Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Norbert S. •

Frage an Kerstin Griese von Norbert S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Griese,

Ihre Antwort an Herrn Bernd Schneider der Sie bezüglich der Contergan-Entschädigung angeschrieben hat, finde ich der Gesamtproblematik in keinster Weise angemessen. Daher hier meine Antwort auf Ihr Schreiben an Herrn Bernd Schneider.

Sehr geehrte Frau Griese,

ich bin kein Teil deutscher Nachkriegsgeschichte. Sorry noch lebe ich und kann berichten über die mehrfachen Skandale die wir über uns ergehen lassen mussten. Wir sind noch keine Geschichte. Stellen Sie sich ihrer Verantwortung den geschädigten Menschen und ihren legitimen Ansprüchen. Wir wurden durch die tätige Mithilfe des Staates jeglicher Schadensersatzansprüche gegen den Verursacher beraubt. Der Staat hat die volle finanzielle Verantwortung übernommen und ist in der Pflicht. Ich wurde mit Eintreten der Volljährigkeit nicht gefragt ob ich mit der vom Staat legalisierten Enteignungslösung zugunsten des Schädigers einverstanden war. Die sog. "Rentenverdopplung" die Sie erwähnten ist eine längst überfällige Anpassung des mickrigen Opfergeldes an das Kaufkraftniveau von 1998 zu Lasten des Steuerzahlers und zu Gunsten des Verursachers. "Deutliche Signale" sehen drastisch anders aus. Leider reichen "im Blick behalten" und "Beratungen über eine ausreichende medizinische Versorgung" nicht aus.

Wenn sie wirklich "die Situation der Contergangeschädigten im Auge" hätten, so wäre es für Sie ein Leichtes mehrheitlich die Opfergeldzahlungen dem internationalen Standard (Großbritannien bis max. 3500 Euro und Italien bis max 3800 Euro monatlich anzugleichen.
Oder ist unser Leid weniger Schlimm als das der Briten oder Italiener ? Oder liegt es einfach daran das wir zu viele sind ?

Sollte dies die mehrheitliche Haltung der Bundesregierung sein das die gewählten und in der Pflicht stehenden Volksvertreter genug für die Contergangeschädigten getan hätten, so bin ich aufgrund des Versagens der Politik in dieser Entschädigungsfrage genötigt, den Hungerstreik wieder aufzunehmen.

Norbert Schweyen

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schweyen,

Sie fragen, warum es keine international einheitlichen Rentenzahlungen für die Contergan-Geschädigten gibt. Der Grund dafür liegt in den Rechts- und Sozialsystemen, die sich selbst innerhalb der EU voneinander unterscheiden. Hinzu kommt, dass gar nicht ausgemacht wäre, dass ein solcher international einheitlicher Betrag sich an Italien oder Großbritannien orientieren würde, oder an dem niedrigeren Niveau in vielen anderen Ländern.

Mit der Einrichtung der Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder“ im Jahr 1971 wurde die Contergan-Katastrophe in der Bundesrepublik Deutschland abschließend rechtlich geregelt. Die Bundesregierung und Chemie Grünenthal zahlten damals je 100 Millionen DM in die Stiftung ein. Damit ist ein weiterer rechtlich durchsetzbarer Anspruch gegenüber Grünenthal ausgeschlossen.

Als heutige Politikerin bin ich über diese Entscheidungen von Anfang der siebziger Jahre sehr verwundert und wünschte mir, dass sei nicht abschließend rechtlich geregelt worden. Ich kann es allerdings nicht mehr ändern. Weil aber weiterhin Handlungsbedarf besteht, hat die Bundesregierung mehrmals Mittel in die Contergan-Stiftung eingezahlt.

1976 und 1980 wurden die Bundesmittel dieser Stiftung um insgesamt 220 Millionen DM aufgestockt. Seit 1997 sind auch diese Gelder aufgebraucht und die Conterganrenten werden zu hundert Prozent aus dem Bundeshaushalt finanziert. Im letzten Jahr sind dafür mehr als 15 Millionen Euro eingesetzt worden.

Die Firma Grünenthal hat sich inzwischen bereiterklärt, einmalig 50 Millionen Euro in die Contergan-Stiftung einzuzahlen. Dies ist eine freiwillige Zahlung, da ja der Fall mit dem Vergleich von 1971 juristisch abgeschlossen ist und somit weitere Schadensersatzzahlungen nicht einklagbar sind. Ich finde es notwendig, dass sich die Firma dieser Verantwortung stellt, unabhängig von juristischen Fragen.

Für mich ist wichtig, dass wir jetzt nochmals überprüfen, dass eine optimale medizinische und pflegerische Versorgung der Contergan-Geschädigten gewährleistet ist. Sie dürfen gegenüber anderen Menschen, die mit einer Behinderung leben müssen, keinesfalls benachteiligt sein.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Griese

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