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Kirsten Kappert-Gonther
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Simon P. •

Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Simon P. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,

Sie als Grüne sind ja derzeit dran, die Nahrungsergänzungsmittel auseinanderzunehmen. Eine zielgerichtete Reglementierung könnte dabei sogar sinnvoll sein, wenn es z. B. ums Thema Potenzmittel oder dubiose Abnehmpräparate geht. Genauso sollte die Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln in bestimmter Hinsicht reglementiert werden. So sollten sinnlose und gefährliche Zusatzstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln verboten werden.

Jetzt komme ich zu meiner eigentliche Frage: Warum wollen die Grünen die Höchstmenge für Vitamine und Mineralstoffe reglementieren? Dabei sollte sehr genau überlegt werden, was man da macht. Z. B. Veganer müssen oft Vitamin B12 suplementieren. Wenn Sie nurnoch mikrige Nahrungsergänzung in diesem Bereich erlauben, zahlt man sich als Veganer irgendwann dumm und dämlich, um auf die Menge B12 zu kommen, die man braucht. Wollen Sie Veganismus nichtmehr bezahlbar und nicht mehr praktikabel machen? Das würde so garnicht zu einer grünen Partei passen! Und wie genau stellen Sie sich ihren Eingriff vor? Ich hoffe Sie werden nicht von der Pharmalobby gebreeft. Den denen wäre es natürlich ganz recht, wenn alle Vitaminpräparate illegal wären. Dann hätten kranke Menschen in diesem Land keine andere Wahl mehr als sich der unsensiblen und unter Umständen gefährlichen Schulmedizin hinzugeben. Und was sagen Sie den Menschen, die von der Schulmedizin aufgegeben wurden, und die sich durch Nahrungsergänzung wieder aufpeppeln? Sie und ich müssen einsehen, dass es Dinge gibt, die die Schulmedizin nicht schafft. Und es gibt Dinge, die der Körper besser schafft, mit hochdosierter Nahrungsergänzung! Ich möchte von Ihnen wissen, ob sie diese Sachverhalte berücksichtigen, bei einer eventuellen Reglementierung. Oder hauen Sie einfach nur mit der Keule drauf und verbieten alles ab einer bestimmten Dosis? Das wäre fatal! Lassen Sie sich nicht von der mächtigen Pharmalobby kaufen. Und viele Wähler kenne sich nicht mit Pflanzenheilkunde aus. Das ist nicht schlimm. Aber viele argumentieren auch dagegen, selbst wenn man mit fundierten wissenschaftlichen Studien kommt, die viele überlieferte Wirksamkeiten mittlerweile auch schulmedizinisch beweisen. Diese Menschen wollen die Reglementierung von Nahrungsergänzung, weil sie das Thema nicht betrifft und sie davon keine Ahnung haben. Davon sollten Sie sich auch nicht zu fatalen Entscheidungen verleiten lasse. Ich bin auf die Schilderung Ihrer Herangehensweise und auf Ihre hoffentlich maximal objektive Informationslage gespannt!

Hochachtungsvoll
Simon PIckart

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Pickart,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Wir Grüne im Bundestag wollen Verbraucher*innen besser vor den Gesundheitsgefahren durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln schützen.

Aus medizinischer Sicht ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln nicht nur ohne Nutzen für die allermeisten Menschen. Häufig werden sie in Dosierungen angeboten, die den Tagesbedarf an Vitaminen und Mineralstoffen um ein Vielfaches übersteigen und somit das Erkrankungsrisiko in manchen Situationen sogar erhöhen können. Das gilt insbesondere bei Schwangeren, bei denen zum Beispiel eine Überdosierung von Vitamin A im Extremfall zu Missbildungen beim Kind führen kann. Aus gesundheitspolitischer Sicht gilt aus: für eine ausgewogene und gesunde Ernährung sind Nahrungsergänzungsmittel kein Ersatz.

Die Lebensmittelüberwachung stellt bei Untersuchungen immer wieder Mängel wie Überdosierungen oder nicht zugelassene Zutaten fest. Auch Marktuntersuchungen der Verbraucherzentralen belegen dieses Verbraucherschutzdefizit. Problematisch ist auch die Verwendung von sogenannten „sonstigen Stoffen“, beispielsweise Pflanzen- und Pflanzenzubereitungen (Botanicals), für die - anders als für Vitamine und Mineralstoffe - keine Positivliste und somit keinerlei Regulierung besteht.

Wir Grüne im Bundestag fordern die Bundesregierung daher auf, umgehend eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die nationale Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln auf Grundlage der Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung festlegt. Diese Regelung soll eine rechtlich verbindlich Positivliste für zugesetzte Stoffe inklusive Festlegungen zu Definition, Wirkung, Sicherheit, Qualität und zulässiger Menge des jeweiligen Stoffs beinhalten. Ferner bedarf es einer Meldestelle zur systematischen Erfassung von Neben- und Wechselwirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln, an die sich Verbraucher*innen mit Beschwerden werden können. Nicht zuletzt bedarf es verpflichtender Warnhinweise zu Wechselwirkungen mit Arzneimitteln für Nahrungsergänzungsmittel.

Obwohl die Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie von 2002 die Einführung gesetzlicher Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe vorsieht, hat die Europäische Kommission bis heute noch keine EU-weit einheitlichen Höchstmengen für Nahrungsergänzungsmittel festgesetzt. Von einer europaweiten Positivliste für erlaubte „sonstige Stoffe“ in Nahrungsergänzungsmittel nahm die EU-Kommission bereits 2008 Abstand.

In zahlreichen Mitgliedstaaten gibt es daher mittlerweile nationale Höchstmengen (zum Beispiel in Frankreich, Dänemark, Italien, Belgien, Niederlande, Irland, Polen); auch Norwegen und die Schweiz haben diese national festgelegt. Ebenso existieren in zahlreichen Mitgliedstaaten national verbindliche Positivlisten für sonstige Stoffe in Nahrungsergänzungsmitteln.

In Deutschland hat das Bundesinstitut für Risikobewertung bereits im Jahr 2004 Empfehlungen für Höchstmengen von Vitaminen und Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln vorgelegt und diese im Jahr 2018 noch einmal aktualisiert. Diese könnten Basis für eine gesetzliche Höchstmengenregelung sein. Auch die Verbraucherschutzminister haben sich längst für schnellstmögliche nationale Höchstmengen ausgesprochen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kirsten Kappert-Gonther

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