Portrait von Konstantin Kuhle
Konstantin Kuhle
FDP
93 %
127 / 137 Fragen beantwortet
Frage von Gerhard Z. •

Seit über 10 Jahren ermittelt die Kirche im Missbrauchsskandal! Muss nicht die Staatsanwaltschaft die Ermittlung übernehmen denn seit wann dürfen Täter gegen sich selber ermitteln?

Man stelle es sich doch einmal vor! Der Dieb ermittelt selber über seine Taten und legt die Strafe fest!
Die Rechtslage doch eindeutig. Es gibt keine Ausnahmen von der Strafverfolgung für die Kirche und ihre Priester wie bei der Immunität von Parlamentariern oder Diplomaten. Es gibt auch kein Recht der Kirche – etwa unter Hinweis auf das Kirchenrecht und die eigene Strafgewalt –, ihre Institution von strafrechtlichen Eingriffen frei zu halten. Unabhängig von dem eigenen kircheninternen Sanktionsverfahren gilt für Straftaten des StGB das staatliche Strafverfahren und kirchenangehörige Täter können und müssen entsprechend auch vor ordentlichen Gerichten bestraft werden. Als erstes müsste von der Staatsamwaltschaft geklärt werden welche Taten überhaupt wirklich verjährt sind! Auf ihre Antwort als Volljurist bin ich gespannt!

Portrait von Konstantin Kuhle
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Z.,

vielen Dank für Ihre Frage zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche, auf die ich Ihnen gerne antworten möchte.

Ich verstehe gut, dass Sie das bisher oft praktizierte Vorgehen empört, wonach die Kirche die Missbrauchsfälle selbst aufzuklären vorgibt. 

In der Tat ist es Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols, dass allein die Staatsanwaltschaften und ihre Ermittlungspersonen zur Aufklärung und Anklage von Straftaten berufen sind. Dem darf sich auch die katholische Kirche nicht länger entziehen.

Wie Sie richtigerweise feststellen, gibt es auch nach bereits geltendem Recht keinen überzeugenden Grund dafür, warum die Strafverfolgungsbehörden in derartigen Fällen nicht eingreifen sollten. Ich sehe daher die Staatsanwaltschaften in der Pflicht, konsequent die Ermittlungen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich aufzunehmen, das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts zu prüfen und sodann gegebenenfalls auch Anklagen zu erheben.

Mit der gleichen Entschlossenheit hat bereits vor einigen Jahren beispielsweise die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag umfassende staatliche Ermittlungsmaßnahmen bezüglich der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche gefordert (https://www.sueddeutsche.de/panorama/kirche-hannover-fdp-fraktionschef-haerter-gegen-katholische-kirche-vorgehen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-181010-99-305125). Dieser Forderung schließe ich mich unmissverständlich an.

Zugleich müssen wir auch auf politischer Ebene überprüfen, ob und wenn ja welche gesetzgeberischen Konsequenzen wir aus den neuerlich bekannt gewordenen Missbrauchsfällen zu ziehen haben. Seien Sie versichert, dass wir diese Prüfung zum Gegenstand unserer parlamentarischen Arbeit machen werden.

Ich hoffe, Ihnen eine zufriedenstellende Antwort auf Ihre Frage gegeben zu haben. Für weitere Rückfragen erreichen Sie mich unter konstantin.kuhle@bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen,

Konstantin Kuhle

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Konstantin Kuhle
Konstantin Kuhle
FDP