hunderassen keine überproportionale Anzahl von Beißvorfällen erkennen, jedoch liege dies weniger an einer potenziell geringeren Gefährlichkeit der Hunde, sondern an den Regelungen des Hundegesetz. Eine fehlende Auffälligkeit der Hunde wird somit als Bestätigung dafür angesehen, dass das Hundegesetz Wirkung zeigt, sodass eine Änderung der Rasseliste nicht als notwendig erachtet wird.
Daher hält Hamburg weiterhin an der Rasseliste fest. Vertiefte Informationen können Sie der Antwort auf die schriftliche kleine Anfrage aus dem Jahr 2019 entnehmen (Microsoft Word - 18691ska (buergerschaft-hh.de)).
Mit freundlichen Grüßen,
Lena Zagst