Frage an Kerstin Müller von Sinthu T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kerstin Müller,
ich bin eine tamilische Studentin, die aus lauter Verzweiflung und nach Hilfe für meine Schwestern und Brüder auf Sri Lanka suchend, die Email verfasse.
Aktuelle Nachrichten von heute berichten von mindestens 300 tote Tamilen und über 1000 verletzte Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder. Das von der Armee angerichtete Blutbad hat keine 24 Stunden beansprucht. Die Leichen sollen auf den Straßen herumliegen und können aufgrund des andauernden Beschusses durch die srilankische Artillerie nicht geborgen werden.
Es fällt mir sehr schwer zu glauben wie ungerecht doch diese Welt ist. Wie viele der Weltbevölkerung erfahren diese Nachrichten? Warum handeln die Politiker oder die EU nicht sofort für einen Waffenstillstand? Wenn Israels Armee im Gaza-Streifen Zivilisten tötet, dann sehen wir die Bilder auf allen Kanälen! Aber in Sri Lanka werden täglich hunderte unschuldige Tamilen getötet. Leider will die Welt davon nichts wissen! Niemand will die Realität erfahren.
Wo bleiben die kritischen Journalisten? Wo sind die Wahrheitssucher? Mutige Journalisten werden mit ihrem Tod bezahlt.
Über eine Rückmail würde ich mich sehr freuen und stehe Ihnen für weitere Fragen gerne zur Verfügung.
Vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen,
Sinthu Tharmalingam
Sehr geehrte Frau Sinthu Tharmalingam,
es ist sehr verständlich, dass Sie die Situation in Sri Lanka bewegt. Vergangene Woche wurde die aktuelle Situation in Sri Lanka im Auswärtigen Ausschuss debattiert.
Wir, die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen, teilen Ihre Besorgnis und Betroffenheit über die andauernde humanitäre Katastrophe in Sri Lanka. Allein in den ersten Monaten dieses Jahres forderte dieser blutige Bürgerkrieg den Tod von 2000 Zivilisten. Als Bundestagsfraktion haben wir uns des Themas schon seit langem angenommen und darauf hingewirkt, dass dieses Thema in den Ausschüssen des deutschen Bundestages diskutiert wurde, um die Bundesregierung immer wieder dazu aufzufordern.
Wir beobachten auch in diesen Tagen die Entwicklungen mit großer Aufmerksamkeit und teilen die Ansicht der EU-Außenminister, dass nur eine politische Lösung dauerhaften Frieden in Sri Lanka bringen kann. In diesem Zusammenhang steht auch die von uns vertretene Ansicht, dass Schutz vor Diskriminierung, Garantien für die Bewahrung der kulturellen Identität und ein gewisses Maß an Autonomie im Norden und Osten der Insel unbedingt erforderlich sind, wenn es für den blutigen Konflikt eine wirkliche Lösung geben soll. Voraussetzung für den Frieden ist die sofortige Erklärung eines Waffenstillstands, die Einstellung aller kämpferischen Handlungen und die Aufnahme von Verhandlungen um den Tod weiterer Zivilisten zu verhindern.
Frieden und Versöhnung setzen aber auch einen angemessenen Umgang mit den zahlreichen Binnenflüchtlingen voraus, deren zwangsweise Unterbringung und Festhalten in Auffanglagern durch die Regierung bereits von John Holmes, dem Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten bei der UN, kritisiert wurde.
Es ist bedauerlich, dass die Menschenrechtssituation in Sri Lanka wie auch in vielen anderen Orten der Welt durch die Medien und in der Öffentlichkeit so wenig wahrgenommen werden. Die Regierung Sri Lankas muss internationalen sowie lokalen Organisationen und Journalistinnen und Journalisten wieder Zugang und Schutz gewähren, damit diese Hilfe leisten und die Weltöffentlichkeit auf die Situation in Sri Lanka aufmerksam machen können.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Müller, MdB