Frage an Klaas Hübner von hagen m. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Herr Abgeordneter!
Sie haben ja am 15.06 im DLF an einer interessanten Diskussion mit dem Insolvenzrechtler Prof. Haarmeyer teilgenommen.
Bemerkenswert fand ich die dort, von diesem geäußerte Tatsache, dass in Deutschland etwa 20-30 fähige Insolvenzverwalter vorhanden sind und der Rest nicht durch fachliche Kompetenz an diesen Job gekommen ist, sondern durch Richterentscheidung ( man könnte auch Beziehungen sagen).
Warum hat man also ein halbwegs verbessertes nun extrem wichtiges Insolvenzrecht auf den Weg gebracht, ohne daran zu denken, dass ein Gesetz nur so viel wert ist, wie seine Umsetzung?
Es ist ja kein Einzelfall, dass in einem hochreguliertem Land wie Deutschland, wo dem Bürger vor gesetzlichen Fallstricken manchmal kaum die Luft zum atmen bleibt, selbst wichtige Bereiche der Gesellschaft dem "Wildwuchs" überlassen werden. Siehe auch Betreuer(un)wesen in der Justiz, Finanz- und Vermögensverwaltung etc. pp.
Auch für wichtige Bereiche wie Steuer- und Wirtschaftskriminalität scheint dem Staat Geld und Interesse zu fehlen, um fähige Leute auszubilden und adäquate Stellenzahlen zu unterhalten.
Muss man hier nicht eine schwere Schieflage konstatieren , zwischen der Verfolgung Kleinkrimineller (Schwarzfahrer z.B.) und Leuten, deren Straftaten einen hohen Aufwand und Kompetenz bei der Ermittlung erfordern?
Lohnende Fälle (auch finanziell) wären z.B. die IKB und HRE, CoBa, deren Verantwortliche in Haft unbedingt eine Resozialisierungsmaßnahme benötigen, sonst machen sie danach wieder da weiter, wo sie aufgehört haben!
Wie gedenkt die SPD die Auswirkung der Öl/Spritpreise im Krisenjahr 2009 in den Griff zu bekommen, wenn man an die realwirtschaftlichen Auswirkungen der hohen Preise 2008 denkt?
Spekulationsprobleme und das mit Steuergeldern Dank Bailout...
MfG
Sehr geehrter Herr Meyer,
meines Wissens stammt die Aussage, dass in Deutschland nur 20-30 fähige Insolvenzverwalter vorhanden seien, nicht von Prof. Haarmeyer, sondern von Herrn Josef Schlarmann (CDU), welcher ebenfalls an der vom Deutschlandfunk ausgestrahlten Diskussion teilnahm. Diese Aussage ist so nicht haltbar. Beim Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) allein sind 437 Insolvenzverwalter zusammengeschlossen. Um Mitglied werden zu können, muss man mindestens 5 Jahre Berufserfahrung als Insolvenzverwalter aufweisen. Es sind sicherlich weitaus mehr professionell arbeitende Insolvenzverwalter in Deutschland tätig, als dies durch Herrn Schlarmann suggeriert wurde.
Auch Herr Prof. Haarmeyer äußerte sich in der Sendung des Deutschlandfunks zu der von Ihnen angesprochenen Problematik. Er forderte in diesem Zusammenhang präzise Zulassungskriterien für Insolvenzverwalter. Zu viele Insolvenzverwalter seien nur als Gelegenheitsverwalter tätig und würden somit höheren Qualitätsansprüchen nicht genügen können, so Prof. Haarmeyer.
In der Tat wird auf politischer Ebene über die Etablierung einer Berufsordnung für Insolvenzverwalter nachgedacht, die präzise Vorgaben formuliert, welche Qualifikationen ein Insolvenzverwalter zur Ausübung seines Amtes vorweisen muss. Dies würde insbesondere den Insolvenzgerichten helfen, kompetente Verwalter auszuwählen. Es muss jedoch vermieden werden, dass eine Berufsordnung als Markteintrittsbarriere für neue Insolvenzverwalter wirkt. Zudem ist es fraglich, inwiefern eine Berufsordnung mit europäischem Recht kompatibel wäre. Das Thema befindet sich aber auf der Agenda der rechtspolitischen Institutionen und Fachpolitiker und wird in der nächsten Legislaturperiode sicherlich behandelt.
Insolvenzverwalter sind keine Beamten. Es handelt sich meist um eigenständige Rechtsanwälte, Betriebswirte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die sich diesbezüglich beruflich spezialisiert haben. Staatliche Aufgabe ist es, geeignete Rahmenbedingungen zu setzen, in denen Gerichte, Insolvenzverwalter und die betroffenen Firmen zusammenarbeiten können. Mit dem neuen Insolvenzrecht aus dem Jahr 1999 hat die Rot-Grüne Bundesregierung das damalige, auf Zerschlagung statt auf Erhaltung ausgerichtete Insolvenzrecht abgelöst und damit die Rahmenbedingungen erheblich verbessert. Auch Herr Prof. Haarmeyer hat dies im Deutschlandfunk bestätigt. Er sprach davon, dass Deutschland eines der besten Insolvenzrechte weltweit habe.
Sicherlich würde auch ich mir an manchen Stellen besser ausgebildetes Personal in staatlichen Einrichtungen wünschen. Ich würde aber verneinen, dass der Staat Steuer- und Wirtschaftskriminalität nicht ausreichend verfolgt. Denken Sie zum Beispiel an den Erwerb einer Datei mit Informationen zu Privatpersonen, die Gelder vor dem deutschen Fiskus nach Lichtenstein hinterzogen haben, durch deutsche Behörden. Am heutigen Tage hat zudem der Bundestag ein Gesetz beschlossen, welches den Strafverfolgungsbehörden größere Kompetenzen bei der Verfolgung von Steuerhinterziehung zuspricht. Auch gegen Großkonzerne geht der Staat vor, wenn sie gegen Recht und Gesetz verstoßen, wie Ermittlungen im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen im Ausland durch deutsche Konzerne beweisen. Diese Fälle aus der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass der deutsche Staat die Verfolgung von Steuer- und Wirtschaftskriminalität ernst nimmt.
Es obliegt den Strafverfolgungsbehörden zu ermitteln, ob im Rahmen der Finanzkrise strafrechtlich relevante Handlungen festzustellen sind. In den meisten Fällen handelt es sich wohl eher um Managementfehler. Die deutschen Banken sind zu hohe Risiken eingegangen und haben oftmals in Finanzpapiere investiert, ohne konkret zu wissen, mit welchen Werten diese hinterlegt waren. Unsere Antwort auf die Finanzkrise ist das Steinmeier-Steinbrück-Papier zur Regulierung der Finanzmärkte. Vor allem ist es wichtig, funktionierende Aufsichtsbehörden zu etablieren, die sich mit den anderen Behörden weltweit abstimmen. Ein weiteres Element sind Veränderungen im Bereich der Managerentlohnung. Kurzfristig ausgerichtete Anreiz- und Vergütungssysteme haben viele Bankmanager dazu verleitet, massiv in die angesprochenen Papiere zu investieren. Bis zum Ausbruch der Finanzkrise wurden erhebliche Gewinne mit der Erstellung und dem Handel dieser Papiere erzielt. Mit dem inzwischen vom Bundestag beschlossenen „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“ soll sichergestellt werden, dass Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung gesetzt werden. Aktienoptionen können zukünftig erst nach vier und nicht wie bisher nach zwei Jahren eingelöst werden. Die Herabsetzung von Vorstandsvergütungen durch den Aufsichtsrat wird erleichtert und die Haftungsbestimmungen für die Aufsichtsratsmitglieder wegen unangemessener Vergütungsfestsetzung unterstrichen. Diese und viele weitere Einzelregelungen werden helfen, ein verantwortungsvolleres Handeln von Managern zu unterstützen.
Die Preisentwicklung der Öl- und Spritpreise war bedingt durch die Wirtschaftskrise in diesem Jahr sehr moderat. Nicht nur die Preise für Benzin, sondern auch für Heizöl und Gas waren im Zuge der Wirtschaftskrise erheblich gesunken. Leider handelt es sich hierbei nur um eine vorübergehende Erholung. Die weltweite Ressourcen-Nachfrage ist stark steigend. Zudem sind wichtige Investitionen in die Ölförderung im Zuge der Wirtschaftskrise unterlassen worden. Es ist somit mittelfristig mit einem erneuten Anstieg der Ölpreise zu rechnen. Es wird nicht möglich sein, dies für die Bürger im nächsten abzufedern, da die Haushaltslage Steuersenkungen für die nächsten Jahre ausschließt. Langfristig gibt es nur eine gangbare Lösung: Die Strategie „Weg vom Öl“. Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Förderung der Erneuerbaren Energien fortsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaas Hübner, MdB