Portrait von Klaus Barthel
Klaus Barthel
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Klaus Barthel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Michael S. •

Frage an Klaus Barthel von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Barthel,

Teile des Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) wurden vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wegen Verstosses u.a. gegen Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland fuer verfassungswidrig erklaert. Dieses Gesetz ist jedoch - da ohne Zustimmung des Bundesrates zustandegekommen - insgesamt verfassungswidrig. Paragraph 7 des LuftSiG stellt zudem eine Vielzahl unbescholtener Buerger unter unbegruendbaren Generalverdacht und wird rechtswidrig angewendet (vgl. entsprechende Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Muenchen). Die erneuten Bestrebungen von Herrn Schaeuble, das LuftSiG durch eine verfassungswidrige Aenderung des Grundgesetzes zu "legitimieren", lassen nunmehr das Schlimmste befuerchten.

Mit Hinblick auf die stetig steigende Anzahl verfassungswidriger Gesetze und die Angriffe fuehrender Politiker auf Bundespraesident Koehler in diesem Zusammenhang rege ich die Schaffung eines neuen Straftatbestandes "Verfassungsbruch" an. Tatbestand und Taeterschaft werden im Rahmen von Entscheidungen des BVerfG ohnehin hoechstrichterlich festgestellt, so dass die Verfolgung der Tat kein Problem darstellt. Das Strafmass sollte bei festgestelltem Vorsatz bis zu 5 Jahren Gefaengnis betragen. Zusaetzlich ist es wuenschenswert, entsprechend vorbestraften Personen das passive Wahlrecht abzuerkennen. Im einfachen Fall (Fahrlaessigkeit) ist eine empfindliche Geldstrafe in Hoehe von 90 Tagessaetzen wohl ausreichend. Ein solcher Straftatbestand wuerde die Moeglichkeit, unter Umgehung der Verfassung ein quasi-totalitaeres Staatssystem mit unabsehbaren Folgen zu errichten (vgl. LuftSiG) endlich beenden.

Unabhaengig davon, dass Sie in Ihrem Wahlkreis nicht direkt gewaehlt wurden, wuerde die ueberwiegende Mehrzahl der Buerger es Ihnen danken, wenn Sie eine solche Initiative unterstuetzten. Was halten sie davon?

Mit freundlichen Gruessen,
Michael Stock

Portrait von Klaus Barthel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stock,

Ihre Kritik und die des Bundesverfassungsgerichts am Luftsicherheitsgesetz halte ich für nachvollziehbar. Wie Sie wissen, hat die SPD eine Verfassungsänderung in diesem Zusammenhang abgelehnt, so wie generell den Einsatz der Bundeswehr im Inneren über das bisherige Maß hinaus ablehnt. Ich würde mich freuen, wenn dies bei künftigen Wahlentscheidungen von den vielen Bürgern, die das auch so sehen, berücksichtigt würde.

Was Sie allerdings im Bezug auf Verfassungsbruch als Strafbestand fordern, erscheint mir sehr bedenklich. Einerseits könnte man vielleicht einmal alle, die es mit der Würde des Menschen oder der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht so genau nehmen, hinter Gitter bringen. Ob die Justiz damit nicht überfordert wäre, zumal gesetzliche Einzelvorschriften und -maßstäbe fehlen?

Andererseits zielen Sie aber in erster Linie auf PoltikerInnen ab. Viele davon wären nicht mehr auf freiem Fuß, wenn man mal alles zusammennimmt, was das BVerfG schon geurteilt hat.

Ich behaupte: Weder der Bundespräsident noch das höchste Gericht sind unfehlbar. Manche Verfassungsväter und -Mütter hätten sich bei manchem Urteil im Grabe herumgedreht!

Wer Gesetze beschließt, die das Gericht aufhebt, ist weder Verfassungsfeind noch Verfassungsbrecher, da es jeweils unterschiedliche Auffassungen zur Verfassungskonformität gibt.

Jedes Gesetz wird im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens auf seine Verfassungskonformität geprüft. Verantwortlich dafür ist das Bundesjustizministerium. Oft wird darüber im Bundestag auch kontrovers diskutiert und kontrovers entschieden. Auch das Gesicht entscheidet oft nur per Mehrheit. Mal bekommen die einen Recht, mal die anderen.

Letztlich geht es immer um Meinungen und Mehrheiten. Das Bundesverfassungsgericht hat das letzte Wort. Das genügt. Aber jemanden wegen einer abweichenden rechtlichen und politischen Meinung zu bestrafen?

Ich selbst habe mir dennoch in zentralen Fragen erlaubt - gerade im Hinblick auf unsere Verfassung -, gegen die Mehrheit meiner Fraktion abzustimmen. Sowohl den Einsatz der Bundeswehr gegen Serbien und Afghanistan halte ich für verfassungswidrig wie Teile von Hartz IV und zur Pendlerpauschale. Mal sehen, was daraus wird.

Die Sanktionen gegen für falsch gehaltene Gesetze liegen beim Volk, beim Wähler/der Wählerin. Nutzen wir doch die vorhandenen Instrumente, statt nach der Justiz zu fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Barthel