Frage an Klaus Barthel von Ralf O. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Harr Barthel,
in der neuesten ZEIT hat Alfred Gusenbauerf (SPÖ/Ösi-Kanzler)einen Artikel
geschrieben, in dem er eine interessante neue Idee hatte, die er als Lehre
dieser und anderer Finanzkrisen sieht, die aber jeder Wirtschaftsliberale für einen schlechten Österreicherwitz hält:
Genauso wie es beim Handel eine Welthandelsorganisation WTO gäbe, die
internationale Standards festlege
und diese mittels eines Schlichtungsgremiums und der Möglichkeit von
Sanktionen exekutiere, bräuchte es eine analoge
Weltfinanzaufsichtsorganisation (WFO)für die Finanzmärkte
und die Finanzindustrie.Entweder gründe man solch eine neue Organisation
oder aber man reformiere den Internationalen Währungsfons(IWF)zu einer
solchen Weltfinanzaufsicht.Ob die USA da mitspielen würden oder die Wall
Street nicht ordentlich Druck machen würden, um ein solches Projekt zu
verhindern?Das grenzt aus deren Sicht ja an Sozialismus und die Banken-
und Finanzwelt möchte lieber die freiwillige Selbstkontrolle .
Hat die SPD jenseits der vagen Forderung nach mehr Transparenz Konzepte für die
zukünftige Eindämmung und Verhinderung größerer Finanzkrisen?
Könnte eine solche Weltfinanzaufsichtsbehörde überhaupt internationale
Finanzkrisen eindämmen oder präventiv bekämpfen? Bedeuten internationale
Standards auch schon Krisenfreiheit oder ist es sogar denkbar, daß mittels
dieser Standards sogar eine weitere Deregulierung und Liberalisierung der
Finanzmärkte durchgesetzt wird wie bei der WTO der Freihandel,
was zu einer Verschärfung der Kirsen führen könnte?
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Ostner
Sehr geehrter Herr Ostner,
dass wir eine wirksame Kontrolle der Weltfinanzmärkte brauchen, wird kaum noch jemand bestreiten. Die „freiwilligen Selbstkontrollen“ gibt es ja längst (Rating-Agenturen, Analysten usw.) nur ist leider nicht von einer freiwilligen Selbstfinanzierung für den Krisenfall die Rede. Dass diese Instrumente ebenso unzureichend sind, wie die nationalen Bankaufsichten, liegt mittlerweile auf der Hand.
Überlegungen wie die des österreichischen Bundeskanzlers halte ich daher für gerechtfertigt. In der SPD ist die Diskussion über die Gesamtthematik mitten im Gange. Es geht aus meiner Sicht um Regelungen und um Institutionen der Kontrolle aber auch um eine wirksame Beobachtung und Analyse des von den riesigen Dimensionen und der fehlenden Transparenz her bisher kaum überschaubaren Charakters der Finanzmärkte. Welche Regelungen wir brauchen und welche Institution(en) kann ich hier und heute noch nicht abschließend beurteilen. Die Anhänger des weltweiten ungehemmten Wettbewerbs und des angelsächsischen Wirtschaftsmodells werden aber auch einsehen müssen, dass es tiefere Ursachen für die Verwerfungen auf den Finanzmärkten gibt, nämlich die immensen ökonomischen Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft. Dazu gehören die dauerhaften Überschüsse Deutschlands, die wachsenden Riesenüberschüsse Chinas und das riesige Dauer-Defizit der USA in den Leistungsbilanzen der Realwirtschaft.
Krisenfreiheit kann Ihnen heute niemand versprechen. Dazu bedarf es sicher noch vieler Lernprozesse. Allerdings müssen wir anfangen. Irgendwelche weiteren Liberalisierungen darf es nur mit Folgenabschätzung und entsprechenden Sicherungen geben. Wir müssen eine immer neue Balance zwischen sich entwickelnden Märkten einerseits und Regulierungen gegen Krisen, soziale und ökologische Schäden und Ungleichgewichte andererseits entwickeln.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Barthel