Frage an Kerstin Griese von Jürgen B. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Griese,
vielen Dank für die schnelle Antwort, trotz der massiven cut and paste Fehler meiner Anfrage. Dazu aber noch folgendes:
Die Zahl der in Anspruch nehmenden Eltern als Indiz für Beliebtheit des Elterngeldes zu werten ist eine krasse Fehlinterpretation. Nur weil man eine Schlechterstellung durch das Elterngeld im Gegensatz zum Erziehungsgeld kritisiert, wird man noch lange nicht darauf verzichten es zu nehmen. Familien haben da keine Wahl. Ihre diesbezügliche Interpretation ist abwegig.
Eine 1000€ Netto-Grenze zu ziehen, unabhängig von der Zahl der Kinder ist doch weltfremd. Vergleichen Sie mal bitte 1000€ netto bei 2, 3 oder 4 Kindern. Einen Geschwisterbonus vom Alter der Kinder abhängig zu machen, ist ebenso unsinnig. Kinder kosten das gleiche, ob sie einen Monat früher oder später geboren werden.
Wer binnen 2 Wochen 450000000000€ für Banken bereitstellen kann, aber nach Jahren nicht einmal einen Inflationsausgleich beim Kindergeld hinbekommt, und dann noch das Elterngeld gegen die Interessen der Kinder durchdrückt! Glauben Sie wirklich an beliebtes Elterngeld? Es hat die Besserverdienenden besser gestellt, die Geringverdiener hingegen schwer getroffen. Sind die staatlich generierten finanzielle Probleme von Eltern (bitte bei Herrn Binding nachlesen) soo viel unwichtiger, als die der Banken?
Was glauben Sie, welchen bleibenden Eindruck die große Koalition bei Familien hinterlassen wird?
Mit freundlichem Gruß
J.Bauke
Sehr geehrter Herr Bauke,
dass das Elterngeld beliebt ist, ergibt sich aus einer umfangreichen Allensbachstudie, die Sie unter http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsbe richte,did=104390.html finden können. Gegenüber dem Erziehungsgeld, das für die meisten Familien gerade mal sechs Monate mit einem Pauschalbetrag von 300 Euro ausgezahlt wurde, ist das Elterngeld ein großer Fortschritt. Die zusätzlichen Milliarden, die wir dafür aus dem Bundeshaushalt bereitstellen, sind gut investiertes Geld.
Das alte Erziehungsgeld wurde unter bestimmten Bedingungen auch bis zu 24 Monaten ausgezahlt. Doch hatte sich dieser Zeitraum für viele Mütter als Armutsfalle herausgestellt. Denn sie haben nach zwei Jahren keinen Anschluss mehr an ihre vorherige Berufstätigkeit gefunden. Es ist nicht verwunderlich, dass wir ab 1986, als das Erziehungsgeld eingeführt wurde, einen erheblichen Anstieg der Kinderarmut zu verzeichnen haben.
Ihre Kritik an der 1000-Euro-Grenze, bis zu der eine oberhalb von 67 Prozent liegende Lohnersatzleistung gezahlt wird, kann ich nachvollziehen. Denn jede Grenze ist letztlich willkürlich gewählt. Das gleiche gilt für die Zeiträume, die für die Gewährung des Geschwisterbonus maßgeblich sind.
Allerdings müssen Sie berücksichtigen, dass das Elterngeld grundsätzlich keine kindbezogene Sozialleistung ist. Darin unterscheidet es sich vom Kindergeld. Das Elterngeld hat einen anderes Ziel: es soll die durch die Jobpause entstehenden finanziellen Einbußen unmittelbar nach der Geburt kalkulierbar machen. Deswegen ist das Elterngeld als elternbezogene Lohnersatzleistung ausgestaltet.
Die Familienpolitik der rot-grünen Koalition und der Großen Koalition – die daran nahtlos anschloss – erscheint mir sehr erfolgreich. Denn erstmals wurde in Deutschland die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Mittelpunkt der Politik gestellt. Denn dass diese in Deutschland nicht gewährleistet war, hatte zwei gravierenden Folgen: ein hohes Kinderarmutsrisiko und eine weltweit einmal niedrige Geburtenrate.
Schon unter Rot-grün haben wir unter anderem zusätzliche vier Milliarden Euro in die Ganztagsschulen investiert, haben einen Kinderzuschlag für arme Familien eingeführt und haben das Elterngeld konzipiert. Ab diesem Jahr investieren wir erneut vier Milliarden Euro, und zwar für die Kinderkrippen. Das ist Geld, das bei den Kindern direkt ankommt und was für die Vereinbarkeit von Kind und Beruf sorgt. Außerdem: seit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die SPD haben wir das Kindergeld – inklusive der Erhöhung am 1.1.2009 – um insgesamt 46 Prozent erhöht.
Noch ein Wort zur Finanzmarktkrise: Auch ich verspüre großes Unbehagen angesichts der extremen Summen. Doch noch ist das Geld nicht ausgegeben – es ist nur ein potenzieller Rettungsschirm, wenn es zu weiteren Zusammenbrüchen im Finanzsystem käme. Doch allein die Ankündigung des Milliardenpakets führte zu einer Beruhigung der Finanzmärkte. Und diese ist dringend nötig. Wenn wir den Rettungsschirm nicht gespannt hätten, würde die Krise ganz schnell auf die reale Wirtschaft und auf den Arbeitsmarkt übergreifen – mit dramatischen Folgen für sehr viele Arbeitsplätze.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese