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Lars Castellucci
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Frage von Julian D. •

Sind Sie sich dessen bewusst, dass Sie mit Ihrem Entwurf zur Sterbehilfe die Versorgungslage für psychisch Kranke weiter verschlechtern und wahrscheinlich Wartezeiten von Jahren verursachen werden?

Sehr geehrter Herr D. C.,

Verwundert las ich über den neuen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vom 27.01.2022, an dem Sie beteiligt waren. Nachdem ich etwas darüber nachgedacht habe, bin ich einfach nur noch entsetzt.
Schon jetzt sind die Wartezeiten für einen Behandlungstermin bei Psychiatern Monate lang. Ein Gutachten zu erstellen bedeutet einen viel größeren zeitlichen Aufwand als ein gewöhnlicher Behandlungstermin. Nehmen Sie durch Ihren Entwurf daher nicht weitere, der nicht ausreichenden vorhandenen, Ressourcen für die Behandlung von psychischen Erkrankungen weg?
In den Niederlanden muss man zudem zwei Jahre auf eine Begutachtung durch einen Psychiater bei einem Sterbehilfegesuch mit psychischer Erkrankung warten. Das sind nur 2% der Fälle. Wenn alle Gesuche begutachtet werden müssen, muss sicher länger gewartet werden. Kommt das nicht einer Verhinderung gleich?
https://www.dutchnews.nl/news/2020/09/euthanasia-centre-has-two-year-wait-to-assess-mental-health-complaints/

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr D.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Wir wollen Suizide nicht komplett verhindern, das geht auch gar nicht, sondern wir wollen Selbstbestimmung sichern. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Neuregelung der Suizidbeihilfe einige Hinweise gegeben: Es gibt eine Pflicht des Staates, die Selbstbestimmung zu schützen. Dafür können gesetzlich Sicherungsmechanismen verankert werden. Dieses Schutzkonzept soll mehrstufig sein, mit verbindlicher und multidisziplinärer Beratung.

Damit dies auch leistbar wird, stellen wir dem Gesetzentwurf unseren Antrag  mit dem Titel “Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen” zur Seite. Die psychiatrische und psychotherapeutische Betreuung und Beratung muss ausgebaut werden. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung vonnöten, um darüber hinaus Einsamkeit und mangelnder gesundheitlicher und pflegerischer Versorgung durch Hilfe, Beratung, Unterstützung entgegenzutreten. Daher kann der Herausforderung nur mit einer zusätzlichen Präventionsstrategie begegnet werden, die einen Schwerpunkt auf ärztliche Beratung und Betreuung legt.

Mit freundlichen Grüßen,

Lars Castellucci

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