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Klaus-Peter Willsch
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Frage von Urs S. •

Frage an Klaus-Peter Willsch von Urs S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Willsch,

ich habe Ihre Meinung zum Euro und den Rettungsmaßnahmen im Radio und auf Ihrer Internetseite verfolgt. Sie sprechen sich ja eindeutig gegen jegliche gemeinsame Haftung und Unterstützung und für völlige Eigenverantwortlichkeit aller Euro-Staaten aus, weil es am Anfang augenscheinlich so vereinbart wurde. Auch Ihren Vorschlag für einen Euro 2.0 habe ich gelesen. Dabei stellte sich mir einige Fragen.

Wieso sollte es, wenn Ihre Vorschläge umgesetzt würden, überhaupt noch eine Gemeinschaftswährung geben? Ein System von nationalen Währungen mit einem festen Wechselkurs, der zu bestimmten Zeiten angepasst werden könnte (z.B. Abwertung für Länder mit hohen Kosten), wäre Ihrem Euro 2.0 wohl ähnlich, wäre aber flexibler und weniger (EU-)bürokratisch. Warum sollten denn Staaten mit gewissen Problemen an einem Euro 2.0 überhaupt teilnehmen, welche Vorteile böten sich ihnen?

ich glaube zudem, dass eine völlige Trennung der Verantwortung in einer gemeinsamen Währungszone auf Dauer illusorisch ist. Wenn man eine gemeinsame Währung will, dann gehört letztendlich eine zumindest teilweise gemeinsame Haftung, aber auch Integration in der Wirtschafts- und Finazpolitik dazu. Ansonsten sollte man zu Einzelwährungen zurückkehren. Daher meine letzte Frage: Müssten/Sollten wir den Euro Ihrer Meinung nach nicht konsequenterweise aufgeben (da Sie gemeinsame verantwortung ablehnen und Ihr Vorschlag für ein Euro 2.0 meiner Meinung nach nicht dauerhaft funktioniert)?

Mit freundlichen Grüßen
Urs Schaefer-Rolffs

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Sehr geehrter Herr Schaefer-Rolffs,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Eine Gemeinschaftswährung muss allen Beteiligten Nutzen bringen. Gerade das tut der Euro nicht. Für einige Länder ist er zu stark, für andere ist er zu schwach. Genauso verhält es sich mit der Geldpolitik. Die Zinsen sind für Deutschland zu niedrig, wir haben negative Realzinsen, d.h. Sparer werden schleichend enteignet. Mit Blick auf die Situation in den Peripherieländern steht die EZB aber eher unter Druck, die Zinsen weiter abzusenken. Das Konzept eines Euro 2.0 sieht einen Neuzuschnitt des Währungsgebietes vor. Ich habe das Konzept im Herbst 2011 erarbeitet. Damals bestand noch die Aussicht, mit einer größeren Gruppe von Staaten das symbolträchtige Experiment zu retten.

Sie fragen, welche Vorteile der Euro 2.0 den Staaten bringen würde? Genau die Vorteile, die eigentlich der Euro den Staaten bringen sollte, aber aus verschiedenen Gründen nicht gebracht hat. Die Konvergenztheorie ist gescheitert. Mit dem Euro 2.0 könnten wir einen richtigen Neuanfang starten. Außerdem könnten die Staaten, die nicht teil des Euro 2.0 Währungsgebietes wären, Anstrengungen zur Erlangung von Wettbewerbsfähigkeit unternehmen (z.B. durch Abwertung), ohne dass die Maßnahmen von außen übergestülpt würden. Es ist falsch, dass ich mich als deutscher Abgeordneter ständig mit der Innenpolitik anderer Länder auseinandersetzen muss. Das ist nicht meine Idee von einem vereinten Europa. Gerade die Staaten des Ostblocks strebten in die EU, weil die EU immer für eine Gemeinschaft der Freiheit und des Rechts galt. Nun sieht man wieder, dass Staaten unter Kuratel gestellt werden.

Sie sprechen von einer zumindest teilweisen gemeinsamen Haftung, aber auch von einer gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik, wenn man eine gemeinsame Währung möchte. Hier möchte ich kritisch anfragen, welches Parlament denn den Euro-Finanz- und Wirtschaftsminister kontrollieren sollte? Und mit welcher Legitimität? Ein deutscher Europaabgeordneter vertritt 800.000 Bürger, ein luxemburgischer MdEP 80.000. Das hat mit "no taxation without representation" oder "one man-one vote" nicht viel zu tun. Unser Bundesverfassungsgericht legt regelmäßig in seiner Rechtsprechung größten Wert auf den gleichen Erfolgswert der Wählerstimmen. Außerdem kann natürlich nicht ein Parlament der 27 die Angelegenheit der 17 regeln.

Ich fürchte, Sie haben recht mit Ihrer Vermutung, dass der Euro dauerhaft zum Scheitern verurteilt ist. Irgendwann wird der erste Staat aussteigen. Das wird nicht Deutschland sein, aber in anderen Ländern rumort es auch. Wenn ein Pferd tot ist, muss man absteigen.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Peter Willsch MdB

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