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Konstantin Kuhle
FDP
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Frage von Anton v. •

Wie stehen Sie dazu, dass die FDP, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik, im Bundestag bei einer Abstimmung mit Rechtsextremen kooperiert? (Abstimmung 29.1.2025)

Sehr geehrte Herr Kuhle,

erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wurde im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit Hilfe der Stimmen von der AFD zusammen gestellt, initiiert von der CDU und unterstützt von der FDP.

Wie stehen Sie persönlich zu dieser Zäsur? Hat die FDP auch in Zukunft die Absicht mit Rechtsextremen zu paktieren? Wird die FDP selbst immer mehr zu einer rechten Partei und begräbt ihre Freiheitlich Demokratischen Prinzipien?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr v. L.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich habe weder am 29. Januar für den Antrag der CDU/CSU noch am 31. Januar für das so genannte Zustrombegrenzungsgesetz gestimmt, weil ich es aus grundsätzlichen Erwägungen ablehne, im Deutschen Bundestag mit den Stimmen der AfD Anträge oder Gesetze zu beschließen. Die gesamte deutsche Politik hat in der betroffenen Sitzungswoche des Bundestages eine sehr schlechte Figur gemacht. Die Debatten dieser Woche und der darauffolgenden Tage haben vor allem der AfD genutzt. An diesem Schauspiel wollte ich mich nicht beteiligen und habe mich deswegen entschieden, nicht an den Abstimmungen teilzunehmen. Ich respektiere meine Kolleginnen und Kollegen, die angesichts der schrecklichen Anschläge und Straftaten der vergangenen Monate ein deutliches Zeichen für eine andere Migrationspolitik setzen wollten. Ich selbst bin aber der Überzeugung, dass diese Abstimmungen im Bundestag einen großen Schaden angerichtet haben.

Deutschland braucht eine neue Migrationspolitik, mit der der Zuzug in das Asylsystem deutlich begrenzt wird und mit der die Ausreisepflicht von Ausländern auch tatsächlich und in größerem Maße durchgesetzt wird. Die FDP-Fraktion hat in der betroffenen Sitzungswoche alles versucht, zwischen den demokratischen Parteien einen Konsens für diese Richtung zu erzielen. Am 29. Januar haben wir einen eigenen Antrag zur Migrationspolitik in den Bundestag eingebracht. Sie finden ihn unter folgendem Link: https://dserver.bundestag.de/btd/20/147/2014713.pdf.

In der Sache enthält das am Freitag der betroffenen Sitzungswoche abgestimmte Gesetz einige richtige Ansätze. Für eine neue Migrationspolitik in Deutschland braucht es jedoch wesentlich weitreichendere Schritte. Ich bedauere es, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, es habe sich bei dieser Abstimmung um die entscheidende Abstimmung für eine neue Migrationspolitik in Deutschland gehandelt. Das entspricht nicht den Tatsachen. Zudem hatten die Länder bereits mehrheitlich angekündigt, das Gesetz im Bundesrat scheitern zu lassen. Die Debatte und die Abstimmung über das Gesetz haben also zu einer großen Zerrissenheit in der Gesellschaft geführt, ohne an der migrationspolitischen Realität in unserem Land irgendetwas ändern zu können. Wer eine andere Migrationspolitik möchte, muss einer demokratischen Mehrheit für dieses Vorhaben zu einer Mehrheit verhelfen. Die FDP wird sich auch nach der Bundestagswahl mit aller Kraft für eine neue Migrationspolitik in Deutschland einsetzen.

Es geht mir nicht darum, das eigene Abstimmungsverhalten oder gar das Einbringen von Anträgen davon abhängig zu machen, was die AfD tut oder lässt. Wenn es im Bundestag, so wie in den vergangenen 75 Jahren üblich, feste Mehrheiten gibt, spielt es keine Rolle, was die AfD tut. Richtige Anträge oder Gesetze werden nicht dadurch falsch, weil die AfD ihnen zustimmt. Die Abstimmungen der betroffenen Sitzungswoche waren allerdings die ersten Abstimmungen seit Gründung der Bundesrepublik, bei denen es gerade auf die Stimmen einer rechtsextremen Partei angekommen ist. Das hat es noch nie gegeben. Es würde den Charakter des Regierungssystems der Bundesrepublik Deutschland fundamental verändern, wenn plötzlich eine Partei einen konkreten Einfluss auf die Geschicke unseres Landes hätte, in der Rechtsextremisten den Ton angeben und die Teil der hybriden Kriegsführung des russischen Staates gegen unsere Demokratie ist. Über diese Punkte konnte auch die Aufgeregtheit des Wahlkampfs nicht hinwegtäuschen.

Mit freundlichen Grüßen,
Konstantin Kuhle

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