Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Simon U. •

Frage an Kerstin Griese von Simon U. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Griese,

ich kann Ihr im Radio (WDR5) geäußertes Lob zum Elterngeld nicht nachvollziehen. Ist es nicht so, daß das Elterngeld, das eben keine Versicherungsleistung, sondern steuerfinanziert ist, überaus ungerecht ist? Arbeitslose bekommen nur noch 300,- € für ein Jahr. Früher waren es 24 Monate. Das war ein Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut!
Möchten Sie, daß jedes Kind schon am ersten Geburtstag in den Kindergarten muß? Ist es nicht besser, wenn sich die Mutter wenigstens drei Jahre um ihr Kind kümmert?

Freundliche Grüße
S. Urbaniak

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Urbaniak,

das Elterngeldgesetz ist sozial und gerecht. Wer erwerbstätig war, muss auf nur noch ein Drittel seines Einkommens verzichten. Das ist immer noch einen Menge, entspricht aber ungefähr dem Arbeitslosengeld I. Wer nicht erwerbstätig ist, und ein Kind bekommt, erhält zusätzlich 300 Euro pro Monat – als klassische Sozialleistung. So schafft das Elterngeldgesetz einen Spagat: Für die einen ist es eine Sozialleistung. Und für die anderen, die zuvor erwerbstätig waren und in die Steuerkasse eingezahlt haben, ist es eine Lohnersatzleistung.

Das Elterngeld hat zudem eine zusätzliche soziale Komponente. Geringverdiener mit weniger als 1000 Euro Monatseinkommen bekommen stufenweise eine bis zu 100-prozentige Lohnersatzleistung. Wer mehr als 2700 Euro verdient, bekommt hingegen weniger als 67 Prozent.

In der Realität werden mit dem Elterngeld in erster Linie Geringverdiener und der Mittelstand gefördert. 85 Prozent aller Elterngeldempfänger bekommen maximal 1000 Euro – das heißt, sie hatten zuvor ein Nettoeinkommen von höchstens 1500 Euro im Monat.

Das 1986 eingeführte Erziehungsgeld, das für Geringverdiener 24 Monate gezahlt wurde, hat bei der Zurückdrängung der Kinderarmut keinen positiven Effekt gehabt – im Gegenteil. Die Zahl der Kinder, die mit verschiedenen Armutsrisiken konfrontiert sind, ist in den Jahren erheblich angestiegen. Denn die 24 Monate waren eine Falle, aus der viele junge Frauen nicht mehr herauskamen, keine beruflichen Anschluss fanden, und im Alg II verblieben. Letztlich bewirkt ein zweijähriges Eltern- oder Erziehungsgeld das Gleiche wie das von der CSU und Teilen der CDU geforderte Betreuungsgeld: Es werden gerade die bildungsfernen Familien vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Sie werden deshalb ihr Kind nicht in einer Kinderkippe anmelden. Dabei wäre es für viele Kinder sehr gut, früh gefördert zu werden.

Es geht darum, Eltern in Erwerbsarbeit zu ermöglichen. Denn das mit Abstand größte Armutsrisiko bei Kindern ist die Arbeitslosigkeit der Eltern.

Ich will, dass junge Mütter – und auch Väter – die freie Wahl haben: Kind und Beruf miteinander zu vereinbaren oder zur Kindererziehung zu Hause zu bleiben. Insbesondere in den West-Bundesländern gibt es diese Wahlfreiheit bislang noch nicht. Deswegen ist in Kombination mit dem Elterngeld der Ausbau der Krippenplätze so dringlich. Denn die heutige – oft sehr gut ausgebildete – Frauengeneration weiß, dass nach mehr als einem Jahr beruflicher Pause die Rückkehrmöglichkeiten mit jedem zusätzlichen Monat dramatisch sinken.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Griese

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