Frage an Kerstin Griese von Marlene O. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Griese,
meine Frage relativ kurz und knapp:
Warum sehen Sie eine Diätenerhöhung von 700 Euro/Monat für sich und Ihre Bundestagskollegen der SPD sowie CDU gerechtfertigt? Das frage ich als Ihr Arbeitgeber = mündiger Wähler und Steuernzahler
Als Vorsitzende des Ausschusses Familie, Jugend, Senioren wissen Sie, dass über 2 Millionen Kinder in Deutschland dank Hartz IV von Armut betroffen sind. Diese Kinder haben oft noch nicht einmal genug zu essen. Auch wenn die Eltern gegebenenfalls vollzeit berufstätig sind. Die Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle sind ab dem 01.07.07 gekürzt worden.
Für Bundestagsabgeordneten muss das Leistungsprinzip gelten. Genauso wie die meisten Arbeitnehmer/innen eine Leistung in der freien Wirtschaft erbringen müssen und daraus ihren Lohn/Gehalt je nach Geschäftslage und Leistung erhalten. Zur Zeit muss der Gürtel enger geschnallt werden - auch das sollte für Sie zutreffen. Denn Ihre Diäten werden aus öffentlichen Mitteln = Steuern bezahlt - genauso wie der Hartz IV Regelsatz oder der Unterhaltsvorschuss. Diese Steuern werden von allen Bürgern dieses Landes gezahlt - auch von Kindern und Hartz IV Empfängern z. B. im Rahmen der MwSt.
Rentner und Hartz IV Empfänger erhielten eine Erhöhung von 0,54 % nicht von 9,8 Prozent. Ein großer Teil der normalverdienenden (zwischen 1000,00 und 2000 Euro netto/Monat) Arbeitnehmer hatte keine inflationsausgleichenden Gehaltserhöhungen seit Jahren. Im Gegenteil eher Lohnverzicht bzw. Entlassung des Arbeitnehmers.
Zur Zeit sieht ein großer Teil der Bevölkerung zu geringe Leistung/keine Leistung - weder in der SPD noch der CDU. Daher ist es für viele nicht nachvollziehbar, dass trotzdem eine Diätenerhöhung erfolgen soll. (Frei nach Ausspruch Ihres Kollegen Müntefering - Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen.)
Ich erwarte Ihre baldige Stellungnahme.
Im Übrigen warte auch ich auf eine qualifizierte Antwort auf den Beitrag von Oliver Spodzieja vom Oktober 2007.
MfG
Marlene Osthege
Sehr geehrte Frau Osthege,
Sie sprechen in Ihrer Frage mehrere Themenkomplexe an.
Die Kinderarmut ist aus meiner Sicht eines der bedrückendsten Probleme in unserem Land. Die SPD will diesem mit einem Maßnahmenkatalog entgegenwirken. Die wichtigste und einzige wirklich nachhaltige Maßnahme ist dabei: die Eltern müssen in Arbeit gebracht werden. Der momentane Aufschwung am Arbeitsmarkt, als Folge der rot-grünen Reformpolitik, hilft dabei. Gleichzeitig brauchen wir aber einen Mindestlohn, der bei der Union auf massiven Widerstand stößt, damit Vollzeit arbeitende Eltern nicht auf ergänzendes Alg II angewiesen sind. Die hohe Erwerbslosigkeit bei Alleinerziehenden muss durch einen massiven Ausbau der Betreuungseinrichtungen bekämpft werden. Die gesetzlichen Weichen dazu haben wird gestellt – langfristig wird es sogar ein einklagbares Recht auf einen Krippenplatz geben.
Die SPD wird sich dafür einsetzen, mit Sachleistungen die Armutsrisiken von Kindern zu verringern. Dazu gehören gebührenfreie Mittagessen in Kitas und Grundschulen, kostenfreie Lernmittel und mehr. Sachleistungen sind wichtig, um sicherzustellen, dass das Geld tatsächlich bei den Kindern ankommt.
Sie weisen darauf hin, dass viele Bevölkerungsgruppen in den letzten Jahren unter stagnierenden oder gar zurückgehenden Einkünften zu leiden hatten. Das ist auch den Bundestagsabgeordneten bekannt. Dies ist der entscheidenden Grund, warum es in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2007 (!) KEINE Diätenerhöhung gab und gibt. Inzwischen gibt es jedoch wieder sehr erfreuliche Einkommensanhebungen in nahezu allen Branchen, was sich spätestens im nächsten Jahr allgemein durchsetzen wird. Deswegen soll es 2008 und 2009 eine maßvolle Anhebung der Diäten um je 4,7 Prozent geben.
Sie kritisieren in einem ziemlich anmaßenden Stil meine Arbeitsleistung. Die Wählerinnen und Wähler meines Wahlkreise, die mich zweimal direkt in den Bundestag gewählt haben, sehen dies anders. Meine Bundestagstätigkeit ist mein alleiniger Vollzeitberuf, für den ich die im Gesetz eigentlich vorgesehene Bezahlung in Höhe eines Richter- oder Bürgermeistergehalts als angemessen empfinde. Abgesehen davon, dass meine wöchentliche Arbeitsleistung weit über 40 Stunden beträgt (sie liegt eher bei 70 Stunden), bin ich mir sicher, dass ich in meinem Arbeitsbereich eine überaus positive Leistungsbilanz vorlegen kann. Allein in der Familienpolitik kann ich mit dem Kinderzuschlag, dem Elterngeld, der steuerlichen Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten und dem künftigen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz auf Gesetze verweisen, die den Menschen direkt zugute kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese