Frage an Kirsten Lühmann von Harald M. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Lühmann,
mit einigem Befremden habe ich heute in der FR gelesen, dass die Mehrheit im Abgasuntersuchungsausschuss keine Schuld bei den Automobilherstellern sieht, da die EU ja schärfere Regeln hätte aufstellen können. Außerdem wird scheinbar bezweifelt, dass die Stickoxide nicht gesundheitsschädlich sein.
Ich frage mich nun, wie das sein kann, da ich eindeutig nachgewiesen ist, dass die Abgaswerte manipuliert worden sind und das Bundesumweltministerium und die WHO die Gefährlichkeit von Stickoxiden ebenfalls eindeutig bestätigt haben.
Der Verweis, dass die EU schärfere Regeln hätte aufstellen können, ist ebenfalls nicht schlüssig, da diesen Vorschriften durch den entsprechende Ministerrat hätte zustimmen müssen.
Ich hoffe, Sie können mir dies verständlich erklären.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer,
vielen Dank für Ihr Interesse an der Arbeit des Untersuchungsausschusses zum Diesel-Abgasskandal.
Es ist offensichtlich, dass VW illegal manipuliert hat. Zwar läuft das Verfahren noch, die Beweislage hierzu ist meiner Meinung nach aber erdrückend.
Die Situation bei Opel/Audi ist hingegen etwas komplizierter, da aufgrund ungenauer Richtlinien kein eindeutiger Verstoß vorliegt. Hier ist es aber zu einem freiwilligen Rückruf gekommen. Nach jetziger Rechtslage ist keine Anordnung wie bei VW möglich.
Im Falle von Fiat haben sich zudem die Probleme mit der geltenden Rechtslage gezeigt. Deutschland war aufgrund der Sachlage von einem illegalen Verhalten überzeugt, Italien hingegen war nicht bereit, die Daten zur Verfügung zu stellen und hat erklärt, alles sei in Ordnung. Da Italien zuständig ist, sind uns derzeit die Hände gebunden.
Um so etwas künftig zu verhindern, müssen dringend die Richtlinie verschärft und eine europäische Clearingstelle eingerichtet werden, die bei Streit entscheidet. Das wäre in einem Fall wie jetzt mit Fiat eine große Erleichterung, da so eine Lösung herbeigeführt werden könnte.
Was die von Ihnen erwähnten gesundheitlichen Folgen erhöhter Stickoxidwerte angeht, steht fest, dass Stickstoffdioxid giftig ist. Der Abschlussbericht stellt dies unmissverständlich fest und bezieht sich dabei auch auf eine Studie der WHO. Daher gibt es auch Grenzwerte, die zwingend eingehalten werden müssen. Im Sinne eines bestmöglichen Gesundheitsschutzes der Bevölkerung besteht aber noch weiterer Forschungsbedarf.
In der Sachverständigenanhörung hat sich gezeigt, dass noch nicht geklärt ist, über welche Mechanismen genau eine erhöhte NO2-Belastung mit Erkrankungen oder einer erhöhten Sterblichkeit einhergeht. Dabei spielen auch die Fragen eine Rolle, inwieweit sich etwaige Wirkungen einem einzelnen Stoff zuweisen lassen oder das Gesamtgemisch der Atemluft eine Rolle spielt. Daher wird NO2 von Experten auch als Indikator für die Luftqualität insgesamt gesehen.
Viele Städte stehen hier vor großen Herausforderungen, denen mit verschiedenen Maßnahmen begegnet werden muss. Derzeit wird beispielsweise auf Ebene der Verkehrsministerkonferenz geprüft, inwieweit eine Nachrüstaktion für Diesel-PKW sich lohnen könnte. Aber auch eine Umstellung von Stadtbussen auf Elektroantrieb wäre aus meiner Sicht ein Beitrag für sauberer Luft in unseren Städten.
Das heißt aber nicht, dass wir abwarten, bis neue Forschungsergebnisse vorliegen. Wir müssen jetzt handeln. Unsere zehn Forderungen sind im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses dargelegt. Dieser ist samt Bewertung und Sondervoten der Oppositionsfraktionen am 30. Juni im Plenum des Deutschen Bundestages debattiert worden. Er steht Ihnen als Drucksache zum Herunterladen unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/129/1812900.pdf zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann