Kerstin Tack
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Frage von Manfred G. •

Frage an Kerstin Tack von Manfred G. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Eigentumswohnung gekauft, Wohnfläche fehlt, Käufer haftet. Warum nicht der Verkäufer?

Sehr geehrte Frau Tack,

im Rahmen der Gespräche über Baumängel wurden wir gefragt, ob wir unsere Wohnfläche schon überprüft haben. Wir haben einen Sachverständigen mit der Überprüfung beauftragt. Die von uns bewohnte Wohnung war um 3,36 % und die im Nachbarblock war um 2,11 % kleiner. Das Aufmaß hat der Sachverständige jeweils in jedem Raum unterhalb der Wohnraumdecke genommen, sodass die korrekte Nutzfläche ermittelt wurde. Leider haben wir im guten Glauben einem Bauträgervertrag unterschrieben, der eine Toleranzgrenze von 2 % und den Hinweis auf die Wohnflächenverordnung beinhaltet.
Der Investor wollte uns die über der Toleranzgrenze liegende Fehlmenge ersetzen, sich das Geld aber bei der Baufirma wieder holen. Diese verwies auf die Wohnflächenverordnung, die Türschwellen und Mauereinlassungen zum Balkon etc. als Wohnfläche hinzuaddiert.
Da wir in den Notarverträgen die Berücksichtigung von Toleranzgrenze und Wohnflächenverordnung unterschrieben haben, konnte sich der Bauherr als Verkäufer schadlos halten. Die Haftung für fehlende Wohnfläche gegenüber Mieter und künftigen Käufer bleibt Dank dieser vertraglichen Regelungen beim Käufer. Ein Vertrag zwischen Bauherrn und Architekten, wonach dieser bei weniger angefallenen Baukosten ein zusätzliches Honorar bekommt, ist eine weitere Aufforderung zum Material sparenden Bauen auf Kosten des Käufers, der die fehlende Wohnfläche in der Regel gar nicht bemerkt.
Wir haben geglaubt, der Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen sieht hier wie wir eine gesetzliche Fehlentwicklung zu Lasten des unbeteiligten Käufers.
Vor einem Jahr haben wir deshalb die Obleute im Ausschuss informiert, später die Mitglieder und Stellvertreter. Leider war das zu unserer Enttäuschung eine falsche Annahme. Bis heute erfolgte keine Reaktion!
Zwei Landtagsabgeordnete haben uns empfohlen eine Petition im bayerischen Landtag einzureichen, die aus unserer Sicht überhaupt nicht beachtet wurde.
Für uns gewinnt die Frage immer mehr an Bedeutung, ob es an der Arroganz der Abgeordneten gegenüber dem Bürger liegt, ist es die Angst eine große Wählerschicht aus der Bauwirtschaft einschließlich Vertriebsgesellschaften zu verprellen? Selbst die im Vertrieb tätigen Sparkassen und Banken wollen davon nichts wissen, weshalb auch diese in die Haftung einbezogen werden sollten. In der Regel merkt erst ein Mieter, dass seine Quadratmeterzahl im Mietvertrag nicht stimmt, die Baufirma aber nicht mehr greifbar ist.
Der Verbraucherschutzverband WOHNEN IM EIGENTUM hat den Vorschlag gemacht am Ende der Bauphase die Wohnfläche zu überprüfen, damit hätte der Eigentümer, Vermieter und Mieter eine von allen Seiten anerkannte Wohn-/Nutzfläche.

Eine gesetzliche Regelung zum Schutz des Käufers würde dem Steuerzahler keinen Cent kosten.

Mit freundlichen Grüßen
B. u. M. G.

P.S: Gerne senden wir Ihnen auch weitere Informationen (Petition, Literatur).

Kerstin Tack
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Güntsch,

vielen Dank für Ihre Mail vom 8. Juni 2020.

Ich übersende Ihnen gern die Antwort meines Kollegen MdB Andreas Schwarz, der für Ihren Wahlkreis zuständig ist.

Der von Ihnen angesprochene Umstand erweist sich in meinen Augen als ein rechtliches Problem. Sie haben in Ihrem Bauträgervertrag einer Klausel zugestimmt, die eine Schadloshaltung des Bauträgers bei einer bis zu 2%igen Abweichung der tatsächlichen von der geschuldeten Wohnfläche regelt.

Um die Wohnfläche zu berechnen wird in Ihrem Vertrag die Wohnflächenverordnung herangezogen. Das zwingende Formerfordernis der notariellen Beurkundung dient darüber hinaus der Hinweis- und Warnfunktion auf Seiten des Käufers. Vertragliche Schadensersatzansprüche ergeben sich grundsätzlich auch nur aus Rechtsbeziehungen zwischen den am Vertag unmittelbar beteiligten Personen (inter partes). Die Parameter, nach denen sich eventuelle Schadensersatzansprüche richten, sind in Ihrem Fall daher leider klar umrissen. Fehlt eine vertragliche Reglung, greifen die allgemeinen zivilrechtlichen Normen. Da Sie mit dem Bauträgervertrag jedoch individuelle Abstimmungen getroffen und diesen zugestimmt haben, finden diese auch Anwendung.

Dreh und Angelpunkt ist daher die 2% - Regelung. Wäre diese nicht Vertragsbestandteil geworden, so wäre die Differenz zwischen geschuldeter und tatsächlicher Wohnfläche (berechnet nach der Wohnflächenverordnung) in voller Höhe als Schadensposten definierbar. Es liegt in meinen Augen daher keine "gesetzliche Fehlentwicklung" vor, sondern eine vertraglich abweichend geregelte Situation, an die Sie sich selbst gebunden haben. Zwar wird auch dieser Vertragsautonomie in krassen Fällen, insbesondere bei Missbrauch oder extremer Unverhältnismäßigkeit ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben. Hiervon kann bei einer Fehlerdifferenz von 2% in meinen Augen aber noch nicht die Rede sein.
Nichtsdestotrotz steht es jedem Käufer nach wie vor zu und frei, vor oder bei Abnahme des Bauwerks die tatsächliche Wohnfläche auch zu überprüfen. Ich würde hierzu sogar auch dringend raten, denn es geht bei einem Wohnungs- oder Hauskauf meist um eine sehr große Summe, sodass es sich bei der Überprüfung durchaus um eine Obliegenheitspflicht des Käufers handeln könnte.

Beste Grüße und bleiben Sie gesund

MdB Andreas Schwarz