Frage an Kerstin Müller von Wilfried P. bezüglich Kultur
Sehr verehrte Frau Müller,
warum eigentlich wird in Köln eine Großmoschee gebaut, ohne eine Volksbefragung durchzuführen?
Mit freundlichen Grüßen
W. Pichlkostner
Sehr geehrter Herr Pichlkostner,
vielen Dank für Ihre Frage zum geplanten Moschee-Bau in Köln-Ehrenfeld. Lassen Sie mich zunächst betonen, dass der Bau einer Moschee mitnichten eine Volksbefragung verlangt - dies gilt ja auch nicht für den Bau von zum Beispiel christlichen Gotteshäusern.
Am 2. Mai 2006 fand im Berufskolleg Ehrenfeld eine erste Bürger-Informationsveranstaltung zum geplanten Moschee-Neubau (Bauherr ist die Türkisch-islamische Union „Ditib“) an der Venloer Straße statt. Veranstalter waren die Bezirksvertretung Ehrenfeld und die VHS Köln. An die 500 Leute waren gekommen: Die meisten waren Anwohner. Sie interessierten sich für Antworten auf Fragen nach den Verkehrsfolgen, den Auswirkungen auf die Bezirkssportanlage West und nach den Lärmemissionen durch den „Gebetsruf des Muezzin“, die ein Moschee-Neubau möglicherweise mit sich bringen. Antworten des Stadtplanungsamts: Die Parkplatzprobleme werden durch den Bau einer Tiefgarage eher geringer. Kein einziger Quadratmeter der Sportplätze wird tangiert. Der Muezzin wird nur im Innenhof der Moschee zu hören sein.
Es geht dem Bauherr Ditib um einen repräsentativen Moschee-Neubau mit den religiösen islamischen Symbolen Kuppel und Minarett: Eigentlich eine Selbstverständlichkeit in Deutschland, wo die freie Religionsausübung im Grundgesetz festgeschrieben ist. Genau dies scheint aber einigen alteingesessenen Ehrenfeldern nicht zu gefallen. Ein älterer Herr beispielsweise fühlte sich dadurch „überfremdet“. Und warum müsse eine solche Moschee unbedingt in Ehrenfeld gebaut werden?! Dieses Unbehagen versuchte etwa ein Dutzend „Pro Köln“-Aktivisten mit Zwischenrufen, höhnischem Gelächter und Hetzparolen („100.000 Muslime in Köln sind 100.000 zu viel!“) zu schüren. Dies wiederum provozierte jüngere Leute aus der alternativen Antifa-Szene zu „Nazis raus!“-Rufen. Dadurch fühlten sich die nachbarschaftlichen Bedenkenträger mit angesprochen und waren beleidigt: “Wir sind keine Nazis!“. Zeitweise drohte diese erste Informationsveranstaltung in völlig unsachliche und emotional aufgewühlte Parolen-Polemik zu kippen. Der Moderator Helmut Frangenberg und Bezirksbürgermeister Josef Wirges konnten die Situation dennoch retten.
Die Diskussion um den Moschee-Neubau geht weiter. Zu wünschen ist: Sachlichkeit, ein klares Bekenntnis zu Grundrechten und Werten wie zum Beispiel Religionsfreiheit, Trennung von Kirche und Staat, Toleranz gegenüber Andersdenkenden oder Gleichberechtigung von Frauen und Männern.
Mit freundlichen Grüßen nach Köln-Bayenthal,
Kerstin Müller