Frage an Kerstin Müller von Reinhard G. bezüglich Soziale Sicherung
Ihre Antwort von heute auf die Zuschrift von Herrn Schmitt betr. GEZ
Liebe Frau Müller. Ich habe Ihre Antwort bezüglich der in Deutschland üblichen Zahlungen fürs Radiohören gelesen. Dazu eine Bemerkung: Als ich meinen Freunden hier in Madrid erzählte, daß man in Deutschland Geld bezahlen muß, um Radio zu hören oder fernzusehen, meinten alle ich mache einen Witz. Die Programme in beiden Ländern sind in etwa gleichgut/ gleichschlecht, mit - leider - den gleichen nervtötenden, langen Werbeeinschaltungen. Nur, hier muß kein Mensch Gebühren bezahlen um täglich Nachrichten zu sehen. Es sollte eine Bürgerpflicht sein sich politisch zu informieren, ohne davor Geld bezahlen zu müssen. Sie ist für mich unzweifelhaft eine große, bösartige Abzocke, diese Radio-/ Fernsehgebühr. Natürlich, wenn man die Gehälter der Herren Intendanten und die Zahlungen an Thomas Gottschalk und Harald Schmid anschaut, dann weiß man, weshalb man in Deutschland eine "Radio- und Fernsehsteuer" zahlen muß.
Meine Frage: Finden Sie, Frau Müller eine solche Gebühr richtig ? Ich hoffe nein.
Sehr geehrter Herr Gold,
die bestehende Medienlandschaft -- das schließt den Rundfunk mit ein- in Deutschland ist in ihrer Vielfalt einzigartig und muss unbedingt erhalten werden, um eben dies zu garantieren.
Unserer Ansicht nach brauchen wir Rundfunkgebühren. Zum einen erfüllt der öffentlich-rechtliche Rundfunk die verfassungsrechtliche Aufgabe der "Grundversorgung". Dies beinhaltet, allen Bürgern unseres Landes Zugang zu Information, Sport und Unterhaltung zu gewährleisten. Dazu sind erhebliche finanzielle Mittel notwendig. Wir unterstützen dieses Gebot, weil wir der Meinung sind, dass Zugang zu Information der wichtigste Bestandteil an einer aktiven, bürgerschaftlichen Beteiligung am gesellschaftlichen Leben darstellt. Nicht jedermann ist in der Lage, seine Information über eine Tageszeitung oder das Internet zu beziehen. Daher halten wir am Grundversorgungsauftrag fest. Auch die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes betonen, dass die Rundfunkfreiheit alle mit der Rundfunkveranstaltung verbundenen Tätigkeiten schützt. Rundfunkfreiheit kann nur ausgeübt werden, wenn der Staat durch gesetzliche Rahmenbedingungen die Grundversorgung mit einem vielfältigen Programm sicherstellt. Das schließt auch die Finanzierung mit ein.
Doch auch wir sehen das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht unkritisch und sehen Reformbedarf. Tendenzen, im Kampf um Einschaltquoten die Unterschiede zu privaten Angeboten zu nivellieren, sind unübersehbar. Ihnen muss entgegengewirkt werden. Ein Schritt in die richtige Richtung sind hier die Selbstverpflichtungserklärungen und Berichte über die Erfüllung ihres Auftrages von ARD und ZDF
Das Fernseh- und Radioprogramm ist auch *in Spanien für den Bürger nicht kostenfrei* (das ist es - nebenbei bemerkt nie - denn auch das Programm der privaten Rundfunkveranstalter zahlen die Bürgerinnen und Bürger letztendlich über den Kauf von Produkten, für die Werbezeiten im Programm gebucht werden).
In Spanien wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk aber ebenso wie in Deutschland über öffentliche Gelder finanziert. In Spanien sind dies im Unterschied zu Deutschland allerdings Steuereinnahmen. Bürgerinnen und Bürger "sehen" die Gebühren dort also nicht direkt, sondern lediglich, wenn sie einen Blick in den Haushaltsplan werfen.
Letztendlich ist das System in Deutschland demnach sogar nutzerfreundlicher. Wer hier keinen Fernseher und kein Radio besitzt, kann sich von der Gebühr befreien lassen. Bei einer Steuer jedoch wäre das nicht möglich.
Die Rundfunkgebühr ist in Deutschland keine Steuer und darf auch keine sein, vielmehr ist sie eine Abgabe mit beitragsähnlichem, bzw. gebührenähnlichem Charakter (so die juristische Bezeichnung). Bei uns gilt das Prinzip der *Staatsferne des Rundfunks*. Auch die Gebühren dürfen also nicht über das Finanzamt oder die Steuern eingezogen werden (auch wenn das um Verwaltungskosten zu sparen günstiger wäre) -- unter anderem deshalb, weil man nicht möchte, dass der Staat dadurch indirekt Einfluss auf die Programme nehmen kann. *In Spanien wurde bis vor einem Jahr der Direktor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks direkt von der Regierung bestimm*t. Wir sind froh, dass unser Mediensystem -- auch wenn es kompliziert ausgestaltet ist und viele Gremien und Aufsichtsorgane benötigt -- solche Zustände nicht zulässt. Wir sehen die Medien einschließlich des Rundfunks als vierte Gewalt im Staat, denen der Grundsatz der Staatsferne auch zukünftig garantiert sein soll.
Wir Grüne sehen jedoch Schwierigkeiten in der Ausgestaltung der Rundfunkgebühren. Als grüne Alternative haben wir das Konzept einer *Mediengebühr* entwickelt. Denn die Debatte um die PC-Gebühr im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass eine Rundfunkgebühr, die sich an einzelnen Geräten orientiert, überholt ist.
Wir Grünen plädieren deshalb seit langem für eine einfache Mediengebühr pro Haushalt und eine gestaffelte Gebühr in Betrieben. Die genaue Ausgestaltung der Mediengebühr können Sie im Antwortschreiben des letzten Bürgerbriefes an mich auf der Seite Abgeordnetenwatch.de nachlesen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Müller, MdB