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Kerstin Schreyer
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Frage von Christian N. •

Frage an Kerstin Schreyer von Christian N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Staatsministerin,

mein Name ist C. N.. Ich wende mich an Sie hinsichtlich des jüngst vorgestellten Gesetzesentwurf zum BayPsychKHG. Mit großer Sorge habe ich den Entwurf gelesen und würde Sie um eine Stellungnahme zu meinen Fragen bitten.

Als Hintergrund: Ich bin Mediziner und habe mich in der Vergangenheit in gewissem Umfang mit der behandelten Problematik der Einschränkung von Persönlichkeitsrechten auseinandergesetzt. Aufgrund einer Erkrankung in der Familie habe ich zudem entsprechende persönliche Erfahrung mit den aktuellen Verordnungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in Bayern.
Besonders im Hinblick auf die Geschichte der Psychiatrie in Deutschland und auf die Rolle der deutschen Ärzteschaft im Umgang mit psychisch Erkrankten im Nationalsozialismus, entsetzt mich die offene Bezugnahme des Gesetzesentwurfes auf Prinzipien und Paragrafen aus der Sicherheitsverwahrung.

Mir erschließt sich nur schwer wie es in Deutschland dazu kommen kann, dass eine Landesregierung solch ein Gesetz für rechtmäßig und gut halten kann. Diese Menschen, die per se als besonders vulnerabel zu sehen sind, weil man ihnen die Kapazität abspricht in Zukunft unabhängig über ihr eigenes Wohl zu entscheiden, wie Straffällige zu behandeln halte ich für eine grobe Verletzung der staatlichen Fürsorgepflicht für die Gesamtheit seine Bürger.

Bitte erklären Sie mir:
Wie rechtfertigt sich Ihrer Meinung nach die extreme Härte mit der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingeschränkt werden?
Wie sehen Sie die Implikationen dieses Präventiv-Verdachtes und der extensiven Entrechtung von Schutzbefohlenen im Kontext des deutschen Grundgesetzes und im Licht der deutschen Geschichte?
Halten Sie es für problematisch, dass die betroffene Personengruppe wenige Fürsprecher hat?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Niklas,

ich nehme die Sorgen von Menschen mit psychischen Erkrankungen sehr ernst und ich schaue mir genau an, welche Menschen welche Hilfen und welche Unterstützung brauchen. Das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz findet nur auf einen kleinen Teil der psychisch kranken Menschen Anwendung, der sich selbst oder andere konkret und erheblich gefährdet. Es gilt nicht für Menschen, die sich freiwillig in psychiatrische Krankenhausbehandlung begeben haben oder bei denen ein Betreuer die Unterbringung angeregt hat. Das Gesetz ermöglicht nur in den Fällen, in denen Hilfe und Behandlung nicht reichen und auch keine anderen Optionen bestehen, eine Unterbringung zum Schutz der betroffenen Personen und der Bevölkerung. Der Gesetzentwurf setzt damit auf Hilfen, Heilung und Schutz von psychisch kranken Menschen.

Dabei ist die öffentlich-rechtliche Unterbringung für die Betroffenen ein erheblicher Grundrechtseingriff. Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren die Anforderungen an die gesetzlichen Rahmenbedingungen deutlich erhöht. Diesen Anforderungen wollen wir mit dem vorliegenden Entwurf gerecht werden.
Nach den Vorgaben der Rechtsprechung muss der Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen detaillierter als bisher treffen. Das setzen wir konsequent um: Zum Beispiel mit den Regelungen zur Zwangsbehandlung oder zu den Sicherungsmaßnahmen, wie etwa Fixierungen, sowie mit Regelungen zu den Anforderungen an die Einrichtungen und zu ihren Befugnissen. Auch alle anderen Bundesländer regeln die Unterbringung psychisch kranker Menschen in Fällen der Fremd- und Selbstgefährdung.

Mit der Neuregelung wollen wir einen besseren Schutz der Betroffenen, aber auch der Allgemeinheit erreichen. Wir wollen Rechtssicherheit und Transparenz für alle Beteiligten. Das meint die untergebrachten Menschen, ihre Angehörigen, aber auch die Beschäftigten in den Einrichtungen.

Trotz dieser guten Absicht hat der Gesetzentwurf viel Kritik ausgelöst. Es kursieren sehr viele falsche Behauptungen (vgl. dazu https://www.stmas.bayern.de/). Ein Beispiel: Menschen mit einer psychiatrischen Diagnose werden in Bayern stigmatisiert. Diesem Vorwurf trete ich in aller Entschlossenheit entgegen. Gleichwohl nehme ich die Ängste und Sorgen der Betroffenen sehr ernst. Wir wollen ein Gesetz, vor dem niemand Angst hat, ein Gesetz, das die Situation der Betroffenen nachhaltig verbessert. Deshalb wird der Gesetzentwurf im laufenden Gesetzgebungsverfahren sicherlich noch geändert, um einer Stigmatisierung entgegenzuwirken. Nach meinen Vorstellungen sollte auf die Unterbringungsdatei gänzlich verzichtet werden, Maßregelvollzug und öffentlich-rechtliche Unterbringung strikt getrennt behandelt werden und es müssen sich die Ziele der Unterbringung, nämlich Heilung und Gefahrenabwehr, auf Augenhöhe begegnen. Diese Änderungsvorschläge sind aus meiner Sicht ein wichtiges Signal an alle Betroffenen und ihre Angehörigen, dass die deutliche Verbesserung der psychiatrischen Versorgung in Bayern im Vordergrund des Gesetzes steht.
https://www.stmas.bayern.de/

Startseite Bayerisches Staatsministerium für Familie www.stmas.bayern.de
Die Website des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales mit Infos für Bürgerinnen und Bürger, Fachleute und Netzwerkpartner

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Schreyer

Landtagsabgeordnete
Staatsministerin
für Familie, Arbeit und Soziales

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