Frage an Klaas Hübner von hagen m. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
wie beurteilen sie den Sachzwang (Rettung HRE> Rettung des Finanzmarktes> Rettung Deutschlands> Rettung der Welt), der hinter der Verabschiedung des ´Rettungspaketes´ steckt? Man hat ja sehr häufig den Eindruck, daß Unausweichliches suggeriert wird und sich hinterher herausstellt, aha war doch nur Lobbypolitik. Wie sehr haben sich Abgeordnete und Verantwortliche im Ministerium erstmal zurückgelehnt und mit Abstand die Lage analysiert, differierende Quellen genutzt etc.?
Inwieweit sind Personen, die sowohl in der Beraterentourage Fr.Dr.Merkels, als auch direkt im Finanzministerium tätig sind, sowohl für die Lobbyarbeit der Deregulierung, als auch für die jetzige Rettung federführend verantwortlich?
Wieso lehnt die SPD berechtigter Weise Tietmeyer ab, um dann mit Issing (Berater Goldman-Sachs die ja auch Spezis der Bundeskanzlerin sind) und Krahnen zwei Monetaristen deren Credo genau wie Finanzstaatssekretär Asmussen eben jene Finanzmarktpolitik ist, welche die jetzige Krise ausgelöst hat?
Ich glaube zwar an die Lernfähigkeit des Menschen, kann man ja auch an den vielen Wendehälsen in Medien und Politik zur Zeit beobachten, aber warum baut man zur Absicherung nicht Transparenz und wenigstens nachträgliche Kontrolle und Verantwortlichkeit in das ´Ermächtigungsgesetz´ ein?
Also genau das, dessen Ermangelung die lobbyfreundliche Politik der letzten Bundesregierungen ermöglicht hat?
Wieso verstehen diese angeblichen Protagonisten des freien Marktes nicht, was wirklich freie Märkte ausmacht? Eben Transparenz und Informiertheit (Akerlof, Stiglitz etc) So endet eben jede moralisch als im Interesse der Gesamtheit unternommene Politik in Durchsteckerei für die Klientel!
Kein Wunder das dem Einen oder Anderen Hartz4gezeichnetem alles am ... vorbeigeht...
Mit freundlichem Gruß Hagen Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer,
der von Ihnen überspitzt dargestellte Sachzwang war zweifelsohne da.
Wie sie den Medien entnehmen konnten, ist in kürzester Zeit ein Paket zur Rettung der deutschen Banken- und Versicherungslandschaft und der Widerherstellung der Liquidität auf den Finanzmärkten verabschiedet worden. Zwischen dem Bekanntwerden der Engpässe bei der Hypo Real Estate und der Verabschiedung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes lagen lediglich drei Wochen. Dies konnte nur durch erhebliche persönliche Belastung der Beteiligten erreicht werden. Selbstverständlich war dabei auch externer Sachverstand nötig. Die Dringlichkeit war geboten, um die Abwärtsspirale, die durch den Zusammenbruch der US Investmentbank Lehmann Brothers ausgelöst wurde, aufzuhalten. In dieser Situation wurde sicherlich mehr gehandelt als "zurückgelehnt".
Dennoch sehe ich keine Anzeichen für "Klientelpolitik" bei dem Rettungspaket. Es werden nicht Banker saniert, sondern das deutsche Bankensystem gerettet. Das Bankensystem ist ein öffentliches Gut. Würde es zusammenbrechen, gäbe es keine Kredite für Unternehmen mehr. Die Konsequenz wäre Arbeitslosigkeit. Auch wird kein Geld verschenkt: für Garantien zahlen die Banken eine nicht unerhebliche Gebühr und für Beteiligungen erhält der Staat Vermögenswerte, die in besseren Zeiten wieder verkauft werden können. Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) ist somit auch eher als vertrauensbildende Maßnahme denn als staatlicher Zuschussfonds zu verstehen.
Jetzt gilt es aber wohl überlegt langfristige Regeln für die Finanzmärkte zu finden. Was Transparenz und Informiertheit angeht, kann ich Ihnen nur zustimmen. Bereits vor über einem Jahr hatte der SPD-Parteivorstand die Projektgruppe "Mehr Transparenz und Stabilität auf den Finanzmärkten" eingesetzt. In einem 14-Punkte-Papier schlägt die SPD neue Verkehrsregeln für die internationalen Finanzmärkte vor, die zügig umgesetzt werden müssen, damit Finanzkrisen in Zukunft vermieden werden können. Wendehälse suchen Sie also in der SPD vergeblich.
Konkret wird die Austrocknung von Steueroasen, eine höhere Eigenkapitalvorsorge der Banken, ein Verbot schädlicher Leerverkäufe, mehr Regulierung von Hedge-Fonds und Private-Equity-Fonds und eine stärkere Haftung der verantwortlichen Manager gefordert.
Ich verwehre mich allerdings entschieden gegen Ihren fahrlässigen Vergleich des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes mit dem Ermächtigungsgesetz. Bei allem Ärger sollten manche Grenzen nicht überschritten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Klaas Hübner