Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Harald O. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte gesundheitspolitische Sprecherin Frau Kappert-Gonther,
die Organspendebereitschaft ist nach einer aktuellen Umfrage der Barmer Krankenkasse von 56 Prozent der Befragten im Jahr 2018 auf 42 Prozent der Befragten im Mai 2019 gefallen https://www.zeit.de/news/2019-05/24/barmer-umfrage-bereitschaft-zur-organspende-laesst-nach-20190524-doc-1gv13k .
Ein Einbruch innerhalb eines Jahres um 25 Prozent, d.h., dass eine Person von vier Personen nicht mehr spenden möchte?
Im Zusammenhang mit der aktuellen Organspendedebatte, was schliessen Sie daraus?
Was halten Sie von einem mit Honorarmitteln (Geld) geförderten, umfassenden Ausbau von organprotektiven Therapien um die Organfunktion von Patienten zu erhalten und zu verbessern?
Wurde im Gesundheitsausschuss zumindest einmal darüber diskutiert - unter Einbeziehung von Experten die nicht aus der Transplantationsindustrie und der Pharmaindustrie kommen oder von diesen lobbyiert werden - dass organprotektive Therapien die einzig wirksame medizinische Therapie darstellen, um die Anzahl der Menschen auf der Organwarteliste zu verringern und das furchtbare Leiden von Explantierten und deren Angehörigen zu verhindern?
Mit freudlichen Grüßen
H. O.
Sehr geehrter Herr O.,
die Zahlen der Umfrage der Barmer Krankenkasse sind alarmierend und zeigen, dass die Auseinandersetzung mit der Organspende weiter gefördert werden muss. Die Ergebnisse der Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die im Mai 2019 vollständig veröffentlicht wurden und hier abrufbar sind: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/Organ_und_Gewebespende_2018_Ergebnisbericht.pdf zeigen einen positiveren Trend. Demnach stehen 84 % der Menschen der Organspende grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings haben auch dieser Befragung nach nur 36 % einen Organspendeausweis. Es besteht also Handlungsbedarf!
Der Schlüssel für mehr Organspenden liegt aber im Erkennen und Melden der potentiellen Organspenden in den Krankenhäusern. Die Strukturen müssen so aufgebaut sein, dass kein Spendeorgan verloren geht. Genau diese Strukturen und deren Finanzierung sprechen Sie an. Mit der kürzlich vom Bundestag beschlossenen Stärkung der Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern und weiteren Strukturverbesserungen, denen alle Fraktionen im Bundestag (außer der AfD) zugestimmt haben, wurde die Grundlage für die Erhöhung der Organspenderate gelegt. Das Strukturgesetz ändert nichts am Prinzip der freiwilligen Entscheidung. Eine Zustimmung ist die Voraussetzung für eine Organentnahme und das muss unserer Meinung nach auch so bleiben.
In dem Gesetz wurde auch geregelt, dass die Organentnahme und deren Vorbereitung angemessen vergütet wird, damit für die Krankenhäuser keine finanziellen Anreize dafür bestehen, Organspenden nicht durchzuführen. Zukünftig erhalten die Krankenhäuser zusätzlich zur pauschalen Abgeltung für ihre Leistungen im Rahmen der Organentnahme und deren Vorbereitung einen substantiellen Zuschlag als Ausgleich dafür, dass ihre Infrastruktur im Rahmen der Organspende in besonderem Maße in Anspruch genommen wird.
Das gerade erst in Kraft getretene Gesetz wird seine Wirkung erst noch entfalten. Zusätzlich fordere ich mit einer interfraktionellen Gruppe, dass die Information, Beratung und Dokumentation einer freiwilligen Entscheidung weiter gestärkt wird.
Den Ausweisstellen könnte nach unserer Ansicht eine zentrale Bedeutung zukommen. Sie werden dazu verpflichtet, die Bürger*innen bei der Beantragung von Papieren mit allen Infos der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu versorgen und für weitergehende Infos an die jeweiligen Hausärzt*innen zu verweisen. Die Ausweisstellen selbst sollen keine Beratung vornehmen. Bei Ausweisbeantragung oder -abholung sollen sie die Person aber zur Eintragung in das Organspenderegister ermutigen. Das soll vor Ort und auch später jederzeit online von zuhause aus möglich sein. Mit dem Online-Verfahren ist auch gesichert, dass man jederzeit eine Änderung der Entscheidung unbürokratisch eintragen kann. Das Register ermöglicht es Krankenhäusern, bei Todesfällen die Daten schnell abzurufen.
Wir wollen außerdem den Bereich Organspende innerhalb der medizinischen Aus- und Weiterbildung stärken, um die Sensibilität des ärztlichen Nachwuchses für dieses Thema zu verbessern und ggf. Vorurteile abzubauen.
Ziel dieser Maßnahmen ist, die Organspenderate in Deutschland zu erhöhen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther