Wenn es verboten sein sollte, nicht geimpft zu sein, um sich selbst und andere zu schützen, warum dann nicht auch Cannabis-Konsum?
Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,
Sie haben für die Covid-19-Impfpflicht gestimmt, unter anderem weil Sie die Impfung für wichtig halten, um vulnerable Gruppen zu schützen und das Gesundheitssystem zu entlasten.
Gleichzeitig setzen Sie sich seit langer Zeit für eine Entkriminalisierung von Cannabis ein. Ich würde argumentieren, dass Cannabiskonsum die ohnehin schon knappen Ressourcen der Psychatrie und Suchtbehandlung strapaziert, sodass unverschuldet in Not geratene länger auf einen Therapieplatz warten müssen. Durch Cannabisrauch geht für vulnerable Gruppen eine Gefahr aus, wenn sie ihm ausgesetzt sind, weil der Nichtkifferschutz nicht konsequent genug ist. Und wie auch bei der Impfpflicht gibt es beträchtliche Gruppen, die sich an das Gesetz nicht halten (werden).
Ich glaube, dass man so, wie sie für die Impfpflicht argumentiert haben, eher für als gegen ein Cannabisverbot argumentieren müsste. Daher wüsste ich gern, warum Ihre Einstellung hier so entgegengesetzt ist.
Sehr geehrter Herr S. ,
ich sehe keinen Widerspruch und auch keinen direkten Zusammenhang zwischen der Debatte um eine Corona-Impfpflicht und der Cannabislegalisierung.
Ich habe mich für eine Impflicht eingesetzt, um einer schweren Infektionswelle im Herbst und Winter und damit schweren Verläufen, Long-Covid sowie einer Überlastung des Gesundheitswesens zuvorzukommen. Es ist nicht nur individuell klug, sich gegen Covid impfen zu lassen, es ist auch ein notwendiger Akt der Solidarität, um vulnerable Gruppen zu schützen.
Bei der Cannabislegalisierung geht es ebenfalls darum, die Prävention zu stärken. Cannabis ist unter den Bedingungen der Prohibition an jeder Straßenecke erhältlich. Kein Dealer fragt nach dem Ausweis. Das Cannabis ist häufig verunreinigt sowie mit gefährlichen Streckmitteln und synthetischen Cannabinoiden versetzt. Auf einem illegalen Markt gibt es auch keinen Nichtraucherschutz.
Stattdessen sollte geprüftes Cannabis in Fachgeschäften erhältlich sein, zu denen nur Erwachsene Zutritt haben. Parallel zur kontrollierten Freigabe muss auch die Prävention ausgebaut werden. Aufklärung an Schulen und anderen Orten, wo Jugendliche sich aufhalten, muss zielgruppenspezifisch ausgestaltet werden. Jugendliche, die Cannabis konsumieren, aber auch Erwachsene mit problematischen Konsummustern müssen Beratung und Hilfe bekommen, ohne die Strafverfolgung fürchten zu müssen. Der Nichtraucherschutz muss konsequent eingehalten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Kappert-Gonther