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Klaas Hübner
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Frage von Andreas M. G. •

Frage an Klaas Hübner von Andreas M. G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Hübner,
Ihre Partei hat dem Internet-Zugangserschwerungsgesetz unter dem Vorwand, Kinderpornografie verhindern zu wollen, zugestimmt.

Ich bin entsetzt, wie sehr Sie und Ihre Partei auf sachliche Argumentationen verzichten und Sie sich des Totschlagarguments Kinderpornografie bedienen, damit genau mittels diesen Gesetzes in Zukunft allein die Interessen von Lobbyisten, und das auch noch auf Kosten der Privatwirtschaft, durchgesetzt werden können.

1. Warum haben Sie und Ihre Partei nicht mit einem Antrag den Erlaß des Zugangserschwerungsgesetzes verhindert? Es ist bekanntlich mit unseren rechtsstaatlichen Prinzipien unvereinbar, dass eine Behörde (das Bundeskriminalamt) ohne jede Kontrolle einen geheimen Eingriff führt?

2. Warum haben Sie und Ihre Partei keine Kontrollinstanz vorgesehen, also beispielsweise gefordert, dass eine Sperranordnung durch das BKA innerhalb einer vorgegebenen Frist richterlich geprüft und bestätigt wird? Dies widerspricht doch eindeutig unserem Rechtsstaatprinzip.

3. Warum haben Sie und Ihre Partei nicht eingewendet, dass die gesperrten Seiten regelmäßig überprüft und nach Entfernen der beanstandeten Inhalte wieder freigeben werden müssen?

4. Warum überlassen Sie und Ihre Partei die technische Ausgestaltung (Umsetzung) eines Gesetzes Unternehmen der Privatwirtschaft?

Und letzlich die wichtigste Frage an Sie, Herr Hübner:

Warum setzen Sie und Ihre Partei die Internet-Sperre als allzu bequemes Werkzeug ein, wogegen das Löschen kinderpornografischer Inhalte aus dem Netz und das damit verbundene Ermitteln der Täter viel wirkungsvoller und nachhaltiger wäre und Sie das von Ihnen gewollte Ziel auch wirklich erreichen?

Ich stelle damit für mich fest, dass Sie und Ihre Partei in Ihrem Wahlkampffieber gegen alle Vernunft ein populistisches Gesetz durchgeboxt haben, das zwar sicherlich vom Verfassungsgericht gestoppt werden wird, aber auch bis dahin schon großen Schaden angerichtet haben wird.

MfG
Andreas M. Günther

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Günther,

zum Thema „Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzwerken“ erreicht mich derzeit eine Reihe von Zuschriften. Ich will deshalb die Gelegenheit nutzen, einige allgemeine Anmerkungen zu dieser Diskussion zu machen, bevor ich Ihre Fragen konkret beantworte.

Viele Absender dieser Zuschriften unterstellen der Politik, Sperrungen von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten als Einstieg in eine weitergehende Zensur des Internets zu missbrauchen. Ich halte diese Unterstellung für irreführend und geradezu hanebüchen. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Jeden Schritt zur Abschreckung von strafrechtlich relevanten Handlungen als Zensur zu diskreditieren, halte ich für problematisch. Jeder Eingriff des Staates in die Bürgerrechte zur Kriminalitätsbekämpfung muss wohl abgewogen werden und im Verhältnis zur Tragweite des potentiellen Fehlverhaltens stehen. Ich begrüße es deshalb, dass es in Deutschland viele Bürger gibt, die Eingriffe des Staates kritisch hinterfragen. Dennoch sollten wir als Gesellschaft in der Lage sein, eine nüchterne und rationale Debatte zu führen. Die aktuelle Debatte um die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt lässt meiner Meinung nach bei vielen Diskutanten jegliches Maß vermissen.

In der Tat hat eine Anhörung im Bundestag zum ersten Gesetzentwurf aus dem Bundesfamilienministerium teilweise starke Kritik gezeitigt. Wir als SPD haben diese Kritikpunkte aufgegriffen und Änderungen durchgesetzt.

Zu Ihrer 1. Frage: Es handelt sich nicht um ein „Internet-Zugangserschwerungs-Gesetz“, allenfalls um ein „Kinderpornographie-Zugangserschwerungs-Gesetz“. Wir wollen verhindern, dass Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten erreichbar sind. Andere Bereiche des Internets werden nicht tangiert.

Zudem hat die SPD durchgesetzt, dass der Grundsatz „Löschen vor Sperren“ in das Gesetz aufgenommen wurde. Danach kommt eine Sperrung nur dann in Betracht, wenn eine Verhinderung der Verbreitung der kinderpornographischen Inhalte durch strafrechtliche Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nicht möglich oder nicht in angemessener Zeit Erfolg versprechend ist. Bereits nach bisheriger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internetprovidern gelöscht. Die meisten dieser Seiten befinden sich jedoch auf Servern anderer Länder. Den Zugriff auf diese Seiten sollen die Sperrungen verhindern.

Zu Ihrer 2. und 3. Frage: Es wird ein Kontrollgremium geben. Die SPD hat durchgesetzt, dass ein unabhängiges Expertengremium mit Mitgliedern, die die Befähigung zum Richteramt haben müssen, beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit etabliert wird. Dieses Gremium ist berechtigt, die Sperrliste jederzeit einzusehen und zu überprüfen und bei Bedarf Eintragungen in der Sperrliste zu revidieren. Stichproben werden vorgenommen um fälschliche Eintragungen in die Sperrliste zu identifizieren und aufzuheben.

Zu Ihrer 4. Frage: Ich nehme an, dass Sie mit Ihrer Frage darauf anspielen, dass letztlich die Internetprovider die Sperrungen vornehmen werden. Eine andere Lösung ist nicht möglich, da nur die Internetprovider die technische Kapazität dazu haben. Das Internet wird ja gerade nicht staatlich verwaltet, sondern durch private Hand bereitgestellt. Dies dürfte eigentlich in Ihrem Sinne sein.

Internetnutzer, die eine dieser betroffenen Seiten anwählen, werden auf eine Seite mit einem „Stoppschild“ umgeleitet, um sie auf den problematischen Charakter dieser Seite hinzuweisen. Damit wird ein gesellschaftliches Zeichen der Ablehnung gesetzt, welches die Hemmschwelle zum Herunterladen kinderpornographischer Inhalte heraufsetzen soll.

Abschließend möchte ich betonen, dass die Sperrung von Kinderpornographie-Seiten im Internet nur ein Instrument unter vielen ist, diesem dramatischen Missbrauch von Kindern zu begegnen. Als SPD ist unsere Kernforderung, dass die Strafverfolgungsbehörden dauerhaft personell und technisch gut ausgestattet sind und die internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden weiter gestärkt wird. Das aktuelle Gesetz soll einen Beitrag zum Schutze von Kindern leisten. Es ist als Spezialgesetz konzipiert und bleibt im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums. Ausschließliches Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornographischen Inhalten. Eine Ausweitung auf weitere Inhalte ist durch die Konzeption als Spezialgesetz ausgeschlossen. Das Gesetz ist zudem bis zum 31. Dezember 2012 befristet. Eine Evaluierung wird Grundlage für eine Überprüfung und Anpassung des Gesetzes sein.

Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.

Mit freundlichen Grüßen

Klaas Hübner, MdB