Frage an Kerstin Müller von Florian K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Müller,
die israelische Attacke auf einen Konvoi mit Hilfsgütern für den Gaza-Streifen in internationalen Gewässern hat diese Woche auf dem ganzen Globus Empörung ausgelöst, eingeschlossen einer Erklärung des UN-Generalsekretärs, der die Attacke ebenso wie die fortgesetzte Blockade des Gaza-Streifens scharf verurteilt hat.
Wie beurteilt Ihre Partei die israelische Blockade des Gaza-Streifens und auf welche Weise sollte sich Deutschland engagieren, um eine Versorgung der Zivilbevölkerung mit lebensnotwendigen Hilfsgütern zu gewährleisten?
Wie sollte die deutsche Regierung in der nächsten Zeit gegenüber diesen Übergriffen Stellung beziehen?
mit freundlichem Gruß,
Florian Kraemer.
Sehr geehrter Herr Kraemer,
vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr damit verbundenes Interesse an den Ereignissen im Gazastreifen. Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:
Die israelische Blockade von Gaza ist inhuman, völkerrechtswidrig und politisch kontraproduktiv und muss endlich beendet werden. Zwar gibt es in Gaza keine humanitäre Krise im engeren Sinne, jedoch wird die Bevölkerung, zur Hälfte Kinder, systematisch daran gehindert, sich zu entwickeln. Eine dringend benötigte Verbesserung der Lebensbedingungen in Gaza ist wegen der Blockade nicht möglich. Willkürliche und undurchsichtige Einfuhrregeln lassen nur die Versorgung mit dem Allernotwendigsten zu. Die Menschen haben eingeschränkten Zugang zu Schulbildung. Wirtschaftlicher Fortschritt ist für eine Verbesserung der Lebensbedingungen dringend notwendig. Die Blockade macht es somit den Menschen in Gaza nicht möglich, in Würde zu leben. Auch das Hilfswerk der Vereinten Nationen im Gazastreifen (UNRWA) wird durch die Blockade behindert und kann seinen Auftrag in Gaza kaum ausfüllen.
Die Blockade von Gaza ist auch politisch kontraproduktiv, da Israel mit ihrer Aufrechterhaltung seine Sicherheit schwächt. Das Ziel Israels, die Hamas in Gaza zu schwächen, konnte durch die Blockade bisher nicht erreicht werden. Vielmehr hat die israelische Blockade dazu beigetragen, dass die Hamas ihre Position in Gaza stärken konnten. Da die Menschen in Gaza nicht in der Lage sind, Güter auf legalem Wege zu erwerben, hat sich infolge der Blockade eine Schattenwirtschaft entwickelt, welche durch die Hamas kontrolliert wird. Auch ein Stopp des Raketenbeschusses konnte Israel durch die Blockade bisher nicht erreichen.
Deutschland muss sich dafür einsetzen, dass Israel in Übereinstimmung mit internationalem Recht die Hindernisse für die Gütereinfuhr und den Personenverkehr über den Landweg abbaut. Des Weiteren muss die Bundesrepublik sich dafür engagieren, dass Israel in Abstimmung mit den Vereinten Nationen sofort einen Zugang über den Seeweg nach Gaza schafft. Hierbei sollten die Vereinten Nationen oder die Europäische Union auch eine Kontrollfunktion vor der Küste Gazas übernehmen, um die Einfuhr von Waffen in den Gazastreifen zu verhindern. Das stellt Israels Sicherheitsbedürfnis vollständig zufrieden und eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, das Notwendige einzuführen, damit die Bewohner des Gazastreifens eine Zukunftsperspektive haben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einige unserer Positionen näher bringen. Mehr zum Thema und vor allem den Bericht zu meiner Reise nach Israel und in die palästinensischen Gebiete finden Sie unter http://www.kerstin-mueller-mdb.de/cms/default/rubrik/4/4713.html .
Mit freundlichen Grüßen,
Kerstin Müller