Frage an Kerstin Griese von Jens K. bezüglich Finanzen
Liebe Frau Griese,
als Vater zweier Kinder gehe ich einmal die Woche in den Drogeriemarkt, um Kinderkram für die nächste Woche zu beschaffen (Windeln, Babymilch, Brei etc.). Dabei muss ich immer wieder feststellen, dass nicht auf alle kindbezogenen Güter der ermäßigte MWSt-Satz erhoben wird, sondern dass z.B. Windeln mit dem vollen Satz von 19 Prozent versteuert werden.
Ist es nicht unfair, dass Familien, die ohnehin schon einen relativ hohen Anteil ihres Einkommens in den Kunsum stecken müssen, bei notwendigen Dingen wie Windeln u.a. auch noch steuerlich mehr belastet werden? Sollten nicht alle Leistungen rund ums Kind den reduzierten MWSt-Satz enthalten? Neulich musste ich hören, dass es nun auch für Seilbahntickets den ermäßigten Satz gibt. Es geht also, wenn der politische Wille (bei skifahrenden Politikern?) da ist.
Weiterhin verstehe ich nicht, dass in Deutschland der Kindergarten bezahlt werden muss, das Hochschulstudium aber i.d.R. nicht. Sie werden es als kinderlose Frau wohl nicht wissen, aber der Kindergarten erfüllt eine außerordentlich wichtige Funktion der frühkindlichen Bildung, wo die Kids elementare Sozialkompetenzen erlernen, die sie zuhause (wo sie ja die kleinen Prinzen sind) nie mitbekommen können. Das Kindergeld ist für mich demnach wertlos, weil es mir sogleich für Kindergartengebühr wieder abgezogen wird.
Und zuletzt würde mich mal interessieren, was Sie davon halten, dass meine zu erwartende Rente meine "Investition Kinder" in keiner Weise berücksichtigt, da meine kinderlosen Nachbarn ja später einmal auch von meinen Kindern versorgt werden müssen, ohne selber vorgesorgt zu haben? Das ist für mich die große Ungerechtigkeit des deutschen Sozialsystems. Ein deutlicher Rentenabschlag an Kinderlose, die ihre Rente ja quasi geschenkt kriegen, wäre doch gerecht, oder?
Vielen Dank für Ihre Antworten.
Ihr
Jens Kayser.
Sehr geehrter Herr Kayser,
viele Ihrer Forderungen und Anmerkungen kann ich voll und ganz unterstützen. Die rot-grüne Bundesregierung hatte noch zu Zeiten von Finanzminister Hans Eichel ein Gesetz zur Neuordnung des Ausnahmekatalogs bei der Mehrwertsteuer vorgelegt. Dieses Gesetz war jedoch am Widerstand der Union im Bundesrat gescheitert, weil sie gegenüber der Schnittblumen- und Tierfutterlobby eingeknickt ist.
Vorschläge, die Mehrwertsteuer auf Windeln zu reduzieren, stoßen in der Großen Koalition auf die kategorische Ablehnung der CDU-Finanzexperten. Hingegen hat es die bayerische Tourismuslobby gemeinsam mit der CSU tatsächlich geschafft, dass seit Jahresbeginn Seilbahnen und Skilifte nur noch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz bezahlen. Ich finde das nicht richtig und wünsche mir, dass die Lobby für Familien und Kinder noch stärker wird.
Das Hochschulstudium ist leider in den meisten unionsregierten Bundesländern nicht mehr gebührenfrei. Das bedeutet eine große Belastung für viele Familien. Für die SPD ist klar, dass unsere Bildungseinrichtungen gebührenfrei sein müssen.
Da für mich der vorschulische Bereich der Kinderkrippen und Kindergärten genauso zum Bildungsbereich zählt wie die Schulen, muss meines Erachtens auch hier die Gebührenfreiheit das Ziel sein. Im SPD-regierten Rheinland-Pfalz wird sie jetzt schrittweise eingeführt. Im größten Bundesland, in NRW, haben einzelne Kommunen ebenfalls diesen Beschluss gefasst. Leider verbietet die völlig verfehlte Gesetzgebung der CDU/FDP-Landesregierung, dass die ärmeren nordrhein-westfälischen Kommunen ebenfalls die Gebührenfreiheit einführen, so dass dies vorerst ein Privileg der reicheren Städte und Gemeinden bleibt. Die SPD setzt sich in der Ländern und den Kommunen nicht nur dafür ein, ein bedarfsdeckendes und qualitativ gutes Angebot an Kita-Plätzen zu schaffen, sondern mittelfristig auch die Gebühren abzuschaffen.
Ihre These, dass Kinder bei der Rente „in keiner Weise“ berücksichtigt werden und Kinderlose die Rente „quasi geschenkt“ bekämen, ist falsch. Rente bekommt nur, wer in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt oder mittels einer kapitalgedeckte Rentenversicherung vorgesorgt hat. Bei der Rentenberechnung werden Kindererziehungszeiten berücksichtigt. Bei der Riester-Rente werden hohe Zulagen für Kinder gewährt – für ab 2008 geborene Kinder ist die Kinderzulage sogar fast doppelt so hoch wie die Grundzulage für einen Erwachsenen. Zusätzliche Rentenabschläge für Kinderlose oder für die Eltern von Beamten, Selbstständigen oder Arbeitslosen, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, halte ich für nicht richtig.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese