Frage an Klaus-Peter Willsch von Stephanie B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Willsch,
Ich habe in den Niederlanden studiert. Erst Kunsttherapie (B.A.), danach habe ich über einen 1 1/2 –jährigen PreMaster direkt den Master der Psychologie (M.Sc.) erlangt. Dann bekam ich eine Arbeitsstelle in Deutschland. Viele waren begeistert über den Bachelor Kunsttherapie, sprachen von „Zusatzqualifikation“.
Dann wollte ich mich zur „psychologischen Psychotherapeutin“ weiterbilden. Schnell kam die Ernüchterung: Für die Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin könne ich nicht zugelassen werden. Die Zulassungsbedingungen besagen, dass man einen Master UND einen Bachelor der Psychologie benötigt. Den Bachelor der Psychologie besitze ich jedoch nicht. Man könnte meinen, dass der Master mehr zählt aber es steht in den Regeln, dass man beides braucht. Ich lies dies vom Landesprüfungsamt prüfen und 11 Monate war es offiziell: Zulassung abgelehnt.
Es gibt auch noch die Ausbildung zur „Kinder- und Jugendpsychotherapeutin“. Und zu der werden auch Sozialpädagogen zugelassen, also ich doch auch. Aber: Es geht nicht! Ja, Sozialpädagogen werden zugelassen ABER für Psychologen gelten die gleichen Zulassungsbedingungen, wie bei der Ausbildung für Erwachsene. Ja, ich bin qualifizierter als ein Sozialpädagoge im Bereich des psychologischen Arbeitens aber „wir halten uns hier immer noch an die Gesetzte. Und die Gesetze mit Bezug auf Bachelor und Master sind noch nicht so weit in Deutschland“.
Nun stehe ich also da. 6 ½ Jahre Studium, 3 Jahre Arbeitserfahrung als Psychologin mit tollen Arbeitszeugnissen und dennoch wird es mir nicht gestattet mich weiter zu bilden. Und das, weil die Gesetze im Bereich Bachelor und Master „noch“ nicht so weit sind.
Ich frage Sie, wie es, 16 Jahre nach Unterzeichnung des Bologna -Abkommens, mit den Gesetzen „noch nicht so weit“ sein kann? Auf meinem Weg durch Regel, Gesetze und Ämter, habe ich Viele getroffen, denen es genau so geht wie mir. Kann es wirklich so weitergehen?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Bottlinger,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Bitte sehen Sie es mir nach, dass Sie auf eine Antwort derart lange warten mussten.
Die Ausbildung zum Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten ist im Psychotherapeutengesetz (PsychThG) sowie der dazugehörigen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-APrV) geregelt. Nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a) PsychThG ist Voraussetzung für den Zugang zur Ausbildung eine im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie, die das Fach Klinische Psychologie einschließt. Ein in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworbenes Diplom im Studiengang Psychologie steht einem deutschen Hochschulabschluss nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b) gleich.
Mit Blick auf die Kultushoheit der Länder hatte der Bundesgesetzgeber darauf verzichtet, die hochschulischen Abschlüsse im Gesetz zu benennen. Erwähnt werden daher weder die damals geltenden Studienabschlüsse des Diploms oder Magisters noch die heutigen Bezeichnungen des Bachelors oder Masters.
Für die Durchführung des PsychThG sind die Länder zuständig. In Erfüllung dieser Aufgabe haben sie im Jahr 2006 festgestellt, dass nach den "Ländergemeinsamen Strukturvorgaben gemäß § 9 Absatz 2 Hochschulrahmengesetz für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen" grundsätzlich nur ein Masterabschluss in Psychologie die Anforderungen des Psychotherapeutengesetzes in der derzeitigen Fassung erfüllt.
Mit dem Verweis auf die Klinische Psychologie als Bestandteil der Abschlussprüfung enthält der Wortlaut des PsychThG darüber hinaus eine inhaltliche Anforderung an das Psychologiestudium. Diese erfüllt in aller Regel nur ein "Klinischer Master" in Psychologie. Die Voraussetzungen für den Erwerb einen solchen Mastertitels werden von den jeweils Hochschulen festgelegt. Sie umfassen unter anderem psychologische und klinisch psychologische Lehrveranstaltungen, deren Belegung in einem bestimmten Umfang nachgewiesen werden muss. De facto wird in Deutschland der Zugang zu einem Studium, das dem Erwerb des "Klinischen Master" dient, damit fast ausschließlich nur Personen eröffnet, die ein vorangegangenes Bachelorstudium der Psychologie erfolgreich abgeschlossen haben.
Aus Ihrer Anfrage geht nicht hervor, ob Sie über einen "allgemeinen" psychologischen Master- oder einen "klinisch" psychologischen Masterabschluss verfügen. Nur letzterer würde nach PsychThG § 5 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a) (siehe oben) aber für eine Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin qualifizieren.
Es tut mir leid, dass Sie sich in den Untiefen des Bolognaprozesses förmlich verheddert haben. Die Kultus- und Hochschulbürokratien scheinen mir selbst manchmal nicht mehr recht durchzublicken. Immerhin ist ihnen zuzugestehen, dass sie versuchen, Verwässerungen unserer Ausbildungsgänge zu verhindern, indem sie bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse eher zurückhaltend vorgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Willsch