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Klaus Mindrup
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Frage von Leo S. •

Frage an Klaus Mindrup von Leo S. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Sehr geehrter Herr Mindrup,

mich würde interessieren auf welcher Basis Sie ihre Entscheidung getroffen haben, dem Entschließungsantrag der Partei Die Linke vom 19. Oktober 2019 zur Evakuierung aller unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge von den Ägäischen Inseln, nicht zu zustimmen. Heute brennt ein Lager auf griechischen Insel Lesbos. NGOs berichten seit Monaten von katastrophalen Zuständen. Bereits zum Zeitpunkt Ihrer Abstimmung müsste Ihnen bewusst gewesen sein, dass Ihre Stimme menschenunwürdige Zustände akzeptiert. Wie lässt sich dies für Sie mit einer Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei und mit dem Grundsatzprinzip der Solidarität vereinbaren.

Ich danke bereits jetzt für eine Antwort. Und ich würde mich freuen, sollten Sie Ihr Abstimmungsverhalten mittlerweile bedauern und sich hier für eine solidarische und menschenwürdige Lösung politisch vehement einsetzen.

Mit herzlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Struck,

ich danke Ihnen für Ihre Frage.
Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung! Die Integration Geflüchteter ist eine große Herausforderung, bedeutet viel Arbeit und ist keine einfache Angelegenheit. Deswegen habe ich vor fünf Jahren den Pankower Runden Tisch Arbeit, Ausbildung, Integration ins Leben gerufen und koordiniere ihn seitdem. Verwaltung, Unternehmen, Träger und Unterstützer der sozialen Arbeit mit Geflüchteten arbeiten seitdem dort erfolgreich zusammen, um Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Weiterhin hat die Wohnungsbaugenossenschaft, in deren Aufsichtsrat ich sitze, überproportional vielen Geflüchteten Wohnungen gegeben und besondere Integrationsanstrengungen unternommen.
Wir kommen in diesen Projekten voran, das Ganze ist aber alles andere als ein Selbstläufer, sie benötigen viel Engagement und Arbeit.
Vor allem die Schaffung von Wohnraum, aber nicht nur für Geflüchtete, stellt uns in diesem Zusammenhang, weiterhin vor große Herausforderungen.
Die Situation in den griechischen Flüchtlingslagern ist unhaltbar. Das Feuer im Lager in Moria hat erneut vor Augen geführt, dass jetzt eine Lösung für die betroffenen Flüchtlinge nötig ist. Unbegleitete Minderjährige, Familien mit Kindern und Frauen leiden besonders unter den menschenunwürdigen Bedingungen auf Lesbos und den anderen Inseln. Aber alle Maßnahmen müssen mit der griechischen Regierung verhandelt werden. Natürlich erkennen wir die Souveränität Griechenlands an und gerade vor dem Hintergrund des kritischen Verhältnisses zwischen unseren Ländern, auch durch die Geschichte der deutschen Besetzung Griechenlands im zweiten Weltkrieg werden wir keinesfalls versuchen, Regierung und Behörden in Griechenland etwas vorzuschreiben oder in irgendetwas zu übergehen.

Klar ist, im Bund ist die SPD in der Frage der Flüchtlingshilfe die treibende Kraft in der Koalition und dass das Thema ständig Gegenstand harter Auseinandersetzungen ist. Wir haben als SPD die Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria schon vor Monaten in Verhandlungen mit der CDU/ CSU durchgesetzt. Die Aufnahme Geflüchteter durch mehrere europäische Länder lief zuletzt mehr als schleppend. Auch wenn Deutschland bisher mit Abstand die meisten Menschen aus Griechenlandaufgenommen hat, ist das nicht ausreichend.
Wir warten nicht, bis die anderen Europäischen Länder handeln oder eine gesamteuropäische Lösung gefunden ist. Die Hilfe ist jetzt nötig und nicht erst in einigen Monaten. Deutschland hat daher ein Zeichen gesetzt und der griechischen Regierung ein deutliches Angebot gemacht. 175 Städte und Gemeinden und viele Länder haben sich bereit erklärt, über die Aktion „Seebrücke“ Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen. Darunter übrigens auch viele CDU/CSU geführte Länder. Deutschland soll umgehend in der Größenordnung Geflüchtete aufnehmen, wie bereits Zusagen aus den Ländern und Kommunen vorliegen.
Dass das Bundesinnenministerium zunächst blockiert hat, diese dringend notwendige Hilfe zu leisten und ist damit in der Bevölkerung und auch bei Vertretern der CDU/CSU auf Unverständnis gestoßen. Es ist gut, dass sich die CDU/CSU auf unseren Druck hin endlich bewegt hat.

Die Einigung der Koalition, jetzt 1553 Geflüchtete in der Bundesrepublik aufzunehmen, ist ein unmissverständliches Signal, dass die Bundesrepublik eine maßgebliche Zahl von Flüchtlingen aus den Lagern evakuieren will und, dass Deutschland im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft bis Ende nächster Woche bei den anderen EU-Mitgliedstaaten für eine Beteiligung an einem solchen Aufnahmeprogramm wirbt. Im Rahmen eines gemeinsamen Evakuierungsprogramms mit unseren europäischen Partnern soll unser Land über die jetzt Aufzunehmenden hinaus eine weitere große Zahl an Geflüchteten aufnehmen. Deutschland nimmt nun insgesamt ca. 2750 Personen aus Griechenland auf, 981 mit den Zusagen seit März, 150 unbegleitete Minderjährige mit der Entscheidung vom vergangenen Freitag plus nun 1553, hauptsächlich Kinder und ihre Familien.

Wir begrüßen die Zusagen aus Deutschland für humanitäre Hilfe und die Entsendung des THW. Zu der umfangreichen humanitären Hilfe vor Ort aus Deutschland zählen, bis jetzt etwa 1028 Zelte, 7000 Schlafsäcke, 1400 Feldbetten, 22 Sanitärcontainer, Decken und Schlafunterlagen.

Sie nehmen in Ihrer Frage Bezug auf die Abstimmungen im Deutschen Bundestag zu Anträgen aus den Oppositionsfraktionen zum Thema Aufnahme von Geflüchteten.
Demokratie bedeutet auch Verbindlichkeit und die Einhaltung von Regeln. In jeder Koalition, gleich ob auf Bundesebene oder auf Landesebene - z.B. in Hessen oder Baden-Württemberg mit schwarz-grüner Koalition - gilt, dass die Koalitionspartner intern hart streiten, aber dann gemeinsam abstimmen.
Es gibt im Übrigen in Deutschland neben den Abstimmungen in der Koalition auch immer wieder die Möglichkeit von Abstimmungen über die Fraktionsgrenzen hinaus. Dies geht dann, wenn sich durch zahlreiche Hintergrundgespräche ein überparteilicher Konsens abzeichnet. Das Vorpreschen von Bündnis 90/Die Grünen, in der Frage der Aufnahme von minderjährigen Geflüchteten im März, hat allerdings einen solchen überparteilichen Konsens erschwert. So dramatisch zugespitzt, wie die Lage jetzt ist, ergibt sich nun vielleicht die Chance, einen solchen Konsens für mehr Einwanderung zu finden.
Dies setzt aber auch voraus, dass wir in Deutschland unsere Integrationsanstrengungen deutlich erhöhen. Das bedeutet konkret, die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt und massiven Wohnungsneubau stärker zu fördern, um die dramatische Lage am Wohnungsmarkt - nicht nur, aber auch für Geflüchtete, zu verbessern.

Wir haben als Parlamentarische Linke in der SPD Fraktion bereits Anfang April das nachfolgend verlinkte Positionspapier beschlossen, dessen Inhalt ich nach wie vor voll teile.

https://www.parlamentarische-linke.de/positionspapier-zur-situation-von-schutzsuchenden-in-griechenland/

Die Parlamentarische Linke (PL) ist der organisierte Flügel linker Abgeordneter in der SPD-Bundestagsfraktion, der ich seit meiner Wahl in den Deutschen Bundestag angehöre.
Wir setzen uns weiterhin mit ganzer Kraft dafür ein, dass Europa und Deutschland weitere Zusagen zur Verbesserung der Lage der Geflüchteten in Griechenland machen.

Ich hoffe, meine Antwort hilft Ihnen weiter.
Bleiben Sie gesund!

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Mindrup