Frage an Lena Zagst von Victoria S. bezüglich Recht
Hallo Frau Zagst,
gibt es konkrete Pläne, Straßennamen, die nach Tätern aus der Kolonialzeit benannt wurden, umzubenennen? Wenn nicht, wie können wir das Thema vorantreiben?
Liebe Frau Schmidt-Rieche,
vielen Dank für Ihre Frage.
Hamburg hat als Hafen- und Handelsstandort wesentlich zur aktiven Kolonialpolitik des deutschen Reiches beigetragen. Koloniale Spuren finden sich immer noch im gesamten Stadtbild - auch in Form von schwer belasteten Straßennamen, die nach wie vor die Verbrechen von Kolonialkriegern würdigen. Dies ist geschichtsverzerrend, diskriminierend und gewaltverherrlichend. Die Notwendigkeit der Aufarbeitung der postkolonialen Vergangenheit Hamburgs ist uns als grüne Bürgerschaftsfraktion bewusst und wir treiben das Thema seit mehreren Jahren aktiv voran. Auch für diese Legislaturperiode ist die Aufarbeitung des kolonialen Erbes als klarer Arbeitsauftrag in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden:
/ // "Innerhalb der Kolonialzeit wurden schwere Verbrechen begangen und ganze Kontinente ausgebeutet - mit Folgen, die heute noch zu spüren sind. Daraus erwächst die Verantwortung, das koloniale Erbe der Stadt weiter aufzuarbeiten. Gemeinsam sollen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft ein tragfähiges postkoloniales Erinnerungskonzept für die Stadt und ihre koloniale Verantwortung erarbeiten."/ //
Konkret bedeutet das für uns die Fortschreibung des gesamtstädtisches Erinnerungskonzeptes unter Einbindung der Communities von schwarzen Menschen und People of Color und allen
weiteren Initiativen und Gruppen, die das Thema aktiv und kritisch begleiten, sowie durch die Zusammenarbeit mit unserer Partnerstadt Daressalam (Tansania). Das Konzept wurde durch mehrere grüne Anträge weiterentwickelt und umfasst, neben einer Forschungsstelle an der Uni
Hamburg, einem runden Tisch zur Beratung mit den Initiativen und Gruppen, der Einberufung eines Beirates zur Beratung der Kulturbehörde und der Befassung mit dem Umgang mit kolonial belastetem Museumsgut auch die Umbenennung von Straßennamen und die Aufklärung im Hinblick auf koloniale Denkmäler. Es geht darum, einen breiten Ansatz zu finden, um den Bewusstseins- und Verankerungsprozess weiter zu vertiefen und den eigenen Eurozentrismus zu hinterfragen.
Einzelmaßnahmen, wie die Umbenennung konkreter Straßen, werden auf Bezirksebene umgesetzt. Sie werden von den Bezirksversammlungen vorgeschlagen und nach Einholung einer historischen Expertise durch das Staatsarchiv dem Senat vorgelegt, der die Entscheidung trifft. In meiner Funktion als Mitglied der Bezirksversammlung in Hamburg-Mitte werde ich dieses Themaauch mit meiner Bezirksfraktion besprechen.
Konkret geschehen ist dies in den letzten Jahren in Altona: Die Pfitznerstraße wurde hier nach einer Anwohnerbefragung in Friedensallee umbenannt. In Wandsbek wurde die Umbenennung der Wißmannstraße und des Dominikwegs beschlossen, eine Umsetzung steht jedoch noch aus. Auch eine Umbenennung der Walderseestraße ist angedacht, wird hier durch einige Anwohner*innen ausgebremst, die die Kosten einer Adressänderung - trotz finanzieller Unterstützung - fürchten. Hier muss die Bedeutsamkeit des Themas weiter in die breite Bevölkerung gestreut und der Dialog mit Anwohner*innen gesucht werden.
Es ist uns wichtig, das Thema sowohl durch Einzelmaßnahmen als auch auf gesamtstädtischer Ebene anzugehen und es besteht an vielen Stellen ein Bedarf nach einem Austausch mit den Initiativen in diesem Bereich. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam einiges erreichen können.
Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Herzliche Grüße
Lena Zagst