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Klaas Hübner
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Frage von Harald M. •

Frage an Klaas Hübner von Harald M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Klaas Hübner,

im Zuge der Diskussion um "Rettungsschirme" für Banken und Unternehmen, speziell für die Einrichtung von "Schlechten Banken", habe ich im zunehmenden Maße das Gefühl, dass das Parlament und die Regierung bestehenden gesetzlichen Regelungen in der Argumentation nicht beachtet.

Die Einrichtung einer "Bad Bank" verstößt nach meiner Auffassung gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung. Speziell die Bilanzwahrheit und -klarheit und -vollständigkeit sind nicht mehr gegeben. Das, was die Banken bisher gemacht haben, Risiken auszugliedern, soll jetzt gesetzlich sanktioniert werden, das kann doch nicht gewollt sein. Wie soll sich dann ein sachkundiger Dritter in angemessener Zeit einen Überblick über die Lage des Unternehmens machen können?(§238 HGB, §145 AO)

Nach InsO kann ein Insolvenzverfahren nach § 17 - 19 InsO aus Gründen der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung eröffnet werden. Wenn ich mir die HRE ansehe, hätte sie ohne die Bürgschaften eigentlich das Insolvenzverfahren einleiten müssen. Der Argumentation, das damit die Verlässlichkeit des Bankensektors in Frage gestellt werden würde, was zu wirtschaftlichen Problemen führen würde, kann ich nur zum Teil folgen. Nach meiner Meinung wäre die Aufstellung eines Insolvenzplanes nach §§ 217 und 218 InsO mit dem Ziel, das Unternehmen zu sanieren, der bessere Weg. Dann würde klar werden, dass die Banken keine Sonderrechte genießen.

Die Diskussion über Enteignung von Banken und Unternehmen kann man durch einen Blick in das Grundgesetz entschärfen. Artikel 14 Abs. Zwei sieht vor, dass eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist. Ich geben gerne zu, dass dann das "Wohl der Allgemeinheit" dargestellt werden müsste, also etwas, womit Politiker durchaus ihre Schwierigkeiten haben. Diese wäre aber ein Beitrag zur Glaubwürdigkeit von Politik, und, was ich für wichtiger halte, der Hinweis auf das Grundgesetz.

Harald Meyer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meyer,

die Finanzmarktkrise hat uns vor Herausforderungen in einer Größenordnung gestellt, die so noch nicht dagewesen sind. Zurückblickend auf das letzte halbe Jahr glaube ich, dass wir diese Herausforderungen bis jetzt sehr erfolgreich angenommen haben - vor allem Dank der überlegten und bestimmten Entscheidungen, die unter der Federführung Peer Steinbrücks auf den Weg gebracht wurden.

Bei den Entscheidungen der letzten Monate ging es darum, unsere Volkswirtschaft vor gewaltigem Schaden zu bewah­ren. Die Krise war eine Bedrohung - nicht allein für den Finanzstandort Deutschland und seine Banken - sondern für die gesamte Volkswirtschaft. In einer solchen Situation gilt es, alle vernünftigen Mittel und Wege zu prüfen, die geeignet sind, eine Verschärfung der Krise zu verhindern.

Ich gebe Ihnen Recht: Es kann nicht darum gehen, Insolvenzen um jeden Preis zu verhindern. Mit der Einrichtung des Finanzmarktstabilisierungsfonds wurde eine Institution geschaffen, die jeden Einzelfall genau prüft und die Gewährung von Bürgschaften und Eigenkapitalspritzen an strenge Auflagen bindet. Die entscheidende Frage lautet dabei immer, ob der volkswirtschaftliche Gesamtnutzen das Risiko einer Inanspruchnahme der Garantien rechtfertigt.

Im Fall der Hypo Real Estate (HRE) ist das so. Der Verzicht auf einen Staatseingriff und die Sanierung oder Abwicklung durch ein Insolvenzverfahren wäre zu diesem Zeitpunkt sicherlich keine geeignete Maßnahme gewesen. Dafür waren die Finanzierungslöcher zu groß und die Vertrauenskrise auf den internationalen Märkten zu weit fortgeschritten. Wie Finanzminister Steinbrück es ausgedrückt hat: "Wir haben in den Abgrund geschaut."

Die Lehmann-Pleite hat die Krise ausgelöst. Eine Pleite von HRE mit einer Bilanzsumme von mehr als 400 Milliarden Euro und Derivaten mit einem Nominalvolumen von einer Billion Euro könnte ähnliche Konsequenzen haben. Der Pfandbriefmarkt als Refinanzierungsquelle für andere Banken würde ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen. Deshalb geht der Staat soweit zu sagen: die Hypo Real Estate darf auf keinen Fall Pleite gehen.

Um das öffentliche Gut "Finanzmarktstabilität" zu sichern, wird nun - gegen angemessene Entschädigung und als allerletzter Schritt - eine zeitweise "Enteignung" von Aktionären erwogen. Der Bund strebt an, für eine Übergangszeit Mehrheitseigner zu werden, um aufgrund seiner Kreditwürdigkeit eine Rekapitalisierung der HRE zu bezahlbaren Konditionen über den Markt zu ermöglichen und den Restrukturierungsprozess zu kontrollieren. Eile ist geboten, da die HRE bald eine Bilanz aufstellen muss. Ist bis dahin keine Lösung gefunden, kann die Bank wieder erheblich ins Taumeln geraten. Durch die zeitliche Begrenzung der Enteignungsentscheidung auf den 30. Juni 2009 wird klar, dass es sich nicht um einen Paradigmenwechsel handelt, sondern hier eine besondere Lösung für eine besondere Situation geschaffen werden soll.

Wenn "Allgemeinwohl" auch etwas mit Wohlstand, Beschäftigung und sicheren Bankeinlagen zu tun hat, dann haben wir mit dem Finanzmarktstablisierungsgesetz und dem geplanten Ergänzungsgesetz in diesem Sinne gehandelt. Insofern stimme ich Ihrem Hinweis auf Artikel 14, Absatz 2, GG, zu.

Der Schutzschirm für den Finanzmarkt war das Vernunftgebot der ersten Stunde - aber eben auch nur der erste Schritt. Jetzt bietet sich die Gelegenheit, den Finanzmärkten die notwendigen Zügel anzulegen, um vor derartigen Krisen in Zukunft gefeit zu sein. Dafür müssen die ausgedienten marktradikalen Konzepte durch eine Balance zwischen Staat und Markt ersetzt werden, auf die Frank-Walter Steinmeier schon vor Ausbruch der Krise auf internationaler Ebene vergeblich gedrängt hat. Die Kernforderungen der SPD lauten: Austrocknung von Steueroasen, höhere Eigenkapitalvorsorge der Banken, Verbot schädlicher Leerverkäufe, eine striktere Regulierung von Hedge- und Private-Equity-Fonds und eine stärkere Haftung der verantwortlichen Manager.

Mit freundlichen Grüßen

Klaas Hübner, MdB