Frage an Klaas Hübner von Frank B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hübner,
warum haben Sie etwas zugestimmt, dessen Inhalt Sie nicht kennen?
Bei einem Interview von Panorama in der ARD konnten Sie nicht einmal die einfachsten Fragen beantworten.
Warum also, frage ich Sie, stimmen Sie etwas zu, dessen Ausmaße für Deutschland für Sie unbekannt sind?
Ich bin gerne bereit mit Ihnen einen neuen Termin auszumachen, um Sie erneut nach Ihren Kenntnissen über den Lissabonner Vertrag zu befragen.
Würden Sie sich dieser Aufgabe stellen?
Mit freundlichen Grüßen
Frank Borgmann
Sehr geehrter Herr Borgmann,
ich habe Panorama kein Interview zum Lissabon-Vertrag gegeben.
Dem Lissabon-Vertrag habe ich zugestimmt und ich stehe auch nach dem Nein der Iren zur Intention des Vertrages. Der Lissabon-Vertrag soll die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union auch nach der Erweiterung auf 27 Mitgliedstaaten sicherstellen. Künftig könnten mehr Entscheidungen als bisher mit einer qualifizierten Mehrheit gefällt werden. Langfristig soll das System der Doppelten Mehrheit etabliert werden, nachdem mindestens 15 Mitgliedstaaten, die mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren, für einen Beschluss stimmen müssen. Ohne einen solchen Modus ließen sich in einer EU mit 27 Mitgliedstaaten künftig kaum noch Entscheidungen fällen.
Die Einführung eines hauptamtlichen Präsidenten des Europäischen Rates und die deutliche Aufwertung des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik würde das Führungs- und Koordinationsdefizit der EU verringern.
Mit dem Vertrag von Lissabon soll die Demokratie in der Europäischen Union gestärkt werden. Erstmalig könnten die Bürger der EU mit einem Bürgerbegehren (Voraussetzung dafür sind 1 Millionen Unterschriften von EU-Bürgern) ein Gesetzgebungsverfahren initiieren.
Das EU-Parlament würde weiter gestärkt, da das bisherige Mitentscheidungsverfahren – bei dem Ministerrat und Europaparlament gleichberechtigte Gesetzgeber sind – künftig bei rund 95 Prozent der EU-Rechtsvorschriften angewendet werden soll. Auch eine Stärkung des EU-Parlaments im Rahmen der EU-Haushaltspolitik ist vorgesehen. Die Grundrechtscharta sieht eine Verbesserung und Ausweitung des Grundrechtsschutzes der Bürger vor. Wenn sich Bürger durch EU-Rechtsvorschriften oder EU-Organe in ihren Grundrechten verletzt sehen, können sie sich demnach vor dem Europäischen Gerichtshof und nationalen Gerichten (mit der Ausnahme der polnischen und britischen) auf die Charta berufen. Die sechs Kapitel der Grundrechtscharta enthalten neben klassischen Bürgerrechten wie Rede-, Meinungs- oder Versammlungsfreiheit auch moderne Rechte – etwa den Datenschutz, Rechte von Kindern und das Recht auf eine gesunde Umwelt sowie das Recht auf sichere und würdige Arbeitsbedingungen.
Nun gilt es, schnell eine Lösung für die aktuelle Krise zu finden, in der sich die Europäische Union nach dem Nein der Iren zum Lissabon-Vertrag befindet.
Mit freundlichen Grüßen
Klaas Hübner, MdB